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Willkür in Ägypten

Regierung stuft Muslimbruderschaft als "Terrororganisation" ein *

Nach einem blutigen Autobombenanschlag auf eine Polizeizentrale greift die ägyptische Übergangsregierung hart gegen die Muslimbruderschaft durch. Sie stufte am Mittwoch die islamistische Bewegung von Expräsident Mohammed Mursi als »Terrororganisation« ein. Obwohl sich eine Al-Qaida-nahe Gruppierung zu dem Anschlag bekannt hatte, machte Vizeregierungschef Hossam Eissa die Muslimbrüder dafür verantwortlich. Nach den Worten des Ministers für soziale Solidarität, Ahmed Al-Borei, sind »alle Aktivitäten« der Muslimbrüder verboten, darunter auch Demonstrationen. Am Donnerstag sind erstmals mehrere Muslimbrüder wegen der »Mitgliedschaft in einer Terrororganisation« inhaftiert worden. Die Staatsanwaltschaft begründete die 15tägige Untersuchungshaft für sieben in Alexandria festgenommenen Islamisten mit deren Zugehörigkeit zu der Organisation, wie die staatliche Nachrichtenagentur Mena berichtete. Unter ihnen ist demnach auch der Sohn eines Vizevorsitzenden der Bewegung.

Am frühen Dienstag morgen hatte ein Attentäter einen mit Sprengstoff präparierten Wagen in die Absperrung vor der Polizeizentrale der Stadt Mansura im Nil-Delta gerammt. 14 Polizisten und ein Passant starben, mehr als hundert Menschen wurden verletzt. Zu dem Anschlag bekannte sich inzwischen die radikalislamische Gruppe Beit Ansar Al-Makdess, die vor allem auf der Sinai-Halbinsel aktiv ist und die von den Muslimbrüdern vertretene Form des »politischen Islam« ablehnt. Die Muslimbrüder hatten den Anschlag noch am Dienstag »auf das Schärfste« verurteilt.

Regierungschef Hasim Al-Beblawi hatte schon kurz nach dem Attentat die Muslimbruderschaft indirekt verantwortlich gemacht und sie als »Terrororganisation« bezeichnet. Am Dienstag nahm die Polizei zudem Mursis Regierungschef Haschim Kandil fest. Kandil war noch zu Amtszeiten im April zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden, weil er ein Gerichtsurteil gegen die Privatisierung eines Staatsunternehmens nicht umgesetzt hatte. Kandil blieb aber zunächst auf freiem Fuß.

Am Sonntag hatte ein Gericht in Kairo drei prominente Aktivisten der Revolution von 2011 zu jeweils drei Jahren Gefängnis verurteilt. Die drei Mitgründer der Jugendbewegung 6. April Ahmed Maher, Ahmed Duma und Mohammed Adel haben nach Ansicht des Gerichts an einer illegalen Demonstration teilgenommen und Polizisten tätlich angegriffen.

* Aus: junge Welt, Freitag, 27. Dezember 2013


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