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Menschenrechte statt Munition und Panzer

Aufruf zu einer Demonstration in Wiesbaden am 4. November 2000

Treffpunkt für die Demonstration:
Bahnhof Geisenheim,
Samstag, 4. November 2000, um 11:30 Uhr


Auf Initiative des Flüchtlingsrats Wiesbaden rufen verschiedene Friedens- und Menschenrechtsgruppen aus der Region für Samstag, den 4. November, zu einer Demonstration und Kundgebung gegen die geplante Lieferung einer Gewehrmunitionsfabrik in die Türkei auf. Der Bundesausschuss Friedensratschlag schließt sich dem Aufruf an. Der Aufruf hat folgenden Wortlaut:

MENSCHENRECHTE STATT MUNITION UND PANZER!

Die Ferrostahl-Tochter Fritz Werner Industrie-Ausrüstungen GmbH aus Geisenheim hat im Sommer 2000 einen Vertrag im Wert von 90 Millionen DM über die Lieferung einer Fabrik für Gewehrmunition in die Türkei abgeschlossen. Die Firma beruft sich dabei auf einen positiven Bescheid der alten Bundesregierung. Sie knüpft damit an ihre dunkle Praxis der 80er Jahre an, als sie Militärdiktaturen und Folterregime belieferte und beide Kriegsparteien im ersten Golfkrieg ausrüstete.

Die Fabrik wird kleinkalibrige Munition für die bereits genutzten deutschen G-3 Gewehre herstellen. Die meisten der 38.000 Toten im türkisch-kurdischen Krieg fielen Schüssen aus solchen Waffen zum Opfer. Wenn sich dagegen nicht ein breiter öffentlicher Protest erhebt, werden bald Menschen in der Türkei mit Munition aus Geisenheim erschossen. Wir rufen dazu auf, diesen Protest am 4.11.2000 deutlich zu machen, denn:
  • Das Geschäft widerspricht eindeutig den Rüstungsexportrichtlinien der rot-grünen Koalition, nach denen die Bundesregierung Exporte ablehnt, „bei denen hinreichender Verdacht besteht, dass sie... zu fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden."
  • Die Bundesregierung hat rechtlich die Möglichkeit, die Vorentscheidung der Regierung Kohl zu revidieren und im Konflikt mit der türkischen Regierung einen Beitrag zur Respektierung der Menschenrechte in der Türkei zu leisten.
  • Die Firma Fritz Werner Industrie-Ausrüstungen GmbH mit 350 Arbeitsplätzen hat sich zum weitaus größten Teil auf die Produktion ziviler Güter umgestellt, möchte allerdings weiter die Option für Rüstungsexporte in die NATO-Länder offenhalten. Sie ist nicht mehr von Rüstungsproduktion abhängig und könnte sich durchaus auf 100%ige zivile Produktion verlagern.

KEINE ABSCHIEBUNGEN IN DEN FOLTERSTAAT TÜRKEI!

Die rot-grüne Bundesregierung sieht keine Veranlassung, für die Folgen der Rüstungsexporte Verantwortung zu tragen, d.h. den vor Krieg und Folter Flüchtenden uneingeschränkt Schutz zu gewähren.

Das Auswärtige Amt erkennt trotz einiger Korrekturen in seinem aktuellem Lagebericht für die Türkei keine Gruppenverfolgung für KurdInnen an. Zahlreiche Berichte, z.B. die der Menschenrechtskommission des türkischen Parlaments, des IHD, des US-Außenministeriums, der IPPNW und die von Amnesty International belegen, dass gravierende Menschenrechtsverletzungen, Folter und sexuelle Gewalt in der Türkei systematisch verübt werden. Der Niedersächsische Flüchtlingsrat und PRO ASYL stellen in ihrer Dokumentation „Von Deutschland in den türkischen Folterkeller" fest, dass mehrfach abgeschobene KurdInnen in der Türkei erneuten Verhaftungen und Folterungen ausgesetzt waren.

Der in der oben genannten Dokumentation aufgeführte Fall von Yusuf Demir, einem Sprecher des Wanderkirchenasyls Nordrhein-Westfalen, zeigt, wie gefährdet kurdische Flüchtlinge sind, die durch exilpolitische Tätigkeiten besonders bekannt werden. Yusuf Demir wurde nach seiner Abschiebung von türkischen Sicherheitsbehörden schwer misshandelt, weil das Wanderkirchenasyl von türkischen Behörden als „PKK-Aktion" betrachtet wird.

BLEIBERECHT FÜR FAMILIE AKYÜZ!

Die Menschenrechtslage in der Türkei wird immer noch von deutschen Gerichten und Behörden missachtet. Darunter leidet aktuell z.B. die Wiesbadener Familie Akyüz, die akut von Abschiebung bedroht ist, weil weder die Gerichte noch die Behörden bereit sind die vorgelegten Beweismittel inhaltlich zu prüfen.

Die Demonstration und Kundgebung wird unterstützt von:
  • AKU Wiesbaden;
  • Anarchistisches Forum Mainz;
  • Pax Christi Bistumsstelle Limburg;
  • Rheingauer Friedensinitiative;
  • Kampagne „Produzieren für das Leben - Rüstungsexporte stoppen";
  • Aktionsbündnis Rhein-Main gegen Abschiebungen;
  • Flüchtlingsrat Wiesbaden;
  • DIWA;
  • ATIF Wiesbaden;
  • Aktionsgruppe Eine Welt Geisenheim;
  • AGIS Darmstadt;
  • AG3F Hanau;
  • medico international;
  • Friedensinitiative Frankfurt-Rödelheim;
  • Beratungscafe FürOffeneGrenzen;
  • IGA Frankfurt;
  • IPPNW Gruppe Frankfurt;
  • Juso-AG Wiesbaden-Altstadt;
  • Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Landesverband Hessen; Medieninitiative Mainz/Wiesbaden Radio Quer e.V.;
  • AK Asyl Friedrichsdorf;
  • Aktionskomitee Internationalismus Mainz;
  • Antifa Hanau;
  • Autonomes Kulturzentrum Hanau

Treffpunkt für die Demonstration:
Bahnhof Geisenheim,
Samstag, 4. November 2000, um 11:30 Uhr


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