Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Hohe Verluste für Afghanistan-Besatzer

Karsai müht sich um ausländische Vermittler

2008 ist für die ausländischen Truppen in Afghanistan schon drei Monate vor Jahresende das verlustreichste seit dem Sturz der Taliban vor sieben Jahren.

Mindestens 221 Soldaten, die meisten von ihnen USA-Bürger, sind nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP seit Anfang des Jahres in Afghanistan ums Leben gekommen. Die meisten starben durch Bombenanschläge von Aufständischen auf Patrouillen-Fahrzeuge. Im gesamten vergangenen Jahr starben 219 Soldaten. Die Monate Juni und August 2008 waren mit 49 und 45 Toten die mit den höchsten Opferzahlen.

Die AFP-Zählung basiert auf den Mitteilungen der Koalitionstruppen, die am Dienstag den Tod von drei weiteren Soldaten bei einem Anschlag im Süden des Landes bekanntgaben. Die Nationalität der Toten war zunächst unklar, die Mitteilung überlassen die Koalitionstruppen stets den nationalen Regierungen. In Afghanistan sind derzeit 70 000 ausländische Soldaten stationiert, die meisten im Rahmen der NATO-geführten ISAF-Truppe.

Der afghanische Taliban-Anführer Mullah Mohammed Omar bot den ausländischen Soldaten unterdessen eine »sichere Heimkehr« an, wenn sie sich zum Abzug entschlössen. »Ich sage zu den Eindringlingen: Wenn ihr unser Land verlasst, dann werden wir ein sicheres Umfeld schaffen, damit das möglich ist«, sagte Omar in einer am Dienstag im Internet veröffentlichten Mitteilung. Wenn die »Invasion« anhalte, dann würden die Truppen wie die Sowjetunion eine Niederlage erleiden. Sowjetische Truppen waren 1979 in das Nachbarland Afghanistan einmarschiert und zogen 1989 nach verlustreichen Kämpfen ab. Omar hält sich seit dem Sturz der Taliban 2001 versteckt. Auf ihn ist ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar ausgesetzt.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat Saudi-Arabien und Pakistan um Vermittlung von Friedensgesprächen mit den islamistischen Taliban gebeten. Bereits im Laufe der vergangenen zwei Jahre habe er entsprechende Schreiben an den saudi-arabischen König Abdullah gerichtet, sagte Karsai am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Kabul. Afghanische Gesandte seien zur Vorbereitung von Verhandlungen wiederholt in die Golfmonarchie und ins Nachbarland Pakistan gereist. Noch hätten die Friedensgespräche nicht begonnen, er hoffe aber, dass dies bald der Fall sein werde, fügte der Staatschef hinzu.

Präsident Karsai hatte den Talibanführer Mullah Mohammed Omar und dessen Kämpfer am Dienstag aufgefordert, in ihre Heimat zurückzukehren und dort an Friedensverhandlungen teilzunehmen. Amtlichen afghanischen Angaben zufolge hält sich Omar in Pakistan auf. Die pakistanische Regierung bestreitet das.

* Aus: Neues Deutschland, 1. Oktober 2008


Zurück zur Afghanistan-Seite

Zurück zur Homepage