Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Juli 2006

Friedensbewegung in den Medien

"Omas für den Frieden gehen auf Anti-Bush-Tour", steht über einem Artikel in der Frankfurter Rundschau, der sich mit den 18 New Yorker Großmüttern befasst, die vor einiger Zeit mit ihren Aktionen gegen den Kriegskurs von George W. Bush weltberühmt wurden. Im Juli waren einige von ihnen in Stralsund mit dabei. Im Artikel von Steven Geyer heißt es u.a.:

(...) Ihren Siegeszug hatten die Ladys im Oktober mit einem filmreifen Auftritt angetreten: 18 Anti-Kriegs-Omis zogen da den Times Square hinab zum Rekrutierungsbüro, das die US-Armee nach dem 11. September 2001 zwischen die Leuchtreklamen gestellt hatte. Die Mission: Sich freiwillig an die Front melden. "Schickt uns nach Bagdad! Wir haben unser Leben gelebt", krächzte die 91-jährige Marie Runyon in die vereinzelten TV-Kameras. "Lasst diese 20-jährigen Jungs Familien gründen, statt sie zu opfern." Die Army verrammelte die Tür und rief die Polizei, als sich die Damen davorsetzten. (...)
Es folgte ein "Marsch nach Washington", den die Damen freilich per Bus antraten, bei dem sie aber Promi-Kriegsgegner wie Schauspieler Sean Penn, Regisseur Michael Moore und den Vater des im Irak ermordeten Nick Berg trafen. Ein Filmteam reiste mit.
Auf ihrer Deutschland-Tour hätten sie fast Präsident Bush getroffen. "Leider strich das Auswärtige Amt unsere Einladung vom Stralsunder Pfarrer", behauptet Ann Shirazi, mit 61 eine der Jüngeren. Entmutigen konnte sie das nicht: Am Freitag übergab sie einen "Protestbrief gegen Israels Angriffskrieg" an das US-Büro bei den Vereinten Nationen. (...)

Aus: Frankfurter Rundschau, 26. Juli 2006

***

Das "Neue Deutschland" legte am 15. Juli noch nach - mit ein paar sehr subjektiven Eindrücken von zwei Redakteuren, die sich vor Ort umgesehen hatten. In dem Artikel, der mehr Fragen aufwarf als Erklärungen gab, hieß es z.B.:

Bush ist weg. Und "Morgen kommt der Weihnachtsmann ...", sang Klaus der Geiger in Stralsund – und meinte damit keinen anderen als George W. Bush. Das Lied gilt immer. Denn Bushs Besuch in Deutschland wird nicht der letzte sein – so wie die gemeinsamen Dinge nun mal liegen. Und was macht die Friedensbewegung?
Zieht man die Erfahrungen von Stralsund zu Rate, dann musste sich die Friedensbewegung mit ein paar moralisch Delegierten zufrieden geben. Kein Zweifel, die Demonstration gegen den Bush-Besuch in Stralsund am Donnerstag war frisch, bunt, tolerant und friedlich. Wer sich Bilder von Auseinandersetzungen mit der Polizei erhofft hatte, wurde enttäuscht. Doch die Anzahl derer, die ein anderes als das in den meisten Medien vorgespiegelte Deutschland repräsentierten, war gering. Warum? Ferien, Sonne, Sonnenschein? (...)

Aus: Neues Deutschland, 15. Juli 2006

Die Aktionen der Friedensbewegung anlässlich des Bush-Besuchs fanden relativ geringen Widerhall in den Medien. Über die Demonstration in Stralsund wurde meist nur im Zusammenhang der (Hof-)Berichterstattung über das Besuchsprogramm informiert, und das äußerst knapp. Dabei fiel auf, dass die Teilnehmerzahlen zwischen "einigen Hundert" und 3.500 schwankten. Von der Abschlusskundgebung wurde gar nicht berichtet. Erwähnung fanden meist nur die Auftritte des Stellvertretenden Ministerpräsidenten Methling (Linkspartei.PDS) und des Grünen-Abgeordneten Christian Ströbele auf der Auftaktkundgebung.
Fast alle Zeitungen berichteten über die spektakuläre Aktion von Greenpeace. Hier ein Beispiel:


Trotz der Sicherheitsvorkehrungen während des Besuches gelangten zwei Greenpeace-Aktivisten auf den Turm der Nikolaikirche. Sie entrollten ein Plakat mit dem Text "No Nukes, No War, No Bush" ("Keine Atomwaffen, kein Krieg, kein Bush"). Sie wurden sofort von Polizisten in Gewahrsam genommen. Nach eigenen Angaben protestierten die Umweltschützer an sechs weiteren Orten. 21 Aktivisten seien vorübergehend festgesetzt worden.
Insgesamt protestierten weniger Menschen als erwartet gegen Bush. Die Polizei schätzte ihre Zahl auf 1000. Die Veranstalter hatten mit bis zu 5000 Demonstranten aus ganz Deutschland gerechnet. Bis zum Abend verliefen die Proteste friedlich. Der stellvertretende Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Wolfgang Methling (PDS), bezeichnete seinen Auftritt bei der Kundgebung als demokratisches Recht.

Aus: Frankfurter Rundschau, 14. Juli 2006

Im "Neuen Deutschland" hieß es u.a.:

(...) Es war früher Nachmittag und Bush aus der Stadt, da sammelten sich immer mehr Menschen zum zugelassenen Protest in der Stralsunder Vorstadt. Die Friedensgesellschaft und andere Gruppen, allen voran die Linkspartei, hatten aufgerufen. Bereits an den Vortagen hatte es zahlreiche Infostände und Mahnwachen gegeben, die – so bestätigen auch Unbeteiligte – bei den Stralsundern durchaus auf Sympathie gestoßen sind. Begehrte Gesprächspartner waren die aus den USA angereisten Frauen der "Granny-Brigade for Peace", die das Ihre Tun, um ihre Enkeln nicht in fremden Ländern morden zu lassen. Die Polizei begleitete den bunt-friedlichen Protest von 3000 vor allem jungen Leuten mit einem martialischen Aufgebot, stellte Container, Panzerwagen und Wasserwerfer quer und fuhr Gefangenenfahrzeuge vor. Zu den Demonstranten sprachen unter anderem Wolfgang Methling und Wolfgang Gehrcke von der Linkspartei und Bischof Thomas J. Gumbleton aus den USA.

Neues Deutschland, 14. Juli 2006

Etwas mehr gab es in der "jungen Welt" zu lesen:

(...) Dann waren da noch die Demonstranten, die die Propaganda von "freedom and democracy" und den "american way of life" in Frage stellten: Etwa 4 000 protestierten nach Veranstalterangaben friedlich gegen den Besuch Bushs, dem sie vorwarfen, nicht nur Staatsterrorist, sondern auch die größte Gefahr für den Frieden in aller Welt zu sein.
Dieser Meinung sind aber nicht nur Friedensaktivisten – auch ein Teil der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern ist dieser Ansicht. Zum Ärger von Merkels CDU nahmen an der Demonstration zahlreiche prominente Politikerinnen und Politiker der Linkspartei.PDS teil– der stellvertretende Ministerpräsident Wolfgang Methling etwa, seine Ministerkollegin Marianne Linke, die Bundestagsabgeordneten Wolfgang Gehrcke, Ulla Jelpke, Inge Höger-Neuling sowie der Europaabgeordnete Tobias Pflüger. Gehrcke und Methling sprachen auch auf der Abschlußkundgebung. Gesichtet wurde ebenso der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele.
Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace war es gleich an mehreren Stellen gelungen, gegen Bush zu demonstrieren. Trotz massiver Sicherheitsvorkehrungen gelangten am Donnerstag vormittag zwei Demonstranten auf den Turm der Nikolaikirche, die Bush am Nachmittag besuchte. Sie entfalteten dort für kurze Zeit ein Plakat mit der Aufschrift: "No Nukes – No War – No Bush". Nach Greenpeace-Angaben wurden 21 Personen kurzfristig festgenommen. Nach Stralsund gekommen waren auch vier Vertreterinnen der "Großmütter für den Frieden" aus New York. Sie kritisierten die Politik ihres Landes und bezeichneten Bush als Kriegsverbrecher.
Selbst die anpassungsfreudige SPD, die gemeinsam mit der Linkspartei.PDS die Landesregierung stellt, war zum Merkel-Gast vorsichtig auf Distanz gegangen. Ministerpräsident Harald Ringstorff wollte zwar nicht so weit gehen wie der Stralsunder SPD-Ortsverband, der den Bush-Besuch abgelehnt hatte – mehr als protokollarische Artigkeiten hatte er für den Staatsgast aber nicht übrig. In Interviews hatte er sich zuvor kritisch über die Kriegspolitik der USA geäußert und Verständnis für deren Kritiker gezeigt. In letzter Minute war dem Bundeskanzleramt eingefallen, auch den Ministerpräsidenten für den Abend zu einer Party mit gegrilltem Borstentier einzuladen: Ringstorff wollte mit dem Schwein aber nichts zu tun haben; er sagte mit der Begründung ab, er habe schon andere Termine. Aus: junge Welt, 14. Juli 2006

Am 10. Juli brachte die taz einen ausführlicheren Bericht über den Besuch des US-Präsidenten in Stralsund und die Proteste der Friedensbewegung. Als Titel bot sich nach dem Ende der WFußball-Weltmeisterschaft geradezu an: "Der Präsident zu Gast bei Feinden". (Autor) Felix Lee) Wir zitieren daraus:

(...) Der Kontrast könnte nicht größer sein. Gestern huldigten die Deutschen noch stolz den WM-Slogan "Die Welt zu Gast bei Freunden". Mit dieser Gastfreundlichkeit könnte es ab Mittwoch bereits zu Ende sein. Denn zumindest ein Weltbürger wird von vielen Bundesbürgern ganz und gar nicht willkommen geheißen: George W. Bush.
Zum zweitägigen Besuch des US-Präsidenten ab Mittwochabend in Stralsund und Heiligendamm wollen Globalisierungskritiker, Gewerkschaften und Mitglieder der Friedensbewegung aus ganz Deutschland protestieren. Mehr als 30 Organisationen und Initiativen haben sich im Aktionsbündnis "Not welcome, Mr. President" zusammengeschlossen. Das Motto des Protestes: "Kriege beenden - Kriegsplanungen stoppen!"
Bushs Krieg gegen den Terror sei schon lange zu einem Vorwand geworden, unliebsame Regime auszuwechseln und so Einfluss und wirtschaftliche Vorteile zu gewinnen, sagte Peter Strutynski vom Friedensratschlag. Für Öl dürfe künftig kein Blut mehr fließen. Beteiligt ist neben Attac und der katholischen Friedensbewegung Pax Christi auch die Interventionistische Linke (IL), eine neu gegründete Initiative, die bereits tatkräftig den Protest gegen den G-8-Gipfel 2007 vorbereitet, der nächstes Jahr ebenfalls in der Region stattfinden soll. Doch nicht nur außerparlamentarische Organisationen rufen zum Protest auf. Neben der Linkspartei.PDS, die an der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern beteiligt ist, hat auch die Stralsunder SPD Bush zur "unerwünschten Person" erklärt. In einer Presseerklärung bezichtigte der Kreisverband den Präsidenten der "zügellosen Machtpolitik ohne Rücksicht auf das Völkerrecht". Bush sei nicht willkommen. Damit stellen sich die Sozialdemokraten in der Hansestadt gegen SPD-Ministerpräsident Harald Ringstorff, der den Bush-Besuch begrüßt und eigentlich die Minister seines Koalitionspartners PDS rügen wollte. Nun muss er sich zunächst mit der eigenen Parteibasis auseinander setzen. (...)
Am meisten betroffen sind die Bürger der Stralsunder Innenstadt. Sie können am Donnerstag nur an zwei Kontrollstellen in die zur Sicherheitszone deklarierten Altstadt gelangen. Alle Fahrräder und Autos müssen bis dahin umgeparkt werden, Bewohner dürfen ihre Dachterrassen und Balkone nicht betreten, Webcams sind nicht erlaubt. Das weckt Erinnerungen an die gespenstische Ruhe beim Bush-Besuch in Mainz Anfang 2005. Dort hatten die Sicherheitskräfte ebenfalls ganze Stadtviertel abgesperrt. Der Bush-Besuch rückte in ein eigentümliches Licht. Damit dieser Eindruck nicht wieder entsteht, hat die Stadtverwaltung von Stralsund rund tausend handverlesene Gäste geladen, die dem Präsidenten bei seiner Ankunft auf dem Markt applaudieren sollen. Wie Claqueure zu DDR-Zeiten, finden die Bush-Gegner.

Aus: taz, 10. Juli 2006

Kein Tag ohne Pressemeldungen über den bevorstehenden Besuch des US-Präsidenten. Am. 8. Juli fand sich ein längerer Bericht in der "Frankfurter Rundschau" über das Besuchsprogramm. Darin hieß es u.a.:

Während des Besuches von George W. Bush werden 400 Kilometer Straße gesperrt. In vier Orten wird Ausnahmezustand herrschen: in Stralsund und Trinwillershagen, die Bush auf Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besucht; im 75 Kilometer entfernten Heiligendamm, wo Bush übernachtet; und in Laage bei Rostock, wo die Präsidenten-Maschine Air Force One auf einem früheren Militärflughafen der Nationalen Volksarmee (NVA) landen wird.
Für die Bürger der vier Orte bringt der Besuch vom 12. bis 14. Juli erhebliche Einschränkungen. Am schlimmsten trifft es die Bewohner der Stralsunder Innenstadt: Sie dürfen am 13. nur über zwei Kontrollstellen in die Sicherheitszone. Mehrere tausend Autos müssen aus dem Sperrgebiet umgeparkt werden, alle Fahrräder von der Straße verschwinden, die Fenster geschlossen bleiben. Die Wohnungen dürfen zeitweise nicht verlassen werden, spontane Besuche sind untersagt, Dachterrassen dürfen nicht betreten werden. Demonstrationen sind aus der Sicherheitszone verbannt. (...)

Frankfurter Rundschau, 8. Juli 2006

Dennoch werden sie innenstadtnah demonstrieren, wie die "junge Welt" in ihrem Artikel ("Aus dem Fenster gucken verboten", von Wera Richter) betont:

(...) Hausarrest gibt es am Donnerstag rund um das Stralsunder Rathaus, wo Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihren Gast offiziell empfangen will. Die Anwohner dürfen ihre Wohnungen nur mit besonderer Erlaubnis verlassen. Aus dem offenen Fenster schauen oder das Ereignis filmen ist untersagt. Alles halb so wild, findet Polizeisprecher Axel Falkenberg. Im Gegensatz zum Bush-Besuch 2005 in Mainz "wird es keine hermetische Abriegelungen geben", versicherte er gegenüber der Nachrichtenagentur AP. Der Durchlaß für Anwohner und sonstige "berechtigte Personen" bleibe gewährleistet. Kriegsgegner dürften in seinen Augen nicht dazu zählen.
Die sehen das anders. Seit Wochen mobilisiert ein bundesweites Friedensbündnis nach Stralsund, um gegen die Kriegspolitik der USA und die Vasallentreue der Bundesregierung zu demonstrieren. Am Freitag rief auch der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei.PDS, Dietmar Bartsch, die Mitglieder seiner Partei zur Teilnahme an den Protesten auf. Die Kriegsgegner bestehen auf ihrem Recht, "in räumlicher Nähe der Örtlichkeiten des Staatsbesuchs" zu demonstrieren. In einer Pressemitteilung wies das Friedensbündnis am Freitag darauf hin, daß die Demonstrationen in jedem Fall stattfinden würden: "Das amtliche Verbot bezieht sich lediglich auf eine Sicherheitszone in der historischen Altstadt. Am Rande dieser Bannmeile werden die Demonstrationsrouten verlaufen." (...)

junge Welt, 8. Juli 2006

"You’re welcome, Mr. Demonstrant!", schreibt Tom Strohschneider im "Neuen Deutschland" vom 7. Juli und beschreibt damit die vorherrschende Stimmung der Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern, die Bush mit seiner Kurzvisite "beehrt". In dem Artikel heißtv es u.a.:

Nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern macht dieser Tage eine Parole erfolgreich die Runde. »Not Welcome, Mr. Bush!«, heißt es an allen Ecken. Seit Wochen wird die Schar der Befürworter von Protesten gegen den Besuch des Präsidenten der USA größer. Die Friedensbewegung mobilisiert, die Antifa ruft auf, Attac hat sich angeschlossen und auch Parteien ziehen mit. In der Linkspartei hält man es für eine "Pflicht", sich an den Aktionen zu beteiligen. Und auch die im Nordosten mit den Sozialisten regierende SPD ist auf Distanz gegangen. Das alle verbindende Leitmotto "Not Welcome, Mr. Bush!" hat sich sogar deren Stralsunder Kreisverband zu Eigen gemacht. (...)
Selbstverständlich gibt es auch noch andere Gründe, kein guter Gastgeber zu sein. Die Kriege der USA zum Beispiel. Peter Strutynski vom Bundesausschuss Friedensratschlag pocht deshalb darauf, dass sich die Proteste "nicht gegen die Person des Präsidenten und auch nicht gegen die USA oder das amerikanische Volk" richten würden. Vielmehr demonstriere man gegen "die Politik der US-Administration, die durch den Willen gekennzeichnet sei, die einzigartige Stellung der Vereinigten Staaten in der Welt politisch und militärisch abzusichern". Und auch die deutsche Bundesregierung soll kritisiert werden, unter anderem weil deren Bereitschaft zu weltweiten Kriegseinsätzen wächst.
Der Besuch von George W. Bush in der kommenden Woche wird auch tausende Sicherheitskräfte in den Nordosten führen. Trotz rigoroser Absperrungen in der Stralsunder Altstadt werde die für den 13. Juli geplante Demo aber stattfinden, heißt es bei den Organisatoren.
Nur die CDU in Mecklenburg-Vorpommern hält von alledem nichts. Dass sich Regierungsmitglieder der Linkspartei an den Protesten beteiligen wollen, hält Landeschef Jürgen Seidel für einen echten Skandal. Das Land mache sich "vor aller Welt zum Max". Die Landesregierung solle endlich die Chancen des Bush-Besuchs erkennen, fordert Seidel. Der Präsident bringe "mehr als jede millionenschwere Werbekampagne".

Aus: Neues Deutschland, 7. Juli 2006

Nach Presseberichten vom 3. Juli, wonach Demonstrationen in der Altstadt von Stralsund während der Präsidentenvisite verboten worden seien, brachte immerhin die "junge Welt" eine Klarstellung:

Die Proteste gegen den Besuch von US-Präsident George W. Bush am 13. Juli in Stralsund werden durch die von der Stadtverwaltung verfügte Sperrung der Altstadt in keiner Weise beeinträchtigt. "Das Verbot hat mit unseren Demorouten nicht das geringste zu tun", sagte Mitorganisator Monty Schädel am Dienstag (4. Juli) gegenüber junge Welt. Auch die Kundgebungen seien von vornherein auf Orte außerhalb der Altstadt gelegt worden. Allerdings werde noch mit der Stadtverwaltung über alternative Plätze verhandelt, da ein Teil der Organisatoren mit den bisherigen Festlegungen nicht zufrieden sei.

Aus: junge Welt, 5. Juli 2006

Am 2. Juli fand in Stralsund eine Pressekonferenz der Friedensbewegung statt. Anlass: der bevorstehende Besuch des US-Präsidenten in dieser Stadt. Die Konferenz war gut besucht und schlug sich in einer Vielzahl von Artikeln nieder, die sowohl in niorddeutschen Regionalblättern als auch in überregionalen Zeitungen erschienen. Wir bringen im Folgenden stellvertretend nur ein paar Auszüge aus Artikeln, die auch im Internet erschienen.

Westdeutsche Allgemeine (Sonntag, den 02. Juli 2006)

Zum Besuch des US-Präsidenten George W. Bush Mitte Juli in Mecklenburg-Vorpommern wollen Mitglieder der Friedensbewegung aus ganz Deutschland protestieren. (...)

Der weitere Text war nicht im Internet zu haben, er dürfte aber fast identisch sein mit der folgenden Meldung:

Lübecker Nachrichten:

Die Friedensbewegung mobilisiert bundesweit ihre Anhänger für Proteste gegen den Besuch von US-Präsident George W. Bush am 13. Juli in Stralsund. Der Aufruf "Bush und Merkel: Kriege beenden - Kriegsplanungen stoppen!" werde bisher von mehr als 250 Organisationen und Einzelpersonen unterstützt, sagte Monty Schädel von der Deutschen Friedensgesellschaft am Sonntag in Stralsund. Darunter seien Attac, die Vereinigung Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges und der Kasseler Friedensratschlag.

Ausführlicher wurde die Mitteldeutsche Zeitung (Sonntag, den 02. Juli 2006 - 19:05 Uhr):
Zum Besuch des US-Präsidenten George W. Bush Mitte Juli in Mecklenburg-Vorpommern wollen Mitglieder der Friedensbewegung aus ganz Deutschland protestieren. Bisher unterstützten mehr als 250 Organisationen und Einzelpersonen den Aufruf «Bush und Merkel: Kriege beenden - Kriegsplanungen stoppen!», sagte Monty Schädel von der Deutschen Friedensgesellschaft am Sonntag in Stralsund. Beteiligt seien Attac, die Vereinigung Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges und der Kasseler Friedensratschlag.
Bush besucht Mecklenburg-Vorpommern vom 12. bis zum 14. Juli. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte den US-Präsidenten bei ihrem Besuch im Weißen Haus Anfang Mai in ihren Wahlkreis eingeladen.
Laut Schädel wollen Demonstranten am 13. Juli auf zwei Marschrouten zu einer Abschlusskundgebung in die Stralsunder Innenstadt ziehen. Motto: «Not Welcome Mr. President». Zu den Gegendemonstrationen seien bisher insgesamt 5000 Teilnehmer angemeldet. Auf der Abschlusskundgebung sollen unter anderem der amerikanische Bischof Thomas J. Gumbleton von der katholischen Friedensbewegung Pax Christi sprechen und die Geschäftsführerin der globalisierungskritischen Organisation Attac, Sabine Leidig.
(...)

Die taz vom 3. Juli beschränkte sich wieder auf das Wesentliche:
Beim Deutschland-Besuch von Präsident George Bush will ein Aktionsbündnis von etwa 30 Organisationen gegen die US-Außenpolitik demonstrieren. "Es geht dabei nicht gegen Bush persönlich oder generell gegen die USA, sondern gegen die US-Kriegspolitik, die der Präsident entgegen dem Völkerrecht betreibt", erklärte Peter Strutynski vom Friedensratschlag in Stralsund, wo Bush Mitte Juli erwartet wird. Die Proteste, zu denen auch Teilnehmer aus anderen Städten kommen wollen, stünden unter dem Motto "Not welcome, Mr President". An zwei Veranstaltungsorten sind Kundgebungen, Gespräche, Info-Angebote und Demos geplant. Die Hauptforderung laute "Kriege beenden - Kriegsplanungen stoppen". Bushs Krieg gegen den Terror sei längst ein Vorwand, unliebsame Regime auszutauschen, um Einfluss und wirtschaftliche Vorteile zu gewinnen.

Ähnlich sparsam auch die "junge Welt" - die allerdings schon mehrfach über den Bush-Besuch und die erwarteten Gegendemionstrationen berichtet hat:
Mehr als 30 Organisationen rufen anläßlich des Besuchs von US-Präsident George Bush am 13. Juli in Stralsund zu Kundgebungen und einer Großdemonstration gegen die völkerrechtswidrige Politik der USA auf. Das kündigte das Aktionsbündnis "Not welcome, Mr. President" am Sonntag in der Hansestadt an.
Die Veranstalter erwarten einige tausend Teilnehmer, u. a. aus den Großräumen Berlin, Hamburg, Sachsen und dem Ruhrgebiet. Derzeit führe man Gespräche mit mehreren Rockgruppen über eine musikalische Begleitung der Veranstaltungen, unter anderem mit den Puhdys, sagte Koordinator Monty Schädel. Geplant sei ferner eine Großkundgebung im Zentrum der Stadt.

Im übrigen soll es am Sonntagabend gute Berichte im NDR (Rundfunk und Fernsehen) gegeben haben.
Und hier geht es zur Presseerklärung der Veranstalter:
www.uni-kassel.de

Ausführlicher berichtete wieder der Nachrichtenkanal N24. In dem Beitrag "Protest gegen Bush-Besuch nimmt Form an" hieß es u.a.:

Beim Deutschland-Besuch von US-Präsident George W. Bush will ein Aktionsbündnis von etwa 30 Organisationen gegen die Außenpolitik der USA demonstrieren. "Es geht dabei nicht gegen Bush persönlich oder generell gegen die USA, sondern gegen die amerikanische Kriegspolitik, die der Präsident entgegen des Völkerrechts betreibt und zu verantworten hat", erklärte Peter Strutynski vom Bundesausschuss der Organisation Friedensratschlag in Stralsund, wo Bush Mitte Juli erwartet wird. Die Proteste stünden unter dem Motto "Not welcome, Mr. President".
An zwei Veranstaltungsorten in der Stralsunder Innenstadt sind von Kundgebungen, Gespräche, Informationsangebote und Demonstrationszüge geplant. Die Hauptforderung der Demonstranten laute "Kriege beenden - Kriegsplanungen stoppen", sagte Strutynski. Bushs Krieg gegen den Terror sei schon lange zu einem Vorwand geworden, unliebsame Regime auszuwechseln und so Einfluss und wirtschaftliche Vorteile zu gewinnen. Für Öl dürfe künftig kein Blut mehr fließen.
(...)
Die Protestveranstaltungen in Stralsund würden in jedem Fall stattfinden, sagte Monty Schädel von der Steuerungsgruppe des Aktionsbündnisses. Polizei und Stadtverwaltung hätten Entgegenkommen für die Anträge zu den Demonstrationen gezeigt. Man warte nur noch auf die endgültige Bestätigung der Veranstaltungsorte und -abläufe. "Wir wollen friedlich demonstrieren und uns klar von Rechtsextremisten abgrenzen, die ebenfalls Proteste vorhaben", betonte er. Über Teilnehmerzahlen wollten die Initiatoren der Protestaktionen nicht spekulieren.

N24.de Netzeitung, 2. Juli 2006

***

Die Eskalation im Nahostkonflikt beschäftigt auch die Friedensbewegung. So reagierte der Bundesausschuss Friedensratschlag am 30. Juni auf die Zuspitzung der Lage im Gazastreifen mit einer Pressemitteilung, über die zumindest die Internetzeitung ngo-online.de am 3. Juli berichtete. Dort heißt es u.a.:

Der Bundesausschusses Friedensratschlag wirft Israel "staatlich ausgeübten Terror" vor. Als solcher müssten die jüngsten Militäraktionen der israelischen Armee im Gazastreifen und Westjordanland bezeichnet werden. "Einen palästinensischen Überfall auf einen israelischen Armeeposten mit anschließendem Kidnapping eines Soldaten mit einer großangelegten Offensive gegen die Bevölkerung des Gazastreifens zu beantworten, ist selbst Terror", meint der Friedensratschlag. Er sieht in der Besetzung des Gazastreifens als auch in der Festnahme von Mitgliedern der palästinensischen Regierung "einen klaren Bruch internationalen Rechts".
(...)
Die Oslo-Abkommen hätten die Errichtung einer palästinensischen Regierungsbehörde (Palestinian National Authority) als Völkerrechtsobjekt "sui generis" ermöglicht. "Insofern genießen die palästinensischen Regierungsmitglieder volle Immunität", so Peter Strutynski vom Bundesausschuss Friedensratschlag. Deren Festnahme durch die israelische Armee stelle somit "einen schweren Verstoß gegen das Völkerrecht" dar. (...)
Die Kriegshandlungen Israels fielen zudem in eine Zeit zunehmender Eskalation der Gewalt im Nahen Osten. "Sie schüren einen aufs äußerste angespannten Konflikt, der in ein großes Blutbad münden kann", fürchtet Strutynski. Auch er kritisiert eine einseitige Parteinahme Deutschlands: "Bisher war die deutsche Nahostpolitik von einseitiger Parteinahme für die israelischen Interessen gekennzeichnet. Berlin darf nicht mit zweierlei Maß messen, sondern muss jede Gewalt im israelisch-palästinensischen Konflikt ablehnen. (...)"
Der Bundesausschuss Friedensratschlag sieht sich mit dieser Sichtweise von der israelischen Friedensbewegung unterstützt und verweist hierbei beispielhaft auf "Gush Shalom". Die bekannte israelische Anwältin und Menschenrechtsaktivistin Felicia Langer werde diesen Standpunkt auch auf einer Kundgebung der Friedensbewegung am 13. Juli in Stralsund vertreten, "wenn US-Präsident Bush zu Gast bei der Bundeskanzlerin ist".

Quelle: www.ngo-online.de


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