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Von Friedrichshafen bis Kiel: Ostermärsche bei kühlen Temperaturen

Weitere Presseberichte zu den Osteraktivitäten 2012 der Friedensbewegung


Im Folgenden dokumentieren wir eine weitere Auswahl von Medienberichten über die diesjährigen Ostermärsche. Teil 1 unseres Pressespiegels können Sie hier lesen: Pressespiegel.
Die nachfolgenden Berichte beziehen sich auf:

350 Friedensaktivisten beim Kasseler Ostermarsch

Von Ulrike Pflüger-Scherb

Kassel. Günter Grass habe bereits vor zehn Jahren mit seiner Äußerung recht gehabt, dass es sich bei der Nato um eine „mafiöse Veranstaltung“ handele.

Das war die einzige Äußerung, die der Friedensaktivist Eugen Drewermann am Ostermontag bei seiner Rede vor dem Kasseler Rathaus zur umstrittenen Israel-Kritik des Schriftstellers und Friedensnobelpreisträgers machte.

Den U-Boot-Verkauf an Israel bezeichnete er zudem als „Schande“. Vereinzelte Demonstranten zeigten darüber hinaus ihre Solidarität mit dem Israelkritiker, indem sie Schilder um den Hals trugen mit der Aufschrift: „Grass hat Recht“.

Rund 350 Menschen nahmen nach Schätzungen der Polizei gestern Vormittag bei kühle Temperaturen am Kasseler Ostermarsch teil. Die Einschätzung von Veranstalter Peter Strutynski (Kasseler Friedensforum), der 600 Gäste begrüßte, schien doch übertrieben zu sein. „Sie haben nicht nur unsere Köpfe, sondern auch unsere Herzen getroffen“, sagte Strutynski zu Drewermann, nachdem dieser über 40 Minuten ohne Manuskript gesprochen hatte. Wortgewaltig.

Drei Forderungen formulierte Drewermann: Endlich raus aus Afghanistan, raus aus der Nato und Nein zur Umformung der Bundeswehr zu einer Berufsarmee. Dort seien „Berufskiller“ am Werk, die für das Töten bezahlt würden.

Und der Friedensaktivist und Kirchenkritiker aus Paderborn rechnete ab: Mit den USA und ihren Präsidenten Bush und Obama („Die US-Armee macht, was sie will“), deutschen Politikern (Fischer, Schröder, Genscher, Kinkel, zu Guttenberg), den Medien, die in der Hand der Politiker und für die „Wahrheitsfälschung“ verantwortlich seien, den Parteien (außer den Linken) und der UNO, die nur „ein Spielball der amerikanischen Interessen“ sei.

In Deutschland würden Jahr für Jahr 35 Milliarden Euro für Rüstung „verplempert“, prangerte Drewermann an. Für soziale Zwecke fehle hingegen das Geld. 1989 habe Michail Gorbatschow mit der Auflösung der Sowjetunion und des Warschauer Paktes vorgeschlagen, auch die Nato abzuschaffen. Das sei damals verpasst worden. Seitdem habe sich die Nato in eine „Angriffsarmee“ verwandelt und Kriege auf dem Balkan, im Irak, in Afghanistan und Libyen geführt.

Drewermann warnte vor einem Krieg mit dem Iran. „Der Iran hat bis heute keine Atombombe.“ Anders als Israel, das über 200 bis 400 nukleare Sprengkörper verfüge. Wenn der Iran nicht permanent durch US-amerikanische und israelische Atombomben bedroht würde, dann käme man dort gar nicht auf die Idee, ebenfalls Atombomben anschaffen zu müssen.

Der Applaus der Friedensaktivisten war Drewermann gewiss. Vom Schlachthof und dem Bebelplatz waren die Demonstranten am Vormittag zum Rathaus marschiert. Der Zug aus dem Kasseler Westen hatte Station im Mahnmal für die Opfer des Faschismus gemacht. In diesem Jahr gedachte Rolf Wekeck des KPD-Gemeindevertreters Traugott Eschke, an den auch der erste Kasseler Stolperstein erinnert.

(HNA, 10. April 2012)


Friedrichshafen „Rüstungsfreie Zone“ verlangt

Von GISELA KELLER

Am Ostermontag zogen etwa 270 Teilnehmer der Aktion „Friedensweg 2012“ vom Fährhafen durch die Innenstadt Richtung MTU und forderten einen Stopp von Rüstungsproduktion und Waffenhandel. In der Abschluss-Veranstaltung riefen sie zur Einrichtung einer „Rüstungsfreien Zone Bodensee“ auf.

Etwa 40 unterschiedliche Organisationen der Friedens- und Menschenrechtsbewegung aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, darunter christliche Kirchen, Gewerkschaften, Parteien, Amnesty International und Attac, hatten gemeinsam zu diesem Friedensmarsch am See aufgerufen.

„Der Tod ist ein Meister vom Bodensee“, riefen die Demonstranten auf ihrem Weg durch Friedrichshafen. Sie meinten damit ein rundes Dutzend Unternehmen rund um den See, die Rüstungsgüter herstellen und exportieren. In Sichtweite der MTU kritisierte Jürgen Grässlin, Träger des Aachener Friedenspreises 2011, in seiner Ansprache scharf deren Geschäfte mit Antrieben für Militärfahrzeuge, Panzer und Marine-Schiffe. Grässlin warf der MTU weiter vor, Kooperationsverträge mit dem chinesischen Rüstungsunternehmen Norinco abgeschlossen zu haben. „Verwerflicher geht Rüstungsproduktion und Waffenhandel wirklich nicht“ drückte er seine Meinung und dem Beifall nach auch die Meinung vieler Demonstranten zu diesem Punkt aus.

Auch auf der Homepage der MTU seinen „ziemlich verräterische Sätze“ zu finden. „Mit mehr als 60 Jahren Erfahrung in militärischen Anwendungen sei die MTU erste Wahl, wenn es um den Antrieb gepanzerter Fahrzeuge gehe“, werbe man dort zum Beispiel. Bereits das Hitler-Regime habe also auf MTU bauen können und auch heute könnten die Diktatoren dieser Welt genau die Motoren bekommen, die sie für ihre Kriegsmaschinerie benötigten. So werbe man auch damit, fast alle Marinen der Welt ausgerüstet zu haben. Exemplarische verwies Grässlin darauf, dass MTU-Motoren in Marineschiffen zum Beispiel in Bahrein, Ägypten und in Saudi-Arabien, einer der „schlimmsten Diktaturen auf der Welt“ eingesetzt würden.

Auch Schiffe weiterer Marinen des Mittleren und Nahen Ostens, „einem Pulverfass ohne gleichen“, seien mit MTU-Motoren ausgerüstet. Geradezu zynisch sei außerdem, dass MTU sowohl die Gegner Indien und Pakistan als auch China und Taiwan mit Motoren beliefere. Auch zur katastrophalen wirtschaftlichen Situation Griechenland trage dessen weiterhin riesiger Rüstungsetat bei. MTU sei ein „unterschätzter Rüstungsriese“, weil seine Produkte nicht so sichtbar seien, wie die anderer Unternehmen.

Günther Grass werde zu Unrecht dafür kritisiert, dass er gesagt habe, es dürfe nicht sein, dass Israel U-Boote bekomme. Auch die Motoren dieser U-Boote kämen aus Friedrichshafen, genauso wie die der Panzer vom Typ Leopard II, die bald nach Saudi-Arabien geliefert werden sollten, einem Land, in dem Christen fürchten müssten, öffentlich hingerichtet zu werden, wenn sie Bibeln bei sich hätten.

In der Abschlussveranstaltung im Gemeindesaal von St. Nikolaus riefen die Veranstalter dazu auf, die Bodenseeregion zur „Rüstungsfreien Zone“ zu erklären und die freiwerdenden Kapazitäten auf zivile Produkte umzustellen.

(Südkurier, 10. April 2012)


Kieler Ostermarschierer gegen U-Boot-Bau

Der andauernde Krieg in Afghanistan, die Kriegsdrohungen gegen den Iran und Syrien und der U-Boot-Bau in Kiel: Diese Themen prägten am Sonnabend den Kieler Ostermarsch. Gewerkschaften, Kirchen, Friedensgruppen, Organisationen wie die Ärzte gegen den Atomkrieg uns attac, Die Linke, die DKP hatten zu der Demonstration aufgerufen, die in Deutschland seit über 50 Jahren zum Osterwochenende gehört und bundesweit an etwa 80 weiteren Orten stattfand. In Kiel trat Wolfgang Erdmann von der Industriegewerkschaft Metall als erster Redner auf und forderte unter dem Beifall der Ostermarschierer „Frieden made in Germany“ statt ungehemmter Rüstungsexporte.

"Es ist nicht akzeptabel, wenn aus Deutschland U-Boote in Spannungsgebiete geliefert werden, z. B. U-Boote nach Israel, wobei die U-Boote der Dolphin-Klasse, die hier in Kiel auf den zum ThyssenKrupp-Konzern gehörenden HDW produziert werden, auch noch mit atomar bestückten Marschflugkörpern ausgerüstet werden könnten. Drei dieser U-Boote wurden bereits geliefert, zwei sind fast fertig, und ein sechstes wurde im März 2012 genehmigt, wobei sich der deutsche Staat mit 135 Millionen Euro an den Kosten beteiligen will. Produktion, Lieferung und die finanzielle Unterstützung mithilfe von Steuergeldern verschärfen die Spannungen in dieser hochexplosiven Region des Nahen und Mittleren Ostens.

Aber was passiert dann mit den Arbeitsplätzen in der Rüstungsindustrie? Ich habe mich mein Leben lang als Betriebsrat und Gewerkschafter aktiv für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen eingesetzt. Aber der Erhalt von Arbeitsplätzen muss mit den Werten der Arbeiterbewegung in Einklang zu bringen sein. Krieg zwischen den Völkern, Militarisierung im Innern und nach außen – das ist das letzte, was wir brauchen. Und immer war es der zähe, mühsame Kampf der Betriebsräte und Gewerkschaften, den Beschäftigten wieder eine Perspektive zu geben. In der Rüstungsindustrie heißt die Perspektive „Konversion“. Dass Konversion möglich ist, beweisen die vielen gelungenen Beispiele im kommunalen Bereich nach Standortschließungen"

Dass HDW den Auftrag zum Bau eines atomar bestückbaren U-Boots für Israel erhalten hat, bezeichnete auch der ehemalige Superintendent Klaus Looft als Bärendienst am Frieden. Immer noch sei der Tod „ein Meister aus Deutschland“, befand Looft, ein berühmtes Gedicht von Paul Celan zitierend.

Bernd Meimberg, der für den Zusammenschluss der Friedensgruppen in Schleswig-Holstein sprach, kritisierte neben dem U-Boot-Projekt auch die geplante Stationierung von Großdrohnen mit 40 Metern Spannweite in Jagel. Durch diese hochleistungsfähigen Flugobjekte, die binnen kurzer Zeit Ziele in aller Welt erreichen könnten, drohe Schleswig-Holstein ein Angriffsziel bei Auseinandersetzungen „mit wem auch immer“ zu werden, mahnte Meimberg.

Frank Thurow als Vertreter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft schilderte den mühevollen Kampf von Lehrern, Schülern und Eltern gegen die Bundeswehrwerbeoffensive an den Schulen. Obwohl es in Schleswig-Holstein bisher keine Kooperationsvereinbarung zwischen Kultusministerium und Bundeswehr gibt, sind Schulbesuche der Jugendoffiziere trotzdem gängige Praxis. Hiergegen gelte es vor Ort gemeinsam aktiv zu werden.

Uwe Stahl von Attac verlas die Erklärung der Veranstalter des Kieler Ostermarsches, in der die sofortige Stilllegung der Kieler U-Boot-Produktion für Israel gefordert wird. "Eine Befriedung dieser spannungsreichen Region verbietet jeglichen Waffenexport dorthin; deshalb: keine Auslieferung der U-Boote an Israel; sofortige Aufnahme von Verhandlungen im Nahen und Mittleren Osten."

Die DKP Kiel schrieb in einer Extra-Ausgabe ihres "backbords", die im Vorfeld des Ostermarsches auch vor der HDW verteilt wurde:

"In unserer Stadt ist der Militarismus allgegenwärtig, viele Arbeitsplätze hängen ab von der Profiterwartung der Rüstungskonzerne. Besonders im maritimen Bereich. ThyssenKrupp konzentriert sich wieder ganz auf den Bau von Kriegsschiffen und U-Booten. Die Lieferung erfolgt ohne Skrupel auch in Krisen- und Kriegsgebiete. Das hoch verschuldete Griechenland wurde zur Abnahme von U-Booten als Voraussetzung weiterer Kreditgewährung gedrängt. Zur Zeit soll vor allem die israelische Kriegsmarine beliefert werden.

Die Beschäftigten des Marinearsenals freuen sich, dass im Zuge der Bundeswehrreform nun doch nicht alle ihre Arbeitsplätze in Kiel wegfallen sollen. Sie kämpfen weiter um den Erhalt so vieler Arbeitsplätze wie möglich. Das ist vollkommen verständlich. Bedauerlich nur, dass sie den Sinn ihres Tuns, ihrer Dienstleistung für einen Militärapparat, der sich auf den verstärkten und effektiveren Einsatz in aller Welt vorbereitet, nicht oder nicht konsequent in Frage stellen.

Mehr als bedauerlich, wenn Gewerkschaftsorganisationen ihnen hier auch keine Orientierung geben, die die Umstellung auf Friedensproduktion zum Inhalt hat. Kämpft für den Erhalt eurer Betriebe durch öffentliche Aufträge unabhängig von der Bundeswehr! Kämpft gemeinsam, gewerkschaftsübergreifend für die Umstellung auf Friedensproduktion! Gegen die Rüstungs- und Kriegspolitik der Bundesregierung. Kämpft für weitere Schritte der Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich mit dem Ziel der 30-Std.-Woche!"

Quelle: www.kommunisten.de (Website der DKP)


Über 500 Teilnehmende bei Ostermarsch in München

Auffällig viele selbstgemalte Schilder bezogen sich zustimmend auf das jüngste Gedicht von Günter Grass, in dem dieser vor einem Erstschlag gegen den Iran warnt. Auf der Abschlusskundgebung auf dem Münchner Sendlinger Tor Platz sprachen Claudia Haid von der Informationsstelle Militarisierung in Tübingen, Linda Schneider von verdi München und Lukas Baumgartner vom antimilitaristischen Bündnis München. Michaela Dietl und Monika Straube von den “Münchner Quetsch´nweibern” (Quetsch´n = Ziehharmonika) und die Truderinger Friedensfrauen sorgten mit Musik und Politsatire für gute Stimmung angesichts der nasskalten Witterung.

Ein Höhepunkt der Abschlusskundgebung war das Verlesen des Gedichtes “Was gesagt werden muss” von Günter Grass durch den Schauspieler und Rezitator Jürgen Jung. Alle die dieses versäumt haben, weil sie durchgefroren schon eher die Kundgebung verließen, haben etwas verpasst, können den Text und Kommentar dazu von Jürgen Jung nachlesen auf www.muenchner-friedensbuendnis.de

(Walter Listl)


Über 200 beim Ostermarsch 2012 in Landshut

“Im Krieg ist die Wahrheit immer das erste Opfer” war das Motto des diesjährigen Ostermarsches im bayerischen Landshut, zu dem über 200 Menschen kamen. Aufgerufen hat die Landshuter Friedensinitiative, die auf 25 Jahre aktive Arbeit zurückblicken kann. Die Sprecherin Brigitte Rasch wies in der Eröffnungsrede darauf hin, dass die Wahrheit bereits lange vor dem Krieg Opfer der Kriegspropaganda wird, während Kriege vorbereitet werden wie derzeit gegen den Iran, der ebenso wie Syrien ins Visier der Kriegsstrategen genommen wird.

Deutschland ist als weltweit drittgrößter Waffenexporteur aktiv an Kriegen und dem Schüren von Spannungen beteiligt. so die Sprecherin. Deshalb wende sich dieser Ostermarsch gegen alle Waffenexporte der BRD, vor allem gegen die Lieferung von U-Booten an Israel.

Auf der Abschlussveranstaltung auf dem historischen und malerischen Landshuter Marktplatz wurden 5 Kriegslügen in einer szenischen Darstellung entlarvt. Michaela Dietl und Monika Straube von den “Quetschenweibern” sowie eine kleine Sambagruppe gestalteten ein musikalisches Rahmenprogramm.

Fahnen von Einzelgewerkschaften, der Partei Die Linke, der DKP, der Jusos und die Regenbogenfahnen der Friedensbewegung erregten große Aufmerksamkeit der in der Landshuter Fußgängerzone flanierenden Osterspaziergänger, die an Ständen der Friedensbewegung mit Kaffee und Kuchen aber auch mit Infomaterial versorgt wurden.

(Walter Listl)


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