Deutsche Soldaten und die Zwangsprostituierten in Makedonien
Eine Stellungnahme von Winni Nachtwei MdB
Am 19. Dezember 2000 übermittelte uns Winni Nachtwei folgende Stellungnahme:
Die im ARD-Weltspiegel am 17.12.2000 erhobenen Vorwürfe, wonach hunderte
deutsche Soldaten des 3. KFOR-Kontingents (abgelöst im Juni 2000) in
Mazedonien Bordelle mit Minderjährigen und Zwangsprostituierten besucht
haben sollen, sind alarmierend, müssen rückhaltlos aufgeklärt und ggfs.
strafrechtlich verfolgt werden.Die Stellungnahme des Bundesministeriums
der Verteidigung vom 17.12.2000 ist unter diesen Umständen nicht
akzeptabel.
Es handelt sich hier nicht um Kavaliersdelikte, sondern um Straftaten,
die gegen die Menschenwürde verstossen.
Wenn es zudem stimmt, dass Vorgesetzte über das Verhalten der Soldaten
Bescheid wussten, dann würde das gravierende Mängel bei der
Dienstaufsicht und Inneren Führung verdeutlichen.
Von der mazedonischen Regierung erwarten wir, dass sie unter Anwendung
der eigenen Gesetzgebung Bordelle schließt, in denen Minderjährige und
Zwangsprostituierte zur Prostitution gezwungen werden.
Unabhängig von dem konkreten Ergebnis der Untersuchungen ist ein
politisches Versäumnis offenkundig: Das Thema Sexualität bei
Auslandseinsätzen wurde und wird bei der sonst so bewährten Vorbereitung
auf diese Einsätze von der militärischen und politischen Führung
tabuisiert und verdrängt.
Als ich im Verteidigungsausschuss im Februar 2000. beim Thema
"Betreuungskonzept für Soldaten bei Auslandseinsätzen" das kurz zuvor
erschienene ZEIT-Dossier über den Prostitutionsboom bei
Auslandseinsätzen ansprach ("Freier für den Frieden") und das Umgehen
der Bundeswehr damit erfragte, wurde das Thema Sexualität erstmalig im
Ausschuss andiskutiert. Die Wehrbeauftragte berichtete von den
Militärpfarrern, nach deren Aussage der Umgang mit der Sexualität ein
Hauptproblem bei Auslandseinsätzen sei, das aber völlig tabuisiert
werde. Zugleich wurde der Eindruck vermittelt, als hätten
Bundeswehrsoldaten dank anderer "Militärkultur" und fehlender
Ausgangsmöglichkeiten nichts mit der verbreiteten Prositution und erst
recht nicht ihren kriminellen Spielarten zu tun.
Mehrfach wurde seitdem in Parlament und Ausschuss über die Verlängerung
der Kontingentdauer von vier auf sechs Monate gestritten - das Thema
Sexualität und (Zwangs-)Prostitution wurde nicht mehr angesprochen.
Insofern nahmen auch die/wir zuständigen Abgeordneten ihre
Kontrollpflicht gegenüber der Bundeswehr unzureichend wahr.
Am 17. Januar wird der Verteidigungsausschuss über den Bericht des
Ministeriums und die notwendigen Konsequenzen beraten.
Winni Nachtwei
Stellvertretender verteidigungspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Arbeitsgruppe Frieden, Abrüstung , Verteidigung
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