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"Das Arbeitsplatzargument lasse ich nicht gelten"

Düsseldorfer Friedensbewegung und Linke machen gegen Rüstungsexporte mobil. Ein Gespräch mit Lutz Pfundner *


Lutz Pfunder ist Spitzenkandidat der Düsseldorfer Linkspartei bei der am 25. Mai stattfindenden Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen.


Am 3. Mai findet in Düsseldorf ein »antimilitaristischer Stadtrundgang« mit Kundgebung statt. Dabei haben Sie insbesondere den Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall im Visier. Was werfen Sie dem Konzern vor?

Rheinmetall ist der zweitgrößte deutsche Rüstungskonzern und maßgeblich, gemeinsam mit Krauss-Maffei Wegmann, an Produktion und Export des »Leopard-2« beteiligt. Das Unternehmen hat keine Skrupel, diesen Panzer an Diktaturen wie Saudi-Arabien oder Katar zu liefern. Darüber hinaus liefert Rheinmetall Waffen nach Nordafrika, in den Nahen und Mittleren Osten, nach Indonesien, Thailand und Malaysia.

Wegen Lizenzbauten in diversen Ländern läßt sich nicht kontrollieren, wo in der Welt mit Waffen von Rheinmetall getötet wird. Etwa 50 Prozent des Umsatzes dieses Konzerns wird durch die Sparte »Defence« – das ist die Rüstungsproduktion – erzielt. Das waren im vergangenen Jahr 2,1 Milliarden Euro. Die Protestveranstaltung gegen Rheinmetall steht beispielhaft für unsere Forderung, Rüstungsexporte grundsätzlich zu verbieten.

Die Beschäftigten der Firma dürften von einem Rüstungsexportverbot nur wenig begeistert sein. Wie wollen Sie diese von Ihrer Position überzeugen?

Durch den Export von Waffen werden und wurden Millionen Menschen getötet. Das ist ein Produktionszweig, bei dem ich das Arbeitsplatzargument nicht gelten lasse. Natürlich müssen in anderen Branchen Arbeitsplätze geschaffen werden. In Düsseldorf sind z.B. etwa 1000 Planstellen der Stadt nicht besetzt. Die Beschäftigen der Rüstungsindustrie sind hochqualifiziert, sie sollten ihr Können für die Entwicklung und Herstellung friedlicher Produkte einsetzen.

Wie soll der Protestmarsch ablaufen?

Veranstalter ist die Initiative »Legt den Leo an die Kette«. Meine Partei, die Linke, unterstützt die Aktion und ruft mit dazu auf. Wir betrachten uns als Teil der außerparlamentarischen Bewegungen – auch wenn wir in Stadträten oder Parlamenten vertreten sind. Dort ist es unsere Aufgabe, die Forderungen der außerparlamentarischen Organisationen aufzugreifen und möglichst umzusetzen.

Wir beginnen um 13.00 Uhr auf dem Schadowplatz mit einer Auftaktkundgebung, dann werden wir mit einem Protestzug, begleitet von einer Sambagruppe, zur Börse marschieren und über die Kö in die Altstadt zurück zum Schadowplatz. Unterwegs werden wir kleinere Kundgebungen abhalten und Informationen verteilen. Ziel ist es, die Bevölkerung über die todbringenden Geschäfte des Konzerns zu informieren.

An diesem Wochenende findet auch in Nordrhein-Westfalen der Ostermarsch statt, am Sonnabend in Düsseldorf selbst. Teile der Linksfraktion im Bundestag haben sich kürzlich bezüglich des Bundeswehreinsatzes zur Vernichtung von Chemiewaffen aus Syrien enthalten bzw. sogar zugestimmt. Rechnen Sie aufgrund dessen mit Gegenwind bei den traditionellen Friedensmärschen?

Ich hoffe nicht. In unserem Grundsatzprogramm haben wir festgelegt, daß wir uns nicht an Auslandseinsätzen beteiligen. Das muß prinzipiell gelten. Wenn wir erst einmal anfangen zu überlegen, ob es um eine »gute« Sache geht, öffnen wir eine Tür zu gefährlichem Terrain. Denn wer entscheidet, was eine gute und richtige Sache ist? Nein – die Bundeswehr hat außerhalb Deutschlands nichts verloren.

Es ist auch eine Illusion zu glauben, so könne man koalitionsfähig für Rot-Rot-Grün werden. SPD und Grüne werden immer verlangen, daß wir einer sogenannten »Internationalen Verantwortung« gerecht werden, oder – anders ausgedrückt – daß wir Kriegs­einsätze mittragen.

Es war falsch, sich zu enthalten oder gar zuzustimmen. Das hat auch die große Mehrheit der Fraktion so gesehen und mit »Nein« gestimmt. Ich hoffe, daß das Vertrauen in uns als Antikriegspartei darunter nicht gelitten hat. Und ich hoffe auch, daß alle Friedensfreunde in der Partei jetzt um so konsequenter gegen Auslandseinsätze und gegen Rüstungsexporte kämpfen.

Interview: Markus Bernhardt

* Aus: junge Welt, Samstag 19. April 2014


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