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Tausende gegen Gauck

Demonstration zum Schloss Bellevue gegen Krieg und Militarismus. Kritik an Breite des Bündnisspektrums

Rund 3.500 Menschen haben am Sonnabend in Berlin gegen Krieg und Militarismus demonstriert. Auch in anderen deutschen Städten, so in Bochum und München, fanden Kundgebungen gegen den Kurs der Bundesregierung und für den Frieden statt. Die Aktionen waren der Auftakt des »Friedenswinters«, der zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai 2015 in eine zentrale Großdemonstration in Berlin münden soll.

Der Zug in Berlin bewegte sich am Sonnabend vom Hauptbahnhof zum Schloss Bellevue, dem Amtssitz von Bundespräsident Joachim Gauck. Gegen dessen Forderungen nach »mehr Verantwortung« Deutschlands in der Welt richteten sich zahlreiche Parolen der Demonstranten, unter anderem »Gauck, Gauck, der nichts taugt - außer für den Kriegsklamauk!« Der Protest zeigte sich auch in Schuhen, die auf die Rasenfläche vor dem Schloss geworfen wurden.

Zum Auftakt unterstrich Reiner Braun vom Aktionsbündnis Friedenswinter in einem Redebeitrag den antifaschistischen Charakter der Demonstration und betonte, dass nationalistische Inhalte und rassistische Slogans nicht geduldet würden. Im Zug selbst waren keine rechten Plakate oder Flugblätter wahrzunehmen, es dominierten vielmehr Fahnen der Linkspartei, der DKP, von einzelnen Gewerkschaften wie der GEW oder von ATTAC.

Der Theologe Eugen Drewermann, der die Hauptrede bei der Abschlusskundgebung hielt, forderte unter großem Applaus den Austritt Deutschlands aus der NATO, »dem aggressivsten Bündnis, das die Welt je gesehen hat«, und die »Abschaffung der Bundeswehr«. Eine Gruppe von Pro-Kiew-Demonstranten, die ein »Solidarity for Ukraine«-Transparent hochhielten, blieb unbehelligt - selbst als sie die Kundgebungsreden mit provokativen Zwischenrufen störten.

Im Vorfeld der Demonstrationen hatte es Auseinandersetzungen um die Breite des Bündnisses gegeben. Neben Organisationen der traditionellen Friedensbewegung wie den Ärzten für die Verhütung eines Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) oder Pax Christi gehörten dem Aufruferkreis auch Vertreter der im Frühjahr entstandenen »Montagsmahnwachen« an, die mitunter eine nationalistische Schlagseite aufwiesen. Organisationen wie die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) hatten deshalb ihre Unterstützung zurückgezogen.

Im Anschluss an die Manifestation zog Aktivistin Laura von Wimmersperg von der Berliner Friedenskooperation gegenüber jW eine positive Bilanz: »Die Zusammensetzung der Teilnehmer erinnert an Friedensbewegung in den 80er Jahren.« Auch das Aktionsbündnis Friedenswinter zeigte sich in einer Presseerklärung vom Sonnabend »höchst zufrieden mit Teilnahme und Beiträgen« auf der Demonstration.

* Aus: junge Welt, Montag, 15. Dezember 2014


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