Demokratiekreuzzug oder Eroberung?
Von Julian Bartosz, Wroclaw *
Polens Verteidigungsministerium unter dem Zivilisten Bogdan Klich
(Bürgerplattform PO) unternimmt einen Werbefeldzug, um der Bevölkerung
das »wahre Bild« der polnischen Beteiligung am Krieg in Afghanistan zu
vermitteln.
Den Polen soll endlich vor Augen geführt werden, welches Ziel der Kampf
ihrer Armee in Afghanistan hat. Führt sie einen Krieg für die Demokratie
oder einen Eroberungsfeldzug an der Seite der US-Amerikaner? Unter der
Bezeichnung »Islamic & Democratic Afghanistan« wird deshalb gemeinsam
mit dem »Business-Centre Club« und der Euro-Atlantischen Gesellschaft in
Warschau ein Projekt gestartet, das dem Unwillen der Bevölkerung ob des
Einsatzes polnischer Streitkräfte zunächst in Irak und jetzt am
Hindukusch wirksam begegnen soll. Journalisten werden ins ferne Land
eingeladen, um »Friedenswerke« zu besichtigen, Entwicklungshelfer und
ISAF-Soldaten zu treffen. Und in Warschau soll ein ständiges Büro
eingerichtet werden, das die Unterstützung »für unsere tapferen
Soldaten« propagiert.
Die Frage »Demokratiekreuzzug oder Eroberung« gewann erst am Dienstag (11. Aug.) wieder besondere Aktualität. In einem sechsstündigen Gefecht mit
»rebellischen Kräften« im Norden der Provinz Ghazni wurden vier
polnischen Soldaten verwundet und ein Offizier, der zunächst als
verschollen galt, wurde tot aufgefunden. Es war der zehnte Pole, der den
Einsatz am Hindukusch mit seinem Leben bezahlte. Diesmal auf einer
»Patrouille« zu Fuß, denn weder gepanzerte Fahrzeuge noch schwere
Mig-24-Hubschrauber (einer wurde gerade von den Taliban abgeschossen)
eignen sich für den Einsatz im Hochgebirge.
Die Reaktionen darauf in der Heimat: 71 Prozent der am Dienstag
Befragten forderten den sofortigen Rückzug der Truppen aus Afghanistan.
Unter Militärexperten waren die Meinungen geteilt. General a. D.
Stanislaw Koziej sagte im Rundfunk, man müsse in Zusammenarbeit mit den
USA eine Strategie erwägen, den fernen Kriegsplatz allmählich zu
verlassen. Die ebenfalls außer Dienst befindlichen Generäle Polko und
Petelicki, beide in der Spezialtruppe »Grom« erprobte Haudegen,
verlangten eine wesentliche Verstärkung der polnischen ISAF-Truppe.
Außenminister Radoslaw Sikorski meinte nur, er habe die Intensivierung
der Talibanangriffe erwartet. Das Gefecht am Dienstag sei das schwerste
seit Beginn des polnischen Einsatzes gewesen. Das
Verteidigungsministerium plant nach eigenen Angaben, eine zusätzliche
200-köpfige »Entsatztruppe« nach Afghanistan zu schicken.
Befragt, ob die »Missionen« in Asien überhaupt Sinn hätten, antwortete
Aleksander Szczyglo, Chef des Büros für Nationale Sicherheit im
Präsidialamt, in einem Interview der Wochenschrift »Solidarnosc«: »Wenn
wir schon 20 Milliarden Zloty an Haushaltsmitteln für die Armee
ausgeben, dann muss man auch einen Nutzen davon haben.« Der Einsatz
dort, im »Nest der Terroristen«, diene der Sicherheit der freien Welt
und also auch unserer Bürger!
Anzumerken ist, dass alle im Sejm vertreten Parteien den Einsatz
polnischer Truppen an der Seite der USA-Streitkräfte unterstützen.
* Aus: Neues Deutschland, 13. August 2009
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