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Guter Wille soll Risse im Pakt kitten

US-Präsident Obama will in Afghanistan die Tötung von Zivilisten verhindern

Bei ihrem Treffen in Washington haben US-Präsident Barack Obama und der afghanische Präsident Hamid Karsai ihren guten Willen zur Schlichtung von Streitfragen demonstriert.

Bei einem gemeinsamen Presseauftritt im Weißen Haus ging Obama direkt auf Karsais wiederholte Kritik an den Einsätzen der US-Armee ein, bei denen immer wieder Zivilisten getötet werden. »Ich will nicht, dass Zivilisten getötet werden«, sagte Obama. Als Oberbefehlshaber sei letzten Endes er selbst »verantwortlich für jeden, der getötet wird, obwohl er nicht auf dem Schlachtfeld kämpft«, so Obama.

Die US-Armee habe »außergewöhnliche Maßnahmen« ergriffen, um die Tötung von Zivilisten in Afghanistan zu verhindern, fuhr der US-Präsident fort. »Das setzt uns erhöhtem Risiko aus und macht den Einsatz schwieriger, aber diesen Preis wollen wir zahlen.« Karsai sagte, das Gespräch sei in diesem Punkt »sehr offen« gewesen.

Bei der Begegnung der Präsidenten kam ein weiterer Streitpunkt zur Sprache, die anhaltende Kritik der USA an der Korruption in Afghanistan. Obama mahnte ein schärferes Vorgehen an. Zwar habe es in diesem Bereich »Fortschritte« gegeben, erklärte er. »Präsident Karsai und ich erkennen aber an, dass hier noch sehr viel mehr getan werden muss.« Karsai räumte Korruption ein und sagte zu, dass seine Regierung die Finanzmittel der USA mit »äußerster Vorsicht« einsetzen werde.

Die Zusammenarbeit mit Afghanistan stehe auf einem breiten Fundament und vertiefe sich weiter, betonte Obama. Große Einigkeit herrsche in dem Ziel, das Terrornetzwerk Al Qaida in Afghanistan und Pakistan »zu besiegen«. »Wir überprüfen derzeit die Fortschritte unserer gemeinsamen Strategie und Zielsetzung.« Nach Angaben aus US-Armeekreisen kam bei dem Treffen auf Wunsch Karsais auch die Form der weiteren Zusammenarbeit nach dem Beginn des Abzugs der US-Truppen zur Sprache, der für Sommer 2011 geplant ist.

Karsai habe Obama um Sicherheitsgarantien für die Zeit nach Beginn des Abzugs gebeten, sagte ein hochrangiger US-Militär. Diese könnten etwa in einem auf drei bis fünf Jahre angesetzten Abkommen vereinbart werden.

Als Beispiel hätten die Afghanen derartige Abkommen der USA mit der irakischen Regierung und mit Japan genannt, hieß es weiter. Derzeit ist unklar, ob die afghanische Regierung ohne Hilfe der US-Truppen dem bewaffneten Widerstand ihrer Gegner standhalten könnte. Am Dienstag hatte US-Außenministerin Hillary Clinton Karsai zugesagt, die USA würden Afghanistan auch nach dem Truppenabzug »nicht im Stich lassen«.

Bei Gefechten mit internationalen und einheimischen Soldaten sind in Afghanistan 40 Aufständische getötet worden. In der nördlichen Provinz Kundus wurden nach Polizeiangaben in der Nacht zum Donnerstag 26 Rebellen der Taliban getötet, in der zentralafghanischen Provinz Ghasni 14 weitere. Kundus gehört zum Einsatzgebiet der Bundeswehr in Afghanistan. An den dortigen Kämpfen waren nach Angaben des Einsatzführungskommandos in Potsdam aber keine deutschen Soldaten beteiligt.

Der Chef des ISAF-Stabs im Hauptquartier in Kabul, Bruno Kasdorf, hat die Sicherheitslage im Norden Afghanistans als »sehr angespannt« bezeichnet. Es werde dort sicherlich einen Einsatz wie die NATO-Großoffensive in der südlichen Provinz Helmand geben, um die Sicherheitslage zu verbessern, so der Bundeswehrgeneral.

* Aus: Neues Deutschland, 14. Mai 2010


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