Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

"... aus Gründen der Solidarität und der Hilfe für die Menschen in Afghanistan"

Ja zu ISAF, Nein zu OEF, Jein zu Tornados: Der Antrag des Bundesvorstands der Grünen an den Sonderparteitag

Im Folgenden dokumentieren wir den Leitantrag des Vorstands der Partei von Bündnis90/Die Grünen zum Sonderparteitag am 15. September 2007 in Göttingen. Der Parteitag war von über 45 Kreisverbänden "erzwungen" worden.
Ebenfalls am 15. September findet in Berlin eine Demonstration der Friedensbewegung gegen die Verlängerung der Afghanistan-Einsätze statt.
Lesen Sie bitte hierzu auch den Offenen Brief der Friedensbewegung an den Grünen-Parteitag.



A-01 Afghanistan
Antragsteller/innen: Bundesvorstand
(Beschluss vom 29.08.07)

Neue Perspektiven für Afghanistan

Afghanistan bewegt Grüne Politik seit vielen Jahren, nicht erst seit dem Rostocker Parteitag. Dieser entschied sich 2001 für die Unterstützung des politischen und militärischen Engagements in Afghanistan. Schon vor dem 11. September 2001 haben wir Grüne die Lage in Afghanistan im Bundestag und mit Reisen vor Ort thematisiert und uns dabei für die Menschenrechte eingesetzt. Im Vordergrund stand für uns immer die Frage nach unserer internationalen Verantwortung für Afghanistan: Was kann deutsche Politik beitragen, um dem geschundenen Land eine Perspektive für nationalen Aufbau, demokratische Veränderung und Frieden zu geben?

Wir Grüne stellen uns unserer Verantwortung auch, indem wir seit 2001 immer wieder über das zivile und militärische Engagement der internationalen Gemeinschaft auf allen Ebenen diskutieren und unsere eigenen Positionen kritisch hinterfragen. Es ist unsere Stärke, solche schwierigen Debatten nicht mit einem einfachen "Nein" oder einem unkritischen "Ja" zu umgehen, wie es andere Parteien tun, sondern um einen richtigen Kurs zu ringen. Verantwortliche Friedenspolitik bedeutet eben auch, immer wieder kritisch abzuwägen und sich Entscheidungen neu zu stellen.

Nach sechs Jahren deutschen Engagements in Afghanistan und angesichts der anstehenden Entscheidung über die Verlängerung der verschiedenen Bundeswehrmandate setzen wir diese Debatte fort. Wir Grüne haben von Beginn an den Wiederaufbauprozess in Afghanistan unterstützt und uns auch mit deutlicher Mehrheit für ein internationales militärisches Engagement ausgesprochen. Es gibt gute Gründe für die zeitweilige Anwesenheit deutscher Soldatinnen und Soldaten und Polizistinnen und Polizisten in Afghanistan. Über 3000 von ihnen sind dort, ausgestattet mit einem klaren UN-Mandat und auf Bitte der gewählten Regierung, aus Gründen der Solidarität und der Hilfe für die Menschen in Afghanistan. Für das Engagement spricht auch, dass Deutschland ein Interesse an einer stabilen internationalen Ordnung hat, die nicht auf dem Recht des Stärkeren, sondern auf den Grundsätzen des Völkerrechts beruht. Dreh- und Angelpunkt eines solchen internationalen Systems sind die Vereinten Nationen. Als Mitglied der Vereinten Nationen und der OSZE ist die Bundesrepublik verpflichtet, ihren angemessenen Beitrag zum Erhalt des Friedens und zur internationalen Sicherheit zu leisten. Deutschland ist zudem eingebunden in die EU und das kollektive Sicherheitssystem der NATO. Die Anschläge auf das World Trade Center, in der Türkei, auf Bali oder in Spanien und Großbritannien gelten nicht nur den USA, sondern allen offenen Gesellschaften. Gegen sie richtet sich die Drohung des Terrorismus. Die Hintermänner der Anschläge von New York und Washington konnten in Afghanistan unter der Herrschaft der Taliban ungestört ihre Taten vorbereiten.

Nach den militärischen Angriffen unter der Führung der USA gegen Al-Qaida-Basen und Taliban hat rot-grüne Außenpolitik mit dem Petersberg-Prozess unverzüglich einem Friedensprozess mit Wahlen und Verfassung den Weg bereitet. Für uns war von Beginn an klar: die entscheidende Auseinandersetzung um die Zukunft Afghanistans wird nicht militärisch ausgefochten, sondern durch einen tragfähigen zivilen Aufbau, dem das internationale militärische Engagement zu dienen hat. Wir waren nie für die Dauerpräsenz internationaler Truppen in Afghanistan. Aber die militärische Absicherung war und ist bisher neben dem zivilen Aufbau unverzichtbar.

Situation in Afghanistan

Heute sehen wir in Afghanistan Licht und Schatten dieses Prozesses. Es gibt unbestreitbare Erfolge: Das legale Pro-Kopf-Einkommen hat sich verdoppelt, die Wirtschaft wächst zweistellig. Die Eigeneinnahmen des afghanischen Staates steigen. Der Anteil der Drogenwirtschaft an der afghanischen Volkswirtschaft geht zurück, auch wenn Afghanistan immer noch Drogenstaat Nr. 1 ist. Auch im sozialen Bereich gibt es deutliche Fortschritte. Frauen haben mehr Rechte, auch wenn Frauenrechte noch immer massiv beschränkt werden. Die Zahl der Kinder, die zur Schule gehen, hat sich verdoppelt und 90 Prozent der Bevölkerung haben Zugang zu medizinischer Grundversorgung. Doch konzentrieren sich die Fortschritte sehr stark auf Kabul und den Norden und Westen des Landes.

Zugleich sehen wir auch massive Rückschläge bei den gesetzten Zielen. Die Sicherheitslage hat sich 2006 und im ersten Halbjahr 2007 im ganzen Land verschlechtert. Im Süden herrscht teilweise offener Krieg. Die fundamentalistischen Taliban und ihre Verbündeten gewinnen an Einfluss, Warlords haben sich auch in der Regierung etabliert, und von außen wird das Land durch die Einmischung Pakistans und anderer Nachbarn destabilisiert. Korruption ist innerhalb der Regierung Karsai stark verbreitet und schwächt die geringe Legitimation der Regierung weiter. Außerhalb der Zentralregion um Kabul kann sie sich kaum durchsetzen. Wichtige Reformvorhaben, wie eine Personalstruktur für eine nicht von Vetternwirtschaft geprägte Polizei, werden blockiert.

Die Regierung Karsai versucht, ihre schwierige Lage durch die Suche nach einer politischen Lösung zu verbessern. So bot Präsident Karsai Teilen des Taliban-Bündnisses („afghanischen Taliban“) Gespräche über eine politische Einbeziehung an, und der afghanische Senat fordert eine weitgehende Einstellung offensiver Militäroperationen. Die Friedens-Djirga mit Pakistan im August 2007 war ein Versuch, wieder stärker auf traditionelle Strukturen zurückzugreifen. Sie hat zudem gezeigt, dass der politische Rückhalt der Taliban geringer ist als ihr militärisches und vor allem ihr terroristisches Potential.

Der Staatsaufbau in Afghanistan nach Jahren des Bürgerkriegs dauert länger als geplant. Diese Erfahrung macht die Internationale Gemeinschaft nicht nur in Afghanistan, sondern auch auf dem Balkan. Bisher hat die internationale Gemeinschaft kaum Erfahrungen mit einer solchen Aufgabe. Um so wichtiger ist es, aus den vergangenen Jahren zu lernen. Die Bereitschaft der Internationalen Gemeinschaft, genügend Ressourcen für den Staatsaufbau in Afghanistan bereitzustellen, war von Anfang an zu gering. Zugleich waren aber auch die Erwartungen an die Entwicklung in Afghanistan von Beginn an zu hoch. Es ist realistisch anzunehmen, dass die "Islamische Republik Afghanistan" kurz- und mittelfristig Demokratie und wirtschaftliche Entwicklung nicht nach westeuropäischer Elle umsetzen wird. Aber nichts desto weniger gilt es, unsere Instrumente und Konzepte zu verbessern und damit die afghanische Bevölkerung effektiv beim Aufbau eines eigenen Staates zu unterstützen, der die fundamentalen Rechte der Menschen wahrt. Dazu gehört auch, dass die Afghaninnen und Afghanen selbst die Führung bei der Entwicklung des Staates innehaben.

Vor dem Hintergrund der seit 2006 dramatisch verschlechterten Sicherheitslage wächst die Diskussion innerhalb der internationalen Gemeinschaft über die richtige Strategie. Eine angekündigte militärische Großoffensive konnten die Taliban zwar nicht realisieren, aber mit der Ausweitung der Selbstmordattentate verbreiten sie Angst und Zweifel am möglichen Erfolg der Aufbauarbeit. Nicht nur innerhalb der deutschen Bevölkerung sinkt als Folge davon die Zustimmung zum militärischen Vorgehen beziehungsweise zum militärischen Engagement überhaupt. Diese Entwicklungen sowie die Frage, ob die internationale Gemeinschaft über den Willen und die Fähigkeit verfügt, die Entwicklung mit einer geänderten Strategie zum Besseren zu wenden, müssen in der aktuellen Debatte um Afghanistan berücksichtigt werden.

Strategiewechsel umsetzen – den zivilen Aufbau sichern

Angesichts der Lage in Afghanistan fordern wir die Bundesregierung erneut auf, ihre Afghanistanpolitik neu auszurichten und sich auch international für eine veränderte Strategie einzusetzen. Afghanistan braucht eine neue Dynamik. Oberstes Ziel der internationalen Gemeinschaft muss es sein, einen zukunftsfähigen Friedensprozess in Gang zu setzen. Wir schlagen dazu folgende Punkte vor:

Zivile Anstrengungen verstärken

Der zivile Wiederaufbau muss spürbar bei der afghanischen Bevölkerung ankommen. Ein Strategiewechsel beim Wiederaufbau verlangt einen erheblich höheren Mitteleinsatz und vor allem ein schnelleres Vorgehen. Die internationale Gemeinschaft hat seit 2002 insgesamt 29,8 Milliarden US-Dollar für zivile Aufbauhilfe zugesagt (Stand März 2007); geflossen ist höchstens die Hälfte. Beim zivilen Aufbau leisten immer noch die USA bei weitem den größten Beitrag. Wenn es nicht gelingt, im EU-Verbund eine ausreichende Größenordnung zu erreichen und die Mittelverwendung gut zu koordinieren, bleiben Klagen über mangelnden europäischen Einfluss wenig glaubwürdig. Es ist skandalös, wenn, wie erst im August auf Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag bekannt wurde, von den im Februar diesen Jahres von der Bundesregierung versprochenen zusätzlichen 20 Mio. Euro für zivilen Wiederaufbau bis dato noch kein Cent bei den Menschen angekommen ist.

Wir fordern daher die Bundesregierung auf, die Anstrengungen im zivilen Bereich zu verbessern und auszubauen.

Wiederaufbau in die Fläche tragen

Es gibt noch zu viele weiße Flecken, wo kein Wiederaufbau stattfindet – vor allem im Süden, aber auch im Norden. Sichtbare Infrastrukturmaßnahmen, Straßen, die Versorgung mit Wasser und Energie können Leuchtturmprojekte sein, die ins ganze Land ausstrahlen und lokale Arbeitsplätze schaffen. Deutschland engagiert sich bereits heute am stärksten bei alternativen Energien. In ländlichen Gebieten kann und muss dieser Ansatz verstärkt werden. Für die neun Provinzen im Norden müssen endlich längerfristige Entwicklungsstrategien erarbeitet werden. Das soll gemeinsam mit Provinzvertretern, der Regierung Karsai und der internationalen Gemeinschaft umgehend für jede einzelne Provinz geschehen.

Frauen in den zivilen Aufbau einbinden

Die Durchsetzung von Frauenrechten ist ein elementarer Bestandteil für den Aufbau einer Zivilgesellschaft und die Demokratisierung eines Landes. Die Einbindung von afghanischen Frauen gestaltet sich allerdings schwierig. Oft müssen erst die Grundlagen an Bildung und Ausbildung geschaffen werden. Diese Einbindung gehört aber zu einer Erfolgsstrategie in Afghanistan zwingend dazu. Frauen und Mädchen gilt es von Anfang an in die Lage zu versetzen, ihr Grundwissen und ihre politische Sachkenntnis zu erweitern, um selbst aktiv werden zu können.

Es braucht vor allem eine langfristige und verlässliche Finanzierung von dezentral organisierten und auf lokaler Ebene angesiedelten Aufbauhilfen, die an den Sachverstand vor Ort anknüpfen. Es reicht nicht aus, wenn beispielsweise Frauenförderprojekte nur eine Finanzierungssicherheit von mehreren Monaten haben. Nicht nur müssen Frauen im Staatsdienst berücksichtigt werden, frauenspezifische Belange gehören auch in die Ausbildung von Männern, einschließlich bei Polizei und Militär, integriert.

Fortentwicklung „Afghanistan Compact“ und Geberharmonisierung

Anfang 2006 hat die internationale Gemeinschaft mit dem "Afghanistan Compact" als Fortentwicklung der Petersberg-Strategie umfangreiche Zielmarken für den Wiederaufbau in Afghanistan definiert. Bisher fehlen aber konkret überprüfbare Zwischenschritte und die realistische und kontinuierliche Fortentwicklung des "Afghanistan Compact". Dafür ist eine baldige Folgekonferenz ebenso notwendig wie eine internationale Geberharmonisierung. Bisher agieren die einzelnen Staaten mit unterschiedlichen Interessen, wenig abgestimmten Programmen und unkoordinierten Geldflüssen.

Deutsches Regierungshandeln muss besser aufeinander abgestimmt werden. Lähmende Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den Ressorts behindern die effektive Arbeit. Von allen gewollte Infrastrukturprojekte können nicht beginnen. Wir schlagen vor, eine Beauftragte oder einen Beauftragten für Afghanistan mit klaren Befugnissen, angesiedelt beim Außenministerium, zu berufen. So sollen Ressortegoismen überwunden und die ressortübergreifende Zusammenarbeit verbessert werden. Zuständigkeiten wäre etwa die Umsetzung eines „Aktionsplans zivile Krisenprävention“ vor Ort in Abstimmung mit der afghanischen Regierung und der internationalen Gemeinschaft. Zur Finanzierung von regionalen Entwicklungsprojekten im Rahmen von „Provincial Development Funds“ braucht es außerdem Pool-Mittel, zu denen die Ressorts nur gemeinsam Zugriff haben. Bisher konzentriert sich in Deutschland die Debatte bei internationalen Einsätzen zu sehr auf den militärischen Aspekt, wiewohl obwohl für einen erfolgreichen Einsatz die zivilen Aspekte entscheidend sind. Afghanistan braucht eine politische Lösung, um den Frieden zu gewinnen. Daher schlagen wir vor, künftig im Bundestag nicht nur militärische Einsätze zu mandatieren, sondern auch ein Gesamtkonzept für die zivilen Komponenten zu beschließen.

Die Bundesregierung fordern wir auf, die Fähigkeiten Deutschlands zur zivilen Krisenprävention und Konfliktbeilegung zu verstärken. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben den Aufbau der zivilen Krisenprävention auch auf Bundesebene maßgeblich vorangetrieben. Leider misst die große Koalition der zivilen Krisenprävention deutlich weniger Bedeutung bei als der militärischen Krisenprävention. Die Bundesregierung ist gefordert, die Fähigkeiten zur zivilen Krisenreaktion und –prävention über den Aufbau ständig verfügbarer Einheiten endlich strukturell zu verbessern und zusätzliche Mittel bereitzustellen.

Polizei- und Justizaufbau voranbringen

Die bisherigen Ergebnisse des Polizei- und Justizaufbaus sind enttäuschend. Mit so wenig Polizei ist kein Staat zu machen, vor allem nicht im ländlichen Raum. Daran wird auch die neue EU-Polizeimission nichts ändern, wenn nicht endlich die dafür bereitgestellten Ressourcen massiv aufgestockt werden. Bisher kommt die EU-Polizeimission nicht voran. Die versprochenen 195 Polizistinnen und Polizisten sollen erst nächstes Jahr erreicht werden. Zurzeit sind nur 60 Polizeiangehörige vor Ort, die weder über ausreichende Ausstattung noch über Projektgelder verfügen. Das Vorgehen Deutschlands und der EU ist angesichts der Situation in Afghanistan mehr als fahrlässig. Wir fordern schnellstmöglich eine umfangreiche personelle und finanzielle Erhöhung des deutschen Anteils und ebenso eine Erhöhung des Anteils der anderen an der europäischen Polizeimission beteiligten Länder. Die Absicht des Innenministeriums, trotz EU-Polizeimission weiterhin ein nationales Polizeikontingent in Afghanistan zu unterhalten, ist falsch. Auch dieses gehört in die EU-Polizeimission integriert, sobald diese vernünftig und mit genügend Projektmitteln ausgestattet ist.

Bund und Bundesländer sollten dringend die Anreize für Polizistinnen und Polizisten, ins Ausland zu gehen, verbessern und ihre Arbeit angemessen honorieren, beispielsweise über verbesserte Aufstiegsmöglichkeiten. Einzelne Bundesländer wie Bayern dürfen sich nicht länger drücken und müssen endlich ihren Beitrag leisten.

Die Polizeimission der EU und der US-amerikanische Ansatz des Polizeiaufbaus brauchen eine klare Abstimmung. Die EU bildet langfristig Polizeiausbilder aus, während die USA im Schnelldurchlauf Hilfspolizei zur Aufstandsbekämpfung trainiert. Dauerhaft lässt sich so keine gemeinsame Polizei etablieren. Es müssen auch Mittel umorientiert werden, um die afghanischen Polizistinnen und Polizisten ausreichend zu bezahlen, damit sie weniger korruptionsanfällig sind. Doch ohne ein funktionierendes Justizwesen nützt die beste Polizei nichts. Bisher bleibt der Justizaufbau noch weit hinter dem rudimentären Polizeiaufbau zurück. Daher bedarf es auch in diesem Bereich verstärkter europäischer Anstrengungen.

Militärischen Strategiewechsel umsetzen

OEF

Ziel des seit 2001 von den USA geführten Kommandos Operation Enduring Freedom (OEF) ist der Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Zum OEF-Mandat gehören sowohl Truppen in Afghanistan, als auch eine Seeraumüberwachung am Horn von Afrika.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben OEF im Jahr 2001 unterstützt, um die Hintermänner des Anschlags vom 11. September 2001 zu ergreifen und um weitere Al-Qaida Angriffe aus Afghanistan zu verhindern. Inzwischen gefährdet die Art und Weise der OEF-Operationen mit den vielen zivilen Toten die Stabilisierung und den Wiederaufbau Afghanistans, die Arbeit der Hilfsorganisationen vor Ort und stärkt faktisch die Taliban. Angesichts der erfolgten Stärkung und Ausweitung von ISAF auf ganz Afghanistan ist das Nebeneinander von OEF und ISAF kontraproduktiv. Daher haben wir bereits im Herbst 2006 OEF nicht mehr zugestimmt. Dass die Kommandoaktionen von OEF den Erfolg von ISAF gefährdet, beklagen auch britische ISAF-Offiziere im Süden Afghanistan. Bündnispolitische Verpflichtungen können nicht bedeuten, falsche Militäreinsätze zu unterstützen, und gar den Erfolg einer gemeinsamen NATO-Operation im Auftrag der UN zu gefährden.

Bundeswehrangehörige dürfen sich an eskalierenden Militäroperationen in rechtsfreien Räumen wie Kandahar und Bagram nicht beteiligen. Der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss muss seine Ergebnisse zum KSK-Einsatz und dem möglichen rechtswidrigen Verhalten, wie der Misshandlung von Gefangenen, öffentlich machen.

ISAF

Aufgabe der 2001 von der UN mandatierten International Security Assistance Force (ISAF) ist es, die gewählte Regierung Afghanistans beim Wiederaufbau und bei der Etablierung demokratischer Strukturen zu unterstützen. Wir Grüne haben bisher die Arbeit der Bundeswehr im Rahmen von ISAF als Assistenz zum Wiederaufbau unterstützt. Die Bundeswehr leistet dort anerkanntermaßen eine wichtige und gute Arbeit. Auf Bitte der afghanischen Regierung und auf Drängen von internationalen NGOs wurde ISAF, welches am Anfang ausschließlich auf Kabul und Umgebung begrenzt war, auf ganz Afghanistan ausgeweitet. Die von der Bundeswehr übernommene Aufgabe, im Norden Afghanistans für Sicherheit und Stabilität zu sorgen, ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Aber, die von manchen Verbündeten immer wieder geforderte Aufhebung der sogenannten nationalen Vorbehalte, die im deutschen Fall eine Ausweitung des bestehenden Bundeswehr-Mandates auf den Süden Afghanistans ausschließen, lehnen wir weiterhin ab.

Im Unterschied zur amerikanisch geführten OEF-Mission besteht bei ISAF über die NATO-Strukturen die Möglichkeit, Einfluss auf die Ausgestaltung der Mission zu nehmen. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, sich innerhalb der NATO für ein anderes militärisches Vorgehen einzusetzen, welches die Bekämpfung des Terrorismus in Einklang mit dem Schutz der Zivilbevölkerung bringt. ISAF darf gerade im Süden nicht die Fehler des OEF-Einsatzes wiederholen. Wir verweisen daher auf die Mahnung des deutschen Militärattachées in Kabul, der vor einer „OEFisierung“ von ISAF warnt. ISAF-Luftangriffe gegen Taliban unter Inkaufnahme ziviler Opfer darf es nicht geben. ISAF muss solche Operationen einstellen. Die Forderung der Regierung Karsai nach Konsultation bei militärischem Vorgehen ist berechtigt, schließlich ist die multinationale Truppe auf Einladung der afghanischen Regierung vor Ort. Daher muss die Zusammenarbeit zwischen der militärischen Führung und der afghanischen Regierung verbessert werden. Gerade aus den Reihen der Bundeswehr ist immer wieder die Forderung nach verstärkten zivilen Anstrengungen zu hören. Die Soldatinnen und Soldaten wissen, dass dauerhafter Frieden sich nur über zivile Erfolge im Wiederaufbau erringen lässt.

Eine erneute Zustimmung zum ISAF-Mandat kann aber kein einfaches "Weiter-so" bedeuten, vielmehr muss es darum gehen, den oben beschriebenen Strategiewechsel in Afghanistan durchzusetzen. Die beständigen Rufe nach mehr Militär allein sind keine Lösung, vielmehr braucht es eine politische Lösung in Afghanistan und einen verstärkten Aufbau der Sicherheitsstrukturen. Diesen Prozess wollen wir unterstützen, indem mehr Soldatinnen und Soldaten aus dem bestehenden Einsatzkontingent für Ausbildungszwecke der afghanischen Armee eingesetzt werden. Dabei hat der Bundeswehrverband Recht, wenn er ein Einsatzkonzept mit zeitlichen Rahmenbedingungen fordert. Der zeitliche Horizont des ISAF-Engagements hängt am Erfolg beim Aufbau der afghanischen Polizei und Armee. Klar ist: der Einsatz in Afghanistan wird zeitlich begrenzt sein müssen.

Ziel muss es daher sein, die Anstrengungen im zivilen Bereich und beim Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte zu unterstützen, damit Afghanistan sich ohne Einmischung von außen selbst regieren kann.

Tornado-Mission

Am 9. März 2007 wurde im Bundestag entschieden, dass sechs Tornado-Aufklärungsflugzeuge nach Afghanistan geschickt werden. Die gerade innerhalb von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN intensiv geführte Debatte um die Entsendung von Tornados zu Aufklärungszwecken hat unter anderem deutlich gemacht, wie problematisch der Einsatz ohne eine wirkliche und spürbare Intensivierung der zivilen Anstrengungen sein kann. Wenn Gelder in dieser Größenordnung für militärische Mittel ausgegeben werden, dann fragen wir Grüne, wieso nicht die Priorität gelegt wird auf eine massive Aufstockung der zivilen Aufbaumittel. Jedenfalls wächst das Ungleichgewicht, wenn durch zusätzlich 84 Mio. Euro für die Tornados inzwischen pro Jahr 450 Mio. Euro für Militär, aber nur 100 Mio. Euro für zivilen Aufbau ausgegeben werden und die Ausbildung von Sicherheitskräften vernachlässigt wird. Auch wenn die Position zu den Tornados innerhalb von Partei und Fraktion umstritten ist, so war von Anfang an klar, dass die von Verteidigungsminister Jung behauptete Notwendigkeit der Tornados zur Bekämpfung von Selbstmordattentätern Unsinn ist. Bisher hat die Bundesregierung keine ausreichende Evaluierung des Tornado-Einsatzes vorgelegt, die erkennen ließe, ob die Erwartungen an den Einsatz sich bestätigt haben oder eher die Nachteile überwiegen. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Evaluierung unverzüglich vorzulegen. Die Bundesregierung muss nun nachweisen, dass der beantragte Tornado-Einsatz für einen Erfolg von ISAF unverzichtbar ist. Bisher ist dies nicht erfolgt.

Regionale Stabilität fördern

Afghanistan hat insbesondere mit Iran und Pakistan schwierige Nachbarn. Stabilität in Afghanistan wird sich dauerhaft nur über Stabilität in der Region erreichen lassen. Daher muss die internationale Politik darauf dringen, alle Nachbarstaaten Afghanistans mit einer Politik des Dialogs einzubinden und Hilfsmaßnahmen für die afghanischen Flüchtlinge zu leisten. Dies gilt auch für den Iran, ohne dessen Mitwirkung Afghanistan nicht stabilisiert werden kann.

Insgesamt sind in den USA und Europa Lehren aus den verhängnisvollen Folgen des "war on terror" zu ziehen. Der nach dem 11. September 2001 ausgerufene NATO-Bündnisfall ist heute zwar wenig diskutiert, muss aber Anlass zur Neubesinnung werden. Sonst bindet er uns an eine gescheiterte Politik. Das NATO-Statut sieht keine Regel für das Beenden des Bündnisfalles vor. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für eine solche Regelung und für die Beendigung des NATO-Bündnisfalls einzusetzen. Terrorismus muss bekämpft werden, ohne Zweifel. Das amerikanische Vorgehen hat den Terrorismus nicht geschwächt. Statt sich auf Afghanistan zu konzentrieren, haben die USA einen nicht gerechtfertigten Krieg im Irak begonnen, mit verheerenden Folgen für den gesamten Nahen und Mittleren Osten. Dies hat auch Afghanistan massiv destabilisiert. Nötig ist eine entsprechende Politik gegenüber den verschiedenen islamischen Staaten, die auf Dialog setzt und eine differenzierte Betrachtung islamischer Bewegungen. Schritte dazu sollte die Initiative der amerikanischen Regierung bringen, im Herbst eine Nahost-Friedenskonferenz abzuhalten.

Die westlichen Staaten dürfen nicht den verhängnisvollen Fehler machen, über zusätzliche Aufrüstung die gesamte Region de facto weiter zu destabilisieren. Entsprechende Pläne der USA lehnen wir ab. Wir lehnen nachdrücklich die Pläne der Bundesregierung ab, U-Boote nach Pakistan und Eurofighter nach Indien zu verkaufen. Sie verstößt damit gegen die deutschen Rüstungsexportrichtlinien. Waffen dürfen nicht in Spannungsgebiete geliefert werden.

Auch die amerikanische Unterstützung des indischen Atomprogramms war und bleibt kontraproduktiv. Sie ist eine Belohnung für Indiens nukleare Aufrüstung. Das Verhalten der USA ermutigt andere Staaten, dem indischen Beispiel zu folgen und schadet damit erheblich den Bemühungen, den Nichtverbreitungsvertrag durchzusetzen. Deutschland hat ein geeignetes Mittel in der Hand, diesen Deal zu stoppen, in dem es in der Nuclear Suppliers Group sein Veto gegen die Lieferung einlegt. Wir fordern die große Koalition auf, diesen Atomdeal zu verhindern.

Durch die Aufrüstung der Nachbarstaaten bzw. der Region gießen die Bundesregierung und die USA Öl ins Feuer und behindern so regionale Stabilitätsbemühungen. Gerade gegenüber Pakistan muss es darauf ankommen, die vorhandenen demokratischen Kräfte zu unterstützen und diese nicht durch eine blinde Gefolgschaft mit Präsident Musharraf zu schwächen. Al-Qaida gruppiert sich in den pakistanischen Grenzgebieten neu und errichtet Camps zur Terroristenausbildung. Diese Bedrohung nehmen wir ernst. Sie wird sich aber nicht durch eine einseitige Unterstützung Musharrafs, sondern nur mit gemeinsamer Unterstützung der pakistanischen Zivilgesellschaft lösen lassen. Wir warnen die amerikanische Regierung davor, durch Militärschläge gegen und in Pakistan die Region weiter zu destabilisieren.

Afghanische Aussöhnung ermöglichen

Eine politische Lösung in Afghanistan braucht Zeit. Sie kann am Ende nur durch die afghanische Bevölkerung selbst gefunden, legitimiert und akzeptiert werden. Dazu gehört auch, in den unterschiedlichen Regionen Afghanistans durch Verhandeln mit lokalen Autoritäten eine regionale Stabilisierung zu erreichen. Diese erzielten Erfolge dürfen nicht durch gezielte militärische Eskalation wieder torpediert werden. Der Einsatz von zivilen Friedensfachkräften im Rahmen des Zivilen Friedensdienstes, die mit traditionellen Ratsversammlungen zusammenarbeiten und beim Aufbau demokratisch legitimierter Dorfräte helfen, ist in Afghanistan sehr anerkannt. Derzeit sind aber von 12 Stellen nur 8 besetzt. Ein stärkeres Engagement hier wäre sinnvoll. Letztendlich kann ein solcher Stabilisierungsprozess auch die nationale Ebene positiv beeinflussen und der Regierung Karsai Rückenwind und Stabilität verschaffen. Daher akzeptieren wir auch den nationalen Dialog, den Präsident Karsai initiiert hat, und der auf ein Ende der innerafghanischen Auseinandersetzung abzielt. Gesprächsverweigerung gegenüber denjenigen Taliban, die sich auf den verfassungsgestützten Wiederaufbauprozess einlassen wollen, wäre falsch.

Das Ziel der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan muss sein, dass sich Afghanistan ohne Einmischung von außen selber regieren kann, die grundlegenden Rechte der afghanischen Bevölkerung gesichert sind und die terroristische Gefahr aus Afghanistan dauerhaft gebannt ist.

Korruption bekämpfen

Die wachsende Korruption ist zu einer wirklichen Bedrohung der Wiederaufbauerfolge geworden. Nicht einfach das fehlende Geld, sondern die mangelnde Kontrolle und damit einhergehende Korruption sind das Problem. Die Korruption behindert einen effizienten Wiederaufbau und sie untergräbt die schwache Legitimation der Regierung Karsai weiter. Um der grassierenden Korruption Einhalt zu gebieten, müssen sich die Geberländer besser untereinander abstimmen und sich auf eine Anti-Korruptions-Task-Force einigen. An der Arbeit dieser Task-Force sollte auch die Zivilgesellschaft beteiligt werden.

Drogenproblematik langfristig angehen

Der Kampf gegen Drogen ist Dreh- und Angelpunkt für die Wirtschaft und die Zukunft des Landes. 2006 stieg die Produktion von Rohopium auf den Rekord von 92 Prozent der Weltproduktion. Die USA haben eine große Vernichtungskampagne unter dem Einsatz von Chemikalien angekündigt. Die Verseuchung von Böden und Grundwasser sowie langfristiger Schäden im Ökosystem werden damit in Kauf genommen. Eine großflächige Zerstörung der Pflanzen würde Mohnbauern in die Arme von Aufständischen treiben. Wir fordern auch hier einen umfassenden Strategiewechsel, der auf Langfristigkeit und Nachhaltigkeit setzt, die arme Landbevölkerung umfassend stärkt und alternative Einkommensmöglichkeiten eröffnet. Vernichtungsmaßnahmen sollten nur dort stattfinden, wo es ein abgesprochenes Vorgehen gibt und der Zugang zu Land, Märkten und Darlehen geregelt ist. Gleichzeitig müssen diejenigen, die Opium veredeln oder damit handeln, sowie korrupte Offizielle strafrechtlich verfolgt werden. Zur kurzfristigen Bekämpfung der Drogenproblematik kann es auch sinnvoll sein, Teile der Ernte für medizinische Zwecke aufzukaufen.

Assistenz beim Wiederaufbau fortsetzen

Wir fordern von der Bundesregierung klare Taten zur Umsetzung dieses Strategiewechsels ein. Es gibt keinen Automatismus grüner Zustimmung zur Politik der Bundesregierung. Die bisherigen Versäumnisse der Regierung wiegen schwer. Sie versäumt, die Anstrengungen im zivilen Bereich so zu verstärken, wie es nötig ist. Zudem fordert die Bundesregierung zwar auf NATO-Tagungen öffentlich ein anderes ISAF-Konzept ein – zu den Praktiken von OEF wird aber geschwiegen

Wir empfehlen unseren Bundestagsabgeordneten, im Wissen und unter Akzeptanz der Freiheit des Abgeordneten, konkret folgende Positionen zu den anstehenden Entscheidungen.

OEF beenden

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern die Bundesregierung auf, sich auf internationaler Ebene aktiv für eine Beendigung von OEF einzusetzen. Das heißt auf jeden Fall: keine weitere Beteiligung der KSK an OEF. Zudem ist die rechtliche Begründung der Fortführung dieses Militäreinsatzes nach Artikel 51 der VN-Charta zum Selbstverteidigungsrecht durch die USA inzwischen umstritten. Sollte es stichhaltige Gründe für die fortgesetzte Seeraumüberwachung am Horn von Afrika geben, dann braucht es dafür ein entsprechendes UN-Mandat.

( Abstimmung )

ISAF fortsetzen

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützen das ISAF-Mandat als Assistenz zum Wiederaufbau. Der UN-mandatierte Einsatz ist für eine Absicherung des zivilen Wiederaufbaus notwendig. In der jetzigen Situation kann der Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan keine Lösung sein. Die erzielten Erfolge würden damit gefährdet, Afghanistan in einen Bürgerkrieg gestürzt und Millionen Menschen in die Flucht getrieben.

( Abstimmung )

Tornado-Mandat

Die Frage, ob wir den Plänen der Bundesregierung zum Tornadoeinsatz im Rahmen von ISAF im Bundestag zustimmen oder nicht, ist seit dem Frühjahr innerhalb von Partei und Fraktion umstritten. Es gab für beide Positionen gute Begründungen. Die bisherige Diskussion und die Situation vor Ort spricht aus Sicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für/gegen einen weiteren Tornado-Einsatz.

( Abstimmung )

Zum Mandat der Bundesregierung

Die Absicht der Bundesregierung, bei der Abstimmung im Bundestag zum einen das bisherige ISAF-Mandat und das bisherige Tornado-Mandat zusammenzufassen und zum anderen die Entscheidung über das OEF-Mandat zu verschieben, kompliziert den Entscheidungsprozess statt ihn klarer zu machen. Es ist offenkundig, dass bei diesem Vorgehen taktische Gründe - insbesondere parteitaktische - eine große Rolle spielen. 74 Abgeordnete der Koalition hatten im März gegen die Entsendung der Tornados nach Afghanistan gestimmt. Diese Stimmenzahl soll offenkundig durch die Zusammenfassung der Mandate reduziert werden.

Was in der Sache für die Zusammenlegung von ISAF-Mandat und Tornado-Mandat sprechen könnte, hat die Bundesregierung bisher nicht ernsthaft versucht darzulegen. Jedenfalls wird es aber auf diese Weise unmöglich gemacht, im Bundestag ausdrücklich dem ISAF-Mandat zuzustimmen und zugleich ausdrücklich das Tornado-Mandat abzulehnen, wie es im Frühjahr nicht wenige Grüne Abgeordnete getan haben.

Die Verschiebung der OEF-Abstimmung ist nur erklärbar aus der Absicht der Koalitionsführung, entgegen unserer Argumente für einen durchgreifenden Strategiewechsel und entgegen wachsender Einwände in ähnlicher Richtung aus der SPD, am OEF-Einsatz festzuhalten und dafür auf dem SPD-Parteitag eine Mehrheit herbeizuführen. Wir kritisieren nicht, dass auch die SPD auf einem Parteitag diskutiert, aber das offensichtlich angestrebte „weiter-so“ bei OEF werden wir nicht akzeptieren.

Wir fordern daher die Bundestagsabgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf, bei der im Oktober anstehenden Mandatsabstimmung ein Abstimmungsverfahren zu wählen, das geeignet ist, unsere inhaltliche Position in den vier entscheidenden Punkten zugleich deutlich zu machen: Einen dringenden und umfassenden Strategiewechsel; das Ja zur Fortsetzung von ISAF; die kritische Haltung, die es in unserer Partei zum Tornadoeinsatz gibt; das Nein zu OEF.

Die BDK muss entscheiden, ob eine Enthaltung der Bundestagsfraktion geeignet ist, unsere prinzipielle Unterstützung für ISAF als Absicherung des zivilen Wiederaufbaus und gleichzeitig unsere Unzufriedenheit mit dem Kurs der Bundesregierung und ihres taktischen Manövers auszudrücken.

Die Zeit drängt. Wir sind überzeugt, dass sich das Zeitfenster für den von uns seit letztem Jahr verlangten Strategiewechsel in Afghanistan zu schließen droht. Immer wieder den Strategiewechsel zu fordern, beziehungsweise immer wieder den Strategiewechsel zu versprechen, ohne dass er in der Realität auch tatsächlich stattfindet, funktioniert nicht. Angesichts der schwierigen Entwicklung in Afghanistan werden wir uns nicht zu zuviel Geduld hinreißen lassen. Der Strategiewechsel, den wir fordern, muss eher in den nächsten zwei als in den nächsten vier Jahren einen Erfolg zeigen, wenn ein Erfolg überhaupt gelingen soll. Wer zögert, diesen Strategiewechsel zu realisieren, trägt schwere Verantwortung für ein insgesamt drohendes Scheitern des von uns unterstützten Afghanistan-Engagements.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden auch weiterhin die künftige Entwicklung in Afghanistan kritisch, kontrovers und konstruktiv begleiten. Bei aller innerparteilichen Kontroverse sind wir uns einig in der Forderung nach einem entschiedenen Strategiewechsel. Wir stehen gegenüber den Menschen in Afghanistan, gegenüber den deutschen zivilen Helferinnen und Helfern, Polizistinnen und Polizisten sowie gegenüber den Soldatinnen und Soldaten in der Verantwortung. Wir werden die Politik der Bundesregierung daran messen, ob der erforderliche Strategiewechsel tatsächlich umgesetzt wird. Unser oberstes Ziel ist es, den Frieden in Afghanistan zu fördern.

Quelle: Website der Partei der GRÜNEN; www.gruene.de


Hier geht es zu einem Offenen Brief der Friedensbewegung an den Grünen-Parteitag: "Jede/r kann heute wissen, worum es geht und worüber er/sie entscheidet"


Zurück zum Dossier "Bundeswehr raus aus Afghanistan!"

Zur Seite "Friedensbewegung"

Zur Afghanistan-Seite

Zurück zur Homepage