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Merkel auf Kondolenzbesuch

Massaker eines US-Soldaten überschattet Visite in Afghanistan

Von Olaf Standke *

Nach dem Amoklauf eines US-Soldaten hat das Parlament in Kabul ein öffentliches Gerichtsverfahren gefordert.

So hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Blitzbesuch am Hindukusch wohl nicht gedacht. Kondolieren stand im Mittelpunkt des Montags. Vom Bundeswehr-Feldlager im nordafghanischen Masar-i-Scharif aus telefonierte sie mit Präsident Hamid Karsai und drückte ihr Beileid angesichts der »schrecklichen Tat des US-Soldaten« aus. Die hatte in der Nacht zum Sonntag (11. März) 16 Zivilisten das Leben gekostet, darunter neun Kinder und drei Frauen. Die »New York Times« zitierte Dorfbewohner aus Alkozai im Unruhedistrikt Pandschwai im Landessüden, wonach ein schwer bewaffneter Soldat mit Nachtsichtgerät im Morgengrauen in drei Häuser eingedrungen sei, dort seine Opfer getötet und mehrere Leichen verbrannt habe. Er befindet sich jetzt in Gewahrsam der ISAF-Truppen. Andere Augenzeugen wollen mehrere Angreifer gesehen haben. Bei dem Täter handele es sich um einen 38-jährigen Feldwebel und Familienvater, seit vier Monaten im ersten Afghanistan-Einsatz. Angeblich habe er vor der Tat einen Nervenzusammenbruch erlitten. Bleibt die Frage, wie er seine extrem gesicherte Militärbasis verlassen konnte.

USA-Präsident Barack Obama hat eine schnelle Untersuchung zugesagt. Das Parlament in Kabul forderte nachdrücklich ein öffentliches Gerichtsverfahren und warnte: »Unsere Bevölkerung verliert angesichts der Ignoranz der ausländischen Truppen die Geduld.« Die Taliban versicherten den Hinterbliebenen, dass sie sich »an den Invasoren und brutalen Mördern für jeden einzelnen Märtyrer rächen« würden. Das Massaker ist für die NATO ein Desaster. Schon nach der Verbrennung von Koran-Ausgaben durch US-Soldaten gab es im ganzen Land tödliche Proteste und Vergeltungsaktionen. Dabei will Washington offenbar fünf hochrangige Taliban-Führer aus dem berüchtigten Militärgefängnis in Guantanamo entlassen. Sie sollen in das Wüstenemirat Katar überstellt werden, wo Gespräche mit Vertretern der Islamisten begonnen haben, um eine politische Lösung des Konfliktes zu finden. Der Westen will seine Kampftruppen bis 2014 aus Afghanistan abziehen.

Kanzlerin Merkel war ob der Ereignisse offenbar leicht verwirrt und ließ bei ihrer Ankunft in Afghanistan erst Zweifel an diesem Termin aufkommen, um ihn später um so kräftiger zu bestätigen. Der außenpolitische Sprecher der linken Bundestagsfraktion Wolfgang Gehrcke nannte das gestern »Durchhalteparolen statt politischer Vernunft«. Sie könnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Afghanistan-Politik der Bundesregierung rundweg gescheitert sei. »Der Abzug der Bundeswehr ist der einzige Weg aus diesem Irrsinn.«

* Aus: neues deutschland, 13. März 2012


So ist Krieg

Von Olaf Standke **

Die Entschuldigungsmaschinerie lief umgehend an - vom ISAF-Oberkommando bis zu USA-Präsident Barack Obama, der sich »tief betrübt« über das »bestürzende« Massaker eines seiner Soldaten an afghanischen Zivilisten zeigte und eine schnelle Untersuchung versprach. Diese politisch folgenlose Bestürzung gab es auch im Fall des »Kill Teams«, das mordend durch Afghanistan zog und die Leichen seiner zivilen Opfer verstümmelte, oder bei der Schändung der Leichen von Taliban-Kämpfern durch US-Marines oder zuletzt nach der Verbrennung von Koranausgaben auf dem Stützpunkt Bagram, die im ganzen Land zu wütenden Protesten mit 30 Toten führten.

Die jüngste Bluttat ist also nicht der Einzelfall, den Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière gestern so gern für das Massaker reklamieren wollte. Der Amoklauf eines 38-jährigen Feldwebels und Familienvaters erinnert zudem an die regulären nächtlichen Kommandounternehmen zur »gezielten Tötung« von Aufständischen, denen nicht selten Zivilisten zum Opfer fallen. Er steht so letztlich auch symbolisch für einen verbrecherischen wie sinnlosen Krieg. Natürlich haben die Taliban die jüngste Steilvorlage genutzt und Rache geschworen. Sie finden dafür Beifall bei immer mehr Menschen am Hindukusch, die die angeblichen Befreier längst als Besatzer empfinden. Kein Wunder, dass laut einer Meinungsumfrage Ende vergangenen Jahres fast zwei Drittel der Afghanen angaben, ausländischen Soldaten nicht zu vertrauen. Würden die Demoskopen heute fragen, der Wert dürfte noch höher liegen.

** Aus: neues deutschland, 13. März 2012 (Kommentar)


Nächster Einzelfall in Kandahar

Ein US-Soldat ermordet in Afghanistan 16 Zivilisten, doch der Westen lehnt die Verantwortung dafür ab

Von Thomas Ruttig ***


Das Vertrauen zwischen Ausländern und Afghanen hat nach dem schrecklichen Amoklauf eines US-amerikanischen Soldaten einen neuen Tiefpunkt erreicht. Ob Afghanistan nach dem Abzug der NATO auf eigenen Beinen stehen kann, ist ungewisser denn je.

Ein US-Soldat hat in der Nacht zum Sonntag in Südafghanistan ein Massaker an Zivilisten angerichtet. Obwohl viele Einzelheiten noch unklar sind, stellt sich der Sachverhalt bisher wie folgt dar: Etwa drei Uhr nachts verließ er seine Basis im Distrikt Pandschwai, in der stark umkämpften Provinz Kandahar - einen Stützpunkt, in dem afghanische und US-Soldaten gemeinsam stationiert sind. Er drang in drei Wohnhäuser ein und eröffnete das Feuer auf die Schlafenden.

16 Menschen, darunter Kinder und Frauen, erschoss der Mann, der nach einigen - offiziell noch nicht bestätigten - Berichten 38 Jahre alt, vom Rang Feldwebel, verheiratet, und Vater zweier Kinder sein soll. Er habe drei Kampfeinsätze in Irak absolviert, aber auch unter mentalen Problemen gelitten. Fünf weitere Menschen wurden verletzt. Anschließend soll er versucht haben, die Leichen anzuzünden, möglicherweise ein Versuch der Tatverschleierung. Danach kehrte er zur Basis zurück und wurde verhaftet.

Der 16-fache Mord setzt in Afghanistan das schon zwangsläufig folgende Karussell aus Protesten, Anschuldigungen und Entschuldigungen in Gang, wie schon nach den Unruhen Ende Februar nach der Verbrennung von Koranen auf dem US-Hauptstützpunkt in Bagram. Als erstes protestierten schon am Sonntag Menschen in Pandschwai. Am Montag gingen die Studenten im ostafghanischen Dschalalabad auf die Straße. Die Taliban kündigten Vergeltung an, und die Mitglieder des Parlaments in Kabul sagten ihre Sitzungen ab.

Einige Abgeordnete verlangten, dass der Täter vor ein afghanisches Gericht gestellt werde; einer - aus Kandahar - forderte Präsident Hamed Karsai und seine zwei Stellvertreter auf zurückzutreten, weil sie daran gescheitert seien, »für ihre Landsleute angemessene Sicherheit zu gewährleisten«.

USA-Präsident Barack Obama entschuldigte sich. Vertreter von NATO-Regierungen versuchen aber unterdessen auch abzuwiegeln. Der britische Botschafter in Kabul sprach von einem Vorfall »vollständig außerhalb des Gewöhnlichen«, der »nicht Teil irgendeiner NATO/ISAF-Operation« gewesen sei. Natürlich befehlen ISAF-Kommandeure niemandem, des nachts allein Zivilisten um zubringen.

Aber die US-Regierung besteht gegenüber der Kabuler Regierung darauf, die nächtlichen »Kill-and-Capture-Operationen«, also Operationen zum gezielten Töten oder zur Festnahme von Taliban-Kommandeuren, in eigener Regie zu behalten. Dabei werden immer wieder afghanische Zivilisten getötet.

Der Mord von Pandschwai ist auch kein Erstfall. Im Jahr 2010 ging ein selbst ernanntes »Kill Team« aus US-Soldaten, ebenfalls in Kandahar, nachts auf eigene Faust los, brachte Zivilisten um, drapierte sie mit Waffen. gab sie als Taliban aus und stellte schließlich Fotos ins Internet. Bis einem der Beteiligten das Gewissen zu schwer wurde. Es folgten Prozesse mit hohen Haftstrafen.

Anfang des gleichen Jahres ging in der Provinzhauptstadt Gardez eine US-Operation gegen einen vermeintlichen Taliban-Unterschlupf schief. Die beteiligten Soldaten fanden fünf Tote - zwei Schwangere, ein junges Mädchen und zwei Beamte der Provinzregierung. Doch anstatt das zu berichten, fesselten sie die Leichen und meldeten, sie hätten Taliban-Opfer gefunden. Ein Journalist der Londoner »Times« deckte den Fall auf, gegen hartnäckige Vertuschungsversuche. Ob man danach den Mord von Kandahar noch als Einzelfall bezeichnen kann, ist allenfalls ein statistisches Problem.

Präsident Karsai hatte schon zuvor die Tat als »unentschuldbar« bezeichnet. Er wird aber trotzdem nicht die gerade laufenden Verhandlungen über die bilateralen strategischen Beziehungen nach 2014 abbrechen, wenn unter anderem die bisherige ISAF-Truppe in eine Trainingsmission für die afghanischen Streitkräfte umgebaut werden soll. Schon nach den Koran-Unruhen hatte er Washington zu Zugeständnissen gezwungen.

Nun werden die USA der Kabuler Regierung früher als beabsichtigt die Kontrolle über die afghanischen Gefangenen in Bagram übergeben, unter denen viele prominente Taliban sind. Karsai verspricht sich davon Zugang zu Personen, die ihm eigene direkte Kanäle für Gespräche mit Taliban-Chef Mulla Muhammad Omar öffnen könnten. Allerdings bauen die US-Truppen bereits vor: In Bagram errichten sie ein neues Gefängnis, in dem die Amerikaner wohl die geheimsten Gefangenen für sich behalten werden.

Vor allem aber werden die Morde von Kandahar das ursprüngliche Vertrauen der Afghanen in die westlichen Demokratien weiter untergraben - zu einem Zeitpunkt, da diese drohen, sie Ende 2014 mit ihrer korrupten Regierung und einer zunehmenden Zahl unkontrollierbarer Milizen allein zu lassen.

*** Thomas Ruttig ist Ko-Direktor des unabhängigen Afghanistan Analysts Network (AAN).

Aus: neues deutschland, 13. März 2012



Einzeltäterthese wankt

An der Ermordung von 16 Menschen in Südafghanistan sollen nach Zeugenberichten mehrere US-Soldaten beteiligt gewesen sein

Von Knut Mellenthin ****


Einen Tag nach dem Massaker an 16 afghanischen Dorfbewohnern ist immer noch unklar, wie viele Soldaten beteiligt waren. Während das US-Militär einen Einzeltäter präsentiert, berichten Überlebende von mehreren uniformierten Tätern. Einige afghanische Verwaltungsbeamte und Politiker halten ihre Darstellung für plausibel.

Schauplatz des Massakers waren drei Häuser in zwei etwa 500 oder 600 Meter auseinanderliegenden Dörfern in der Nähe eines US-Stützpunktes im südafghanischen Kandahar. Es soll sich um einen Bezirk handeln, in dem die Taliban traditionell starken Einfluß haben und wo über einen längeren Zeitraum hin schwere Kämpfe zwischen den Aufständischen und den Besatzungstruppen stattfanden. Nach bisherigen Erkenntnissen sind unter den Ermordeten neun Kinder und drei Frauen. Elf der Toten gehörten zu einer einzigen Familie, die bei der Bluttat fast vollständig ausgelöscht wurde.

Bei dem angeblichen Einzeltäter soll es sich um einen Stabsunteroffizier Mitte der 30 handeln, der verheiratet ist und zwei Kinder hat. Er soll seit Dezember in Afghanistan sein und war einer Spezialeinheit zugeordnet, die aus den Dorfbewohnern Kollaborateure für eine Art »Bürgermiliz« rekrutieren sollte. Zuvor soll der Mann zweimal im Irak stationiert gewesen sein. Der offiziellen Version zufolge hatte der Unteroffizier am Sonntag kurz nach zwei Uhr morgens den Stützpunkt verlassen und war etwa einen Kilometer zu den Häusern gegangen, wo er nacheinander so viele Bewohner wie möglich niederschoß. Aus einem bisher nicht bekannten Grund sei er nach dem dritten Haus zum Stützpunkt zurückgekehrt und habe die Tat gestanden.

Dagegen berichten überlebende Dorfbewohner, daß es sich um eine ganze Gruppe US-amerikanischer Soldaten gehandelt habe, die laut lachten, offenbar angetrunken waren und wild um sich schossen. In einigen Aussagen ist von zwei verschiedenen Gruppen und von Schüssen aus unterschiedlichen Richtungen die Rede.

Die US-Regierung schien zunächst bemüht, sich nicht auf die Einzeltäterthese festzulegen. Verteidigungsminister Leon Panetta versprach dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, »daß wir diejenigen, die dafür verantwortlich sind, der Gerechtigkeit zuführen werden«. Dagegen schloß Pentagon-Sprecher John Kirby in einem Gespräch mit dem rechtsgerichteten Sender Fox News die Beteiligung mehrerer Täter aus. Er behauptete, das Verschwinden des Unteroffiziers sei im Stützpunkt sehr schnell bemerkt worden, und es habe daraufhin eine Anwesenheitskontrolle stattgefunden. Diese habe ergeben, daß kein weiterer Soldat fehlte.

So oder so spiegelt das Massaker die mißtrauische und feindselige Einstellung vieler Besatzungssoldaten gegenüber den Afghanen wider. Da sie mit der Propaganda gefüttert werden, ihre Anwesenheit stelle eine Wohltat für die Afghanen dar, empfinden sie deren zunehmende Ablehnung als groben Undank. Hinzu kommen zahlreiche Vorfälle, bei denen westliche Soldaten von uniformierten Afghanen erschossen wurden. Seit Mai 2007 sollen bei 46 solcher Zwischenfälle 76 Angehörige der NATO-Truppen getötet worden sein.

Eine aktuelle Umfrage, die von der Washington Post und dem Sender ABC News veranstaltet wurde, zeigt, daß zwei Drittel der US-Amerikaner davon ausgehen, daß die Anwesenheit der NATO-Truppen in Afghanistan nicht erwünscht ist. 60 Prozent der Befragten meinen, daß der Krieg die Kosten und Folgen nicht wert sei. Mehrheitliche Unterstützung findet Barack Obamas Kriegskurs nur noch bei Anhängern der Republikaner.

**** Aus: junge Welt, 13. März 2012


Amoklauf ohne Ende

Von Knut Mellenthin *****

Einen Tag nach der Ermordung von 16 Afghanen durch einen oder mehrere US-Soldaten hat Angela Merkel den geplanten Abzugs­termin der Bundeswehr in Frage gestellt. Die Kanzlerin war am Montag (12. März) »überraschend« zu einem Hochsicherheitstruppenbesuch im nordafghanischen Masar-i-Scharif eingeflogen worden. Angeblich stand die Kurzvisite der deutschen Regierungschefin in keinerlei Zusammenhang mit dem Massaker vom Sonntag. Die Reise sei vielmehr schon lange geplant gewesen und nur aus Sicherheitsgründen nicht vorher angekündigt worden.

Die Kanzlerin nutzte ihren Truppenbesuch zu der Mitteilung, daß die Bundeswehr vielleicht doch länger als bisher versprochen in Afghanistan bleiben muß. Die derzeitige Planung sieht vor, daß die NATO im Laufe der nächsten zwei Jahre »die Verantwortung« an Streitkräfte und Polizei Afghanistans »übergibt«. Anschließend sollen bis Ende 2014 alle ausländischen Kampftruppen abgezogen werden. Allerdings scheint schon jetzt sicher, daß zumindest die USA auch nach diesem Termin unbegrenzt lange Tausende Soldaten, großenteils getarnt als »Berater«, in Afghanistan lassen wollen.

Möglicherweise wird das auch für die Bundeswehr gelten. Die Kanzlerin erklärte am Montag im deutschen Feldlager in Masar-i-Scharif, daß der »Versöhnungsprozeß« mit den Taliban zwar »Fortschritte« mache, aber noch nicht so weit konsolidiert sei, daß man sagen dürfe, »wir können heute hier abziehen«. »Und deshalb kann ich auch noch nicht sagen, schaffen wir das bis 2013/2014.«

»Regierungskreise« in Berlin beeilten sich, dieses eher verwirrende als aufklärende Gestammel der Chefin zurechtzurücken: Deutschland halte am international vereinbarten Truppenabzug bis Ende 2014 fest. Merkel habe diesen Termin »ausdrücklich nicht in Frage gestellt«. Richtig ist zumindest, daß die persönliche Meinung der Kanzlerin, »ob wir das bis 2013/2014 schaffen«, nicht relevant ist: Die Entscheidung über den Abzug fällt in Washington.

Für die Grünen im Bundestag kritisierte der stellvertretender Fraktionsvorsitzende Frithjof Schmidt, Merkel habe mit ihrer Bemerkung »eine Hintertür für eine Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes« geöffnet. »Wir fordern die Bundesregierung auf, an ihren ursprünglichen Plänen festzuhalten, der Abzug der Kampftruppen muß bis 2014 abgeschlossen werden«.

Die Afghanistan-Politik der Bundesregierung sei rundweg gescheitert, heißt es in einer Stellungnahme, die der Außenpolitik-Experte der Linksfrak­tion im Bundestag, Wolfgang Gehrcke, zum Truppenbesuch der Kanzlerin abgab. Der Krieg in Afghanistan sei nicht zu gewinnen, werde aber trotzdem mit Unterstützung der Merkel-Regierung fortgesetzt. »Der ganze NATO-Krieg in Afghanistan mutet wie ein Amoklauf an; der Wahnsinn eines US-Soldaten hat jetzt 16 Menschen das Leben gekostet. Die Willkür eines deutschen Oberst raubte im September 2009 insgesamt 142 afghanischen Bürgerinnen und Bürgern das Leben. Der Krieg ist Amok. Der Abzug der Bundeswehr ist der einzige Weg aus diesem Irrsinn heraus. Davor drückt sich die Bundeskanzlerin. Mit ihrer Politik und ihrem kriegerischen Starrsinn verantwortet sie Tod und Leiden in Afghanistan.«

Mit seinem Hinweis auf die »Willkür eines deutschen Oberst« bezog sich Gehrcke auf das Massaker von Kundus im September 2009. Bei einem vom Bundeswehroberst Georg Klein bestellten NATO-Luftangriff waren mehr als hundert afghanische Dorfbewohner getötet worden. Sie waren zusammengelaufen, um Treibstoff aus zwei entführten Tankwagen der Besatzungstruppen abzuzapfen.

***** Aus: junge Welt, 13. März 2012

Chronologie

Bereits vor dem jüngsten Massaker gab es Übergriffe von Angehörigen der US-Truppen.

20. Februar 2012: Soldaten in der Basis Bagram bringen Koran-Ausgaben zur Entsorgung in eine Verbrennungsanlage. Trotz Entschuldigung von Präsident Obama führt die Schändung zu schweren Ausschreitungen mit vielen Toten.

11. Januar 2012: Im Internet taucht ein Video auf, das US-Soldaten zeigt, die auf getötete Taliban urinieren. Der Pentagon-Chef verurteilt die Leichenschändung und ordnet eine Untersuchung an.

23. März 2011: Ein US-Soldat wird von einem Militärrichter zu 24 Jahren Haft verurteilt. Der Stabsgefreite hatte zugegeben, mit mehreren Kameraden gezielt drei Zivilisten umgebracht zu haben. Das fünfköpfige »Killkommando« soll auch Körperteile als Trophäen mitgenommen haben.

4. Mai 2009: Bei einem US-Luftangriff in der Provinz Farah kommen auch 140 Zivilisten ums Leben. Den Taliban wurde vorgeworfen, diese als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.




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