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Der Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea

UN-Sicherheitsrat verhängt Waffenembargo

Am 18. Mai 2000 verhängte der UN-Sicherheitsrat ein befristetes Waffenembargo gegen Äthiopien und Eritrea. Es ist auf vorerst zwölf Monate beschränkt. Damit kam der Sicherheitsrat den Wünschen Russlands entgegen. Das Embargo kann aber auch schon vorher aufgehoben werden, falls die beiden Nachbarländer ihren zweijährigen Grenzkrieg "friedlich und definitiv" beigelegt haben. Sollte der Konflikt auch nach Jahresfrist nicht gelöst sein, behält sich das UN-Gremium vor, den Waffenlieferstopp zu verlängern. Alle 15 Mitglieder stimmten der Resolution zu, allerdings erst nach tagelangem Ringen. Das Embargo wurde in den frühen Morgenstunden des 18. Mai einstimmig in New York verabschiedet und trat mit sofortiger Wirkung in Kraft.

Außer Waffen, Munition, militärische Fahrzeuge und Ersatzteile schließt das Verbot technische Unterstützung bei der Waffenproduktion und Ausbildung in ihrer Anwendung ein. Die amerikanische Botschafterin Nancy Soderberg erklärte sich sehr zufrieden mit dem Abstimmungsergebnis und äußerte die Hoffnung, dass es "eine deutliche Nachricht" für die beiden Kriegsparteien am Horn von Afrika biete.

Russland war gegen unbefristetes Embargo

Russland, der wichtigste Waffenlieferant beider Kriegsgegner, hatte sich lange gegen ein Embargo gesträubt. Zusammen mit Paris plädierte Moskau für ein befristetes Embargo mit einer Laufzeit von drei Monaten. Die USA und Großbritannien setzten sich schließlich mit einem Jahr durch. Der deutsche Außenminister Joschka Fischer hatte am Dienstag in einem Schreiben an den russischen Außenminister Igor Iwanow dringend gebeten, dass Moskau "das längst überfällige" Verbot aller Waffenlieferungen an die beiden nordostafrikanischen Länder nicht weiter blockieren solle.

Nachdem sich Äthiopien und Eritrea am 12 Mai, eine Woche nach Scheitern ihrer Friedensgespräche in Algier, erneut schwere Gefechte lieferten, trat der UN-Sicherheitsrat zusammen und beschloss ein Ultimatum von 72 Stunden an die Adresse der Kriegsparteien. Sollte bis dahin keine Waffenruhe einkehren, drohte der Sicherheitsrat mit einem Waffenembargo.

Waffenembargo

Ein Waffenembargo gehört zu den Instrumenten, mit denen der Sicherheitsrat Konflikte friedlich beizulegen versucht. Nach Artikel 41 der UN-Charta kann der Sicherheitsrat Druck ausüben, indem er die UN-Mitglieder dazu auffordert, Wirtschaftsbeziehungen, Verkehr und Telekommunikation mit den Konfliktparteien zu unterbrechen. Der Sicherheitsrat hat in den vergangenen zehn Jahren immer öfter auf dieses friedliche Druckmittel zurückgegriffen. Exportverbote für Waffen, Munition, Militärfahrzeuge und Ersatzteile erließ das UN-Gremium zum Beispiel auf dem Balkan (1992 und 1998), in Liberia (1992) und Ruanda (1994), wobei das Waffenembargo meist nur der erste Schritt war bei der Verhängung umfassender Sanktionen, bis zum vollständigen Verbot wirtschaftlicher Beziehungen (Irak, Libyen). Es gibt keine einheitliche Linie bei der Überwachung des Embargos, die UN sind meistens darauf angewiesen, dass sich die Mitgliedstaaten an die Resolution halten. Im Fall von Jugoslawien setzte der Sicherheitsrat 1998 ein Komitee zur Überwachung ein, mit dem Auftrag, alle betroffenen Staaten zu beobachten und bei Zuwiderhandlungen gegen das Waffenembargo über angemessene Sanktionen zu beraten.
Aus: Süddeutsche Zeitung, 18.05.2000 ("Aktuelles Lexikon")

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