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Mehr Geld für Krieg

Von Werner Pirker *

Auch der neue US-Präsident Barack Obama kann die Kostenexplosion, die Amerikas Weltordnungskriege verursachen, nicht verhindern. Er treibt vielmehr die Summe der von den USA für ihre Kriegseinsätze im Irak und in Afghanistan aufgewandten Mittel noch weiter nach oben. Zusätzliche 83,4 Milliarden Dollar hat er beim US-Kongreß beantragt, weil andernfalls die amerikanischen Kriegsziele gefährdet seien.

»Wir stehen in Afghanistan und Pakistan einer Sicherheitslage gegenüber, die dringende Aufmerksamkeit erfordert«, heißt es in einem am Donnerstag verfaßten Schreiben Obamas an die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Das vom US-Präsidenten geschilderte Bedrohungsszenario nimmt sich entsprechend gefährlich aus: Die Taliban seien auf dem Vormarsch, und Al-Qaida bedrohe die USA von einem »sicheren Hafen« im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet aus. Mit dem zusätzlich zum regulären Haushalt beantragten Geld sollen laut Antragsteller laufende militärische, diplomatische und geheimdienstliche Aktionen finanziert werden.

Obama hatte die Kosten für Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan ursprünglich in seinem Etat für das im Oktober beginnende Haushaltsjahr 2010 aufgelistet, da er die Einsätze nicht durch zusätzlich beantragte Sondermittel finanziert sehen wollte. Doch die dringende Aufmerksamkeit erfordernde Situation habe schnelles Handeln notwendig gemacht. Der Antrag werde aber der letzte auf zusätzliche Mittel für die beiden Militäreinsätze sein, versicherte Obamas Sprecher Robert Gibbs.

Die Gesamtkosten für die Kriege in Irak und Afghanistan beziffern sich bereits auf mehr als 900 Milliarden Dollar. Seit 2001 genehmigte der Kongreß bereits Ausgaben von 822 Milliarden Dollar. Obama teilte mit, daß 95 Prozent des beantragten Geldes für die Einsätze der US-Armee in den beiden Ländern ausgegeben werden. Pakistan werden 400 Millionen zur Aufstandsbekämpfung in den nordwestlichen Provinzen zur Verfügung gestellt. 800 Millionen soll die Palästinensische Autonomiebehörde erhalten – für humanitäre Hilfe wie es heißt. Die Behörde dürfte freilich einen nicht unwesentlichen Teil der Gelder in die Bekämpfung der Hamas investieren. v Obama ist offenbar gewillt, die Kampfhandlungen der US-Truppen von Afghanistan auf Pakistan auszuweiten. »Al-Qaida und die Terroristen vom 11. September sind in Pakistan und Afghanistan«, sagte er bei der Vorstellung der neuen Afghanistan-Strategie am 27. März. Das »Terrornetzwerk« nutze das bergige Grenzgebiet zwischen den beiden Ländern als Unterschlupf und plane dort neue Anschläge gegen die USA. Obamas Kriegsschicksal soll, so hört es sich jedenfalls gegenwärtig an, am Hindukusch entschieden werden. »Wir werden Al-Qaida in Pakistan und Afghanistan zerschlagen, auflösen und vernichten«, ließ Amerikas neuer Kriegsherr wissen. 4000 zusätzliche Soldaten sollen ab diesem Frühjahr in die Kriegsregion entsandt werden. Insgesamt wären das dann 50000 US-Soldaten. Zugleich sprach sich Obama für ein auch von den Deutschen gefordertes Konzept der »vernetzten Sicherheit« aus. Die US-Besatzer sollen künftig mehr in zivile Aufgaben eingebunden werden.

* Aus: junge Welt, 11. April 2009

Kriegsgefangen

Obama will Kriegsbudget aufstocken

Von Werner Pirker **


The war must go on. Das hat US-Präsident Barack Obama im Wahlkampf zwar so nicht gesagt, doch auf ein Aussteigen aus der amerikanischen Kriegslogik dürfte sein »Yes we can!« auch nicht unbedingt bezogen gewesen sein. Nun hat er beim Kongreß zusätzliche 83,4 Milliarden Dollar für die die Besatzung im Irak und in Afghanistan beantragt. Die Kämpfe in Afghanistan haben die Grenze nach Pakistan bereits überschritten. Nach dem Machtwechsel im Weißen Haus stehen die Zeichen eher auf mehr statt auf weniger Krieg.

Der Begriff »War on terror« sei aus dem Wortschatz der amerikanischen Politik gestrichen worden, sagte unlängst US-Außenministerin Hillary Clinton. Zu offensichtlich hatte er den Fluch der Niederlage auf sich gezogen. Im Irak hat erst der War on terror den Terror, vom gestürzten Baath-Regime mit eiserner Faust niedergehalten, zur Entfaltung gebracht. Zwar vermochten ihn die Besatzer über die Korrumpierung von Teilen des sunnitischen Widerstandes inzwischen einzudämmen, doch daran, wie es im Zweistromland nach dem Abzug der Amerikaner zugehen wird, denkt man in Washington wohl nur mit Schaudern. Obsiegen die von den Eindringlingen gerufenen Kräfte, wird das Chaos herrschen. Bringt aber die nationale Vernunft ein patriotisches Regime hervor, war der Krieg für die Amerikaner erst recht vergeblich gewesen.

Der Einmarsch in Afghanistan hatte die Annahme zur Voraussetzung, daß sich am Hindukusch Al-Qaida und die Taliban zu einer terroristischen Weltverschwörung zusammengetan hätten, was einen internationalen Feldzug zur Rettung der Zivilisation erforderlich gemacht habe. Das hat entschieden mehr nationalen Widerstand ausgelöst, als die militärischen und humanitären Invasoren ins Kalkül gezogen hatten. Da das Siedlungsgebiet der Paschtunen nach Pakistan hineinreicht, ist der einst sicherste US-Stützpunkt in der Region in einen Destabilisierungsprozeß geraten, der das Land zu einer tickenden Atomzeitbombe macht. Die Sicherheitslage in Afghanistan und Pakistan wird von Obama auch als Hauptgrund für die von ihm geforderte Aufstockung des amerikanischen Militärbudgets genannt.

Wer es auch immer sein mag: Kein Präsident der USA und auch keine Präsidentin kann sich dieser »Kriegsgefangenschaft« entziehen. Das Streben nach der Vorherrschaft in der Welt, das unter Barack Obama nicht geringer geworden ist, sondern in der gewinnenden Art ihrer Präsentation einen noch höheren Legitimitätsanspruch erhebt, hat die Gewaltpolitik zur zwingenden Voraussetzung. Anders läßt sich die nach dem Ende der Blockkonfrontation in Gang gesetzte Entdemokratisierung in den internationalen Beziehungen nicht durchsetzen. Doch Obama weiß auch, und selbst Bush hatte es gegen Ende seiner Amtszeit zur Kenntnis nehmen müssen, daß das Gewaltpotential der US-Politik seine Grenzen hat. Mit einem Krieg gegen den Iran ist deshalb bis auf weiteres nicht zu rechnen.

** Aus: junge Welt, 11. April 2009 (Kommentar)




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