Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Die Politik zivilisieren!

Aktionsrahmen 2001 für die Friedensbewegung

Die Friedensbewegung sieht sich mit der Rückkehr zur Strategie des Krieges als Mittel der Poli-tik konfrontiert. Kennzeichen dafür sind die deutsche Beteiligung am NATO-Krieg gegen Jugo-slawien, der gegenwärtige kostspielige Umbau der Bundeswehr in eine weltweit einsetzbare In-terventionsarmee und die Umwandlung der Europäischen Union in ein interventionsfähiges Mi-litärbündnis. Das von den USA geplante Raketenabwehrsystem droht eine neue atomare Rüs-tungsspirale auszulösen. Zugleich verstärkt sich die Militarisierung im Innern. Beispielsweise werden zivile Bereiche wie Krankenhäuser, Krankenhauspersonal und diverse wirtschaftliche Dienstleistungen zu militärischen Zwecken genutzt. Gewalt gegen Minderheiten im Lande, Aus-länderhass, Rassismus und Antisemitismus nehmen zu.

Schwerpunkte

1. Interventionen gegen das Völkerrecht

Die neue völkerrechtswidrige Interventions-Strategie der NATO wurde im Krieg gegen Jugosla-wien erprobt und auf dem NATO-Gipfel in Washington im April 1999 offiziell beschlossen. Die NATO-Staaten behalten sich darin das Recht vor, überall auf der Welt militärisch zu intervenie-ren, wo sie ihre Interessen berührt sehen. Damit wird das Recht des Stärkeren wieder zur Grund-lage der inter-nationalen Beziehungen. Auf ihrem Treffen im April 2000 lehnten die Regierungs-vertreter der 133 blockfreien Staaten, die fünf Milliarden Menschen repräsentieren, diese "huma-nitären Interventionen" entschieden ab.

Auch umfassende Wirtschaftssanktionen, die in erster Linie die Zivilbevölkerung treffen, haben sich nicht - wie das Beispiel Irak und Jugoslawien zeigt - als zivile Alternative, sondern als Fort-setzung des Krieges mit anderen Mitteln erwiesen.

2. Offensivwaffen für die weltweite Kriegführung

Mit der Verdreichfachung der "Krisenreaktionskräfte" auf 150.000 Mann/Frau soll die Bundes-wehr fit gemacht werden, um zwei Kriege gleichzeitig für NATO und EU führen zu können. Für die 80.000 Soldaten starke EU-Eingreiftruppe stellt Deutschland mit 18.000 das stärkste nationale Kontingent. Durch Führung und Technik soll diese in Aufbau befindliche EU-Streitmacht von Deutschland dominiert werden.

Die Aufrüstung zur strukturellen Angriffsfähigkeit der Bundeswehr mit Offensivwaffen, wie Eu-rofigh-ter, Kampfhubschrauber "Tiger", Marschflugkörper "Taurus", Kampfdrohnen "Taifun", Fregatten und Korvetten soll in den nächsten 15 Jahren 210 Milliarden DM verschlingen.

Der deutsche Waffenexport hat sich im Jahre 1999 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdop-pelt. Von einer restriktiven Rüstungsexportpolitik kann keine Rede sein.

3. US-Raketenabwehr forciert das atomare Wettrüsten

Die Raketenabwehrpläne der USA richten sich nicht vornehmlich - wie vorgegeben - gegen die sogenannten Schurkenstaaten, sondern gegen die anderen Atommächte vor allem China und Ruß-land. Da ein solches Abwehrsystem die atomare wie die konventionelle Kriegsführungsfähigkeit der USA ausbauen würde, werden Gegenmaßnahmen der bedrohten Staaten provoziert. Die Er-geb-nisse der Abrüstungsabkommen der letzen Jahrzehnte werden in Frage gestellt, der ABM-Vertrag wird gebrochen.

4. Alternativen

Mit militärischen Mitteln sind keine politischen Probleme zu lösen, wie das Beispiel Jugoslawien erneut gezeigt hat. Erforderlich sind zunächst eine umfassende Abrüstung vor allem der hochge-rüsteten westlichen Staaten, die Stärkung nichtmilitärischer Konfliktlösungsansätze und ein Stopp des Rüstungsexports. Zivile Friedensdienste und zivile Friedensfachkräfte müssen zulasten des Verteidigungsetats ausgebaut werden.
Die beste Krisenprävention ist der Aufbau einer gerechten Weltwirtschaftsordnung in einer soli-darischen Welt.

Aktionsrahmen

Der Bundesausschuß Friedensratschlag empfiehlt den Friedensgruppen und -initiativen folgende Aktionsschwerpunkte:
  • Aktive Beteiligung am Kampf gegen rechtsradikale Gewalt, Rassismus und Neonazismus
  • Widerstand gegen die Umwandlung der Bundeswehr in eine Interventionsarmee und gegen die Militarisierung der Europäischen Union
  • Fortführung der Kampagne "Keine Panzer und keine Munitionsfabrik für die Türkei"
  • Internationale Solidarität mit den leidenden Menschen wie in Kurdistan und Palästina
  • Aktivitäten gegen Wirtschaftsembargomaßnahmen und andere Sanktionen, die vorwiegend die Zivilbevölkerung treffen (z.B. Irak)
  • Unterstützung der Kampagnen gegen die Errichtung des US-Raketenabwehrsystems und für atomare Abrüstung.

Zeitrahmen

17. Januar (bis Ende Februar)
10. Jahrestag des Golfkrieges
Aktivitäten zur Beendigung des Embargos (Mahnwachen, Info-Veranstaltungen usw)

30. Januar
Jahrestag der Machtübernahme des Nazi-Regimes
Aktionen gegen Rassismus und rechtsradikale Gewalt

24. März
2. Jahrestag des NATO-Krieges gegen Jugoslawien.
Mahnwachen, Demos, Infoveranstaltungen gegen NATO- Strategie, EU-Militarisierung und Umrüstung der Bundeswehr; "Europäischer Friedenskonvent" in Berlin

13.-16. April
Ostermärsche
Mögliche Schwerpunkte: Gegen Interventionsarmee, US-Raketenabwehr und Atomwaffen

1. Mai
Teilnahme an den Gewerkschaftsaktivitäten:
z.B. "Arbeit und Frieden", Rüstungsausgaben senken zugunsten sozialer Aufgaben

8. Mai
Jahrestag der Befreiung vom Faschismus
Aktionen zum Thema "Nie wieder Faschismus", Entschädigung für ehemalige Zwangsarbeiter, Gegen Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus

13.-16.Juni
Aktionen anläßlich des Evangelischen Kirchentages in Frankfurt am Main

17. Juni
Aktionsberatung der Friedensbewegung in Frankfurt a.M.

6. bzw. 9 August
Gedenken an die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki
Für die Ächtung und Abschaffung aller Atomwaffen; Gegen US-Raketenabwehrsystem

1. September
Antikriegstag
Aktionen in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, (Gegen Aufrüstungsprogramme, "Arbeitsplätze statt Truppenübungsplätze"; Aktionen gegen Rechts)

12./13. Oktober
Internationaler Aktionstag europäischer Friedensgruppen zum Treffen der europäischen Verteidigungsminister in Brüssel
Gegen Schnelle Eingreiftruppen der EU

1./2. Dezember
8. Friedenpolitischer Ratschlag in Kassel

Bundesausschuss Friedensratschlag, Kassel, den 3. Dezember 2000

Zurück zur Seite "Friedensratschlag 2000"

Zurück zur Homepage