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Nukleare Abrüstung, NATO und Bundesregierung

Erklärung von IALANA und INES

IALANA-Juristen und Juristinnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen - Für gewaltfreie Friedensgestaltung
Deutsche Sektion der International Association Of Lawyers Against Nuclear Arms

I N E S - International Network of Engineers and Scientists for Global Responsibility

Pressemitteilung

Nichtregierungsorganisationen IALANA und INES enttäuscht über Ergebnisse zur nuklearen Abrüstung beim NATO-Frühjahrsgipfel in Florenz

Aufforderung an die Bundesregierung beim Besuch Präsident Clintons in Berlin, eindeutige Ablehnung des amerikanischen nationalen Raketenabwehrsystems auszudrücken
Marburg, 30. Mai 2000

Am 20. Mai diesen Jahres endete die Überprüfungskonferenz zum Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV) mit einem von allen Staaten unterschriebenen Abschlussdokument, worin u.a. die eindeutige Verpflichtung zur vollständigen Abschaffung der Atomwaffenarsenale hervorgehoben wurde.

Folglich hätte die NATO ihre Nuklearstrategie in der ersten NATO-Konferenz nach der NVV-Konferenz auf ihre Vereinbarkeit mit den Regelungen des NVV überprüfen müssen. Die Bundesregierung hätte Gelegenheit gehabt darzustellen, welchen positiven Beitrag sie im Prozeß der nuklearen Abrüstung sowohl aus völkerrechtlicher Verpflichtung als auch aufgrund ihrer im Koalitionsvertrag fixierten Regierungspolitik zu leisten bereit ist. Wiederholt ist u.a. von Seiten der Nichtregierungsorganisationen auf die Verstösse der NATO-Nuklearstrategie gegen geltendenes Völkerrecht hingewiesen worden, denn die NATO:
  • hat im April 1999 ihre Nuklearstrategie bekräftigt und durch neue Direktiven ausgeweitet. Sie besteht in ihrer Nukleardoktrin auch für die Zukunft auf der Notwendigkeit von Atomwaffen und weist diesen auf unabsehbare Zeit eine "wesentliche Rolle" in der Gesamtstrategie des Bündnisses zu. Das ist mit dem Atomwaffensperrvertrag nicht vereinbar.
  • lehnt jeden Verzicht auf einen möglichen Einsatz von Atomwaffen in einem militärischen Konflikt strikt ab ,
  • behält sich sogar den atomaren Ersteinsatz von Atomwaffen vor, und
  • richtet ihre nukleare Drohung neuerlich auch gegen Nicht-Atomwaffenstaaten.

Die Bundesregierung hatte die Chance beim NATO-Frühjahrsgipfel mit gutem Beispiel voranzugehen und die Entwicklung eines kontrollierbaren Zeitplans zur vollständigen nuklearen Abrüstung bis zum nächsten NATO-Gipfel einzufordern und ihrerseits Schritte zur nuklearen Abrüstung mit nachfolgenden Maßnahmen einzuleiten:
  1. Aufgabe der "nuklearen Teilhabe" , die mit dem völkerrechtlich wirksamen Verzicht Deutschlands auf jede unmittelbare oder mittelbare Verfügungsgewalt über Atomwaffen nicht vereinbar ist.
  2. Schnellstmögliche Beseitigung der in Deutschland und anderen europäischen
  3. Einleitung einer Initiative zu einer "nuklearwaffenfreien Zone Europa".

Die Bundesregierung hätte, um ein neues nukleares Wettrüsten zu verhindern, gegenüber den USA unmissverständlich ihre Ablehnung des geplanten nationalen Raketenabwehrsystems zum Ausdruck bringen und die USA sowohl zur unverzüglichen Ratifizierung des Atomteststoppvertrags (CTBT) als auch des START II Vertrages und zu Verhandlungen über START III drängen müssen.

Da weder die NATO-Staaten noch die Bundesregierung die relevanten Punkte des NVV-Vertrages zum Gegenstand der Beratungen gemacht haben, stellt sich die Frage, inwieweit Verpflichtungen des Vertrages an substantiellen Punkten wirklich ernst genommen werden und ob man sich jetzt schon auf ein "weiter so wie bisher" geeinigt hat, was mit Sicherheit kein Beitrag zur Stabilisierung des Weltfriedens bedeutet.

Beim Besuch von Präsident Clinton in Berlin hat die Bundesregierung erneut die Chance, das friedensgefährdende nationale Raketenabwehrsystem der USA anzusprechen und dem "großen Bruder" von diesem sicherheitspolitischen Amoklauf abzuraten. Falls auch dies nicht geschehen sollte, würde sich die Bundesrepublik Deutschland als Akteur im Prozess nuklearer Abrüstung und der Verhinderung eines neuen nuklearen Wettrüstens verabschieden.

Dietmar Göttling
-Geschäftsführer-
IALANA
gez. Reiner Braun
-Geschäftsführer-
INES


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