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Generäle getroffen

Afghanistan: Hochrangiger US-Militär bei Anschlag getötet, deutscher verletzt *

Bei einem Anschlag in einer von den britischen Streitkräften betriebenen Militärakademie in Afghanistan sind am Dienstag Medienberichten zufolge Soldaten der ­NATO-Afghanistan-Truppe ISAF getötet worden, unter ihnen ein hochrangiger US-General. Die Bundeswehr bestätigte lediglich den Tod eines Soldaten, 15 weitere seien verletzt worden, darunter ein deutscher Brigadegeneral. Nach Angaben des Einsatzführungskommandos ereignete sich der Angriff am Dienstag mittag in dem im Westen der Hauptstadt Kabul gelegenen Trainingszentrum »Camp Kargha«. Ersten Ermittlungen zufolge habe es sich um einen »Innentäterangriff« gehandelt, also einen Anschlag durch einen afghanischen Soldaten, so die Bundeswehr. Die ISAF-Militärs hätten sich zu einem »Key Leader Engagement« in dem Ausbildungszentrum aufgehalten. Bei solchen Treffen kommen die ausländischen Militärs gewöhnlich mit einflußreichen Vertretern der afghanischen Gesellschaft wie Dorfältesten, Bürgermeistern oder Gouverneuren zusammen. Wer genau an der Versammlung am Dienstag teilnahm, war allerdings ebenso unklar wie das Schicksal des Attentäters. In afghanischen Quellen hieß es, der Mann sei erschossen worden. Die ISAF bestätigte zunächst lediglich einen nicht näher definierten »Zwischenfall«. Man untersuche das Vorgefallene.

Die afghanische Nachrichtenagentur Pajhwok berichtete, daß vier ISAF-Offiziere und drei afghanische Militärs getötet worden seien. Nach Angaben eines Sprechers des Verteidigungsministeriums in Kabul habe ein »Terrorist« in der Uniform der afghanischen Armee den Anschlag ausgeführt. Mit dieser Formulierung wollte der Regierungsvertreter offenkundig nahelegen, daß es sich bei dem Attentäter nicht tatsächlich um einen Angehörigen der offiziellen Streitkräfte handelte. Die Agentur dpa meldete dagegen unter Berufung auf namentlich nicht genannte afghanische Armeequellen, bei dem Schützen habe es sich um einen Soldaten gehandelt, der sich zuvor mit ausländischen Offizieren, vermutlich seinen Ausbildern, gestritten habe.

Insgesamt sind in diesem Jahr in Afghanistan bislang bei solchen »Innentäterangriffen« 15 ausländische Soldaten und Offiziere getötet worden, berichtete Pajhwok. Die Zahl der insgesamt ums Leben gekommenen ausländischen Soldaten liege bei 133. Darüber, wie viele Zivilisten getötet wurden, machte die Agentur keine Angaben. Deren Zahl ist nach UN-Angaben im ersten Halbjahr 2014 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 17 Prozent gestiegen. Insgesamt seien zwischen Januar und Juni 1564 Zivilisten getötet worden, unter ihnen 295 Kinder. Deren Zahl stieg damit gegenüber 2013 sogar um 21 Prozent. Grund für die Zunahme sind nach Angaben der Vereinten Nationen die heftiger gewordenen Kämpfe um strategisch wichtige Verkehrswege.

In Herat demonstrierten am Dienstag Afghanen gegen die NATO-Truppen in ihrem Land, nachdem bei einem Luftangriff der ISAF am Montag erneut mindestens vier unbeteiligte Menschen getötet worden waren. Die Attacke der Militärhubschrauber habe eigentlich Taliban-Kämpfern gegolten, hieß es. Ein Sprecher der NATO sagte der Nachrichtenagentur AP am Dienstag, man nehme die Informationen über getötete Zivilisten »sehr ernst« und bemühe sich um Aufklärung.

* Aus: junge Welt, Mittwoch 6. August 2014


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