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UNO-Konferenz für nukleare Abrüstung

Atommächte sollen konkrete Maßnahmen ergreifen - aber wann?

Am 20. Mai 2000 ging die UN-Überprüfungskonfrenz zum Atomwaffensperrvertrag in New York mit einer Resolution zu Ende, die Hoffnung macht. Die fünf offiziellen Atommächte verpflichten sich darin zur vollständigen atomaren Abrüstung. So weit so gut. Drei Probleme bleiben aber:
  1. Ein Zeitplan für die "vollständige" atomare Abrüstung wurde nicht diskutiert. Die jetzige Erklärung ist zwar mehr als nur eine unverbindliche Absichtserklärung, zwingt die Atommächte aber noch kein konkretes Abrüstungsregime auf.
  2. Ausgeklammert blieb der Streitpunkt ABM-Vertrag und Raketenabwehr. Sollten die USA an ihrer Absicht festhalten, ein nationales Raketenabwehrsystem zu installieren - angeblich zum Schutz vor strategischen Raketen irgendwelcher "Schurkenstaaten" -, so dürften die atomaren Abrüstungsmaßnahmen in den kommenden Jahren kaum über das hinaus gehen, was ohnehin schon im START-2-Vertrag zwischen USA und Russland vereinbart ist.
  3. Das ausdrückliche Bekenntnis zur zivilen Nutzung der Kernenergie entwertet in gewisser Weise die atomaren Abrüstungsabsichten. Zumindest hätten Einschränkungen formuliert werden sollen, die den Zugang zu waffenfähigem spaltbaren Material erschweren. Vor allem muss ein Verbot der Forschung auf dem Gebiet der Atomwaffentechnologie ausgesprochen werden.
Insofern können wir uns nicht den zum Teil euphorischen Berichten und Kommentaren anschließen, die im Anschluss an die Konferenz in den Medien die Runde machten. Auch wenn in den nächsten Jahren einige Tausend atomare Sprengköpfe von derzeit rund 35.000 abgerüstet werden sollten: Von einer atomwaffenfreien Zukunft ist die Welt nach wie vor sehr weit entfernt.

Im Folgenden die wichtigsten Informationen zum Verlauf und Abschluss der New Yorker Konferenz, wie sie in Agentur- und Presseberichten am 21. und 22. Mai 2000 zu lesen waren:


"Endlich gibt es einen Ruck der Vernunft im exklusiven Atommachthaber-Klub!", heißt es in einem ersten Kommentar der Hessischen Allgemeinen (22.05.00). Was war passiert?

187 Staaten haben eine Vereinbarung über die vollständige Abrüstung des nuklearen Waffenarsenals verabschiedet. Die fünf Atommächte, USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China, verpflichten sich darin zu einem Abbau ihrer gesamten Atomwaffen. Die Atommächte bekunden in der verabschiedeten Erklärung, "unmissverständlich" die Absicht, "ihre nuklearen Arsenale vollständig zu eliminieren und damit die nukleare Abrüstung herbeizuführen". In den nächsten fünf Jahren (alle fünf Jahre finden Überprüfungskonferenzen statt) sollen konkrete Maßnahmen in Richtung Abrüstung ergriffen werden.

Der Durchbruch wurde in der Nacht zum Sonntag (21.05.) auf der UN-Konferenz der 187 Unterzeichnerstaaten des Atomwaffensperrvertrags über die Umsetzung des 1970 geschlossenen Vertrags in New York erzielt.

Zum eigentlichen Ende der Tagung (Samstag, 20.05.) war noch keine Einigung erzielt worden. Daraufhin hatte der Präsident der Konferenz, der algerische UN-Botschafter Abdallah Baali, die Uhr angehalten, um doch noch eine Einigung im Streit zwischen Washington und Bagdad über die angebliche Entwicklung von Atomwaffen in Irak herbeizuführen. Großen Druck hatte außerdem ein Staatengruppe aus Ägypten, Brasilien, Irland, Mexiko, Neuseeland, Schweden und Südafrika (die schon früher Initiativen zur atomaren Abrüstung ergriffen hatte) ausgeübt.

Annan: "Ein wichtiger Schritt für die Menschheit"

Baali sagte zu der Einigung der 187 Unterzeichnerstaaten: "Heute ist ein großer Tag für die Sache der Nichtweiterverbreitung und Abrüstung von Atomwaffen." UN-Generalsekretär Kofi Annan sprach von einem "wichtigen Schritt für die Menschheit, eine friedlichere Welt ohne atomare Bedrohung zu erreichen." Es war das erste Mal in 15 Jahren, dass eine Überprüfungskonferenz des Atomsperrvertrages einen gemeinsamen Plan zur Reduzierung und Eliminierung der atomaren Gefahr abgeschlossen habe, hob Annan hervor.

Dieser Plan schließt das Bekenntnis zur größeren Transparenz aller nuklearen Programme, die Entfernung spaltbaren Materials aus allen Sprengköpfen und die Einrichtung einer Instanz für die nukleare Abrüstung bei der Genfer Abrüstungskonferenz ein.

Nukleartests in Indien und Pakistan verurteilt

In dem Abschlussprotokoll der Überprüfungskonferenz wurden auch die unterirdischen Nukleartests von Pakistan und Indien verurteilt und atomwaffenfreie Zonen in Südasien wie im Nahen Osten gefordert. In New York machten Satellitenaufnahmen die Runde, die zeigen sollen, dass Indien und Pakistan mittlerweile über Trägerraketen für Atomsprenköpfe verfügen und diese auch selbst herstellen.

Die 187 Staaten verlangen von Indien und Pakistan sowie Kuba und Israel, den Sperrvertrag zu unterzeichnen. Sie wollen einerseits die Kontrollen für den Verkauf doppelt nutzbarer nuklearer Materialien verschärfen, bestätigen andererseits aber das Recht der Mitgliedsstaaten auf friedliche Nutzung nuklearer Technologien.

Zu weiteren Beiträge über Atomwaffen und atomare Abrüstung:

Atomwaffen

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