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KSK-Soldat in Afghanistan getötet

Samstag verlustreichster Tag der Besatzer seit Jahresbeginn *

Erstmals seit dem 2. Juni 2011 ist ein deutscher Soldat in Afghanistan getötet worden. Die Bundeswehr teilte am Sonntag mit, ein weiterer deutscher Soldat sei beim Beschuß durch Aufständische am Samstag in Nordafghanistan verwundet worden. Beide gehörten dem elitären Kommando Spezialkräfte (KSK) an. »Es ist der erste KSK-Soldat, der in Afghanistan gefallen ist«, sagte Verteidigungsminister Thomas de Maizière in Berlin. Er sei »unendlich traurig.« Zu Verlusten unter den afghanischen Polizisten, die bei der Operation von den KSK-Soldaten unterstützt wurden, lagen laut Bundeswehr »keine abschließenden Informationen« vor. Außer dem Deutschen wurden am Samstag sieben US-Soldaten in Afghanistan getötet. Für die Bestzungstruppe ISAF war es der verlustreichste Tag seit Jahresbeginn. De Maizière sagte dazu: »Das war ein bitterer, ein blutiger Tag in Afghanistan. Wir werden ihn nicht vergessen.«

Die Bundeswehr erläuterte, die Soldaten seien bei einer Operation in der Provinz Baghlan unter Beschuß geraten und hätten Luftunterstützung angefordert. Bei der späteren Erkundung der Schäden durch das Bombardement seien sie und afghanische Polizisten erneut beschossen worden. Der Verwundete ist nach Angaben de Maizières außer Lebensgefahr.

Der Afghanistan-Einsatz kostete seit 2002 bislang 53 Bundeswehrsoldaten das Leben. 35 davon starben bei Angriffen und Anschlägen. Derzeit sind noch knapp 4200 dort. Die Aktivitäten des KSK im Land sind geheim, auch ihr genauer Stationierungsort. Zu einem weiteren Zwischenfall kam es in der Nacht zum Sonntag. Aufständische beschossen zwei Bundeswehrhubschrauber, wobei niemand verletzt wurde.

De Maizière reagierte mit Durchhalteparolen und erklärte, der Angriff werde an der Strategie der Bundeswehr in Afghanistan nichts ändern: »Der Weg bleibt richtig«. Das gelte auch für die geplante Truppenpräsenz nach dem sogenannten Ende des NATO-Kampfeinsatzes 2014: »Wir lassen das afghanische Volk nicht im Stich.«

* Aus: junge Welt, Montag, 6. Mai 2013

Dokumentiert:

Erklärung des Bischofs von Fulda und Präsidenten von pax christi Deutschland zur Tötung und Verwundung deutscher und amerikanischer Soldaten in Afghanistan

Berlin/ Fulda, 6. Mai 2013

Es belastet, wenn von verantwortlichen Politikern immer dann „Bestürzung“ und „Traurigkeit“ ausgedrückt werden, wenn, wie jetzt wieder, deutsche Soldaten im Afghanistan-Krieg fallen oder verwundet werden. So letzten Samstag im Rahmen eines Taliban-Angriffs in der nördlichen Provinz Baghlan. Dabei müsste die grundsätzliche Frage nach Sinn und Ziel dieses Krieges gestellt und mit dem Ernst debattiert werden, der dieser tragischen Verstrickung angemessen ist. Bis heute nämlich haben wir unseren Vorstellungen vom Frieden und unserem Wertegefüge in Afghanistan nicht zum Durchbruch verhelfen können.

Je mehr sich die ausländischen Truppen aus Afghanistan zurückziehen werden, umso stärker treten dort die alten „Traditionslinien“ wieder hervor, so berichtete vor kurzem die „Neue Zürcher Zeitung“. Und sie hat Recht.

Zum bevorstehenden Abzug auf Raten gehört indes auch die Bereitschaft, die Afghanen einen eigenen Weg gehen zu lassen, denn am Ende sind sie es, die miteinander leben müssen. Nicht Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind realistische Ziele für die Zukunft des Landes. Es würde genügen, wenn Afghanistan keine Brutstätte des internationalen Terrorismus wäre und im Land ein halbwegs stabiles ethnisches Gleichgewicht herrschte.

Nach all den Anstrengungen der Nato seit 2001, angesichts von fast 3.000 gefallenen Soldaten und Abermilliarden an finanziellen Hilfen und Kriegskosten scheint dies eine sehr bescheidene Erwartung zu sein. Für Afghanistan allerdings wäre es ein großer Schritt und vielleicht die Chance, nach Abzug der ausländischen Truppen nicht wieder in Elend und Chaos zu fallen.

+ Heinz Josef Algermissen
Bischof von Fulda
Präsident von pax christi Deutschland




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