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Afrikas boomender Bergbau schafft keinen Reichtum

Bergbaumultis beuten die Schätze des Kontinents aus, die Menschen vor Ort haben davon nichts

Von Armin Osmanovic *

Die globale Nachfrage nach Kohle, Uran, Gold, Platin, Kupfer und Diamanten ist hoch. Vor allem Chinas Hunger nach Ressourcen treibt den Ressourcenabbau voran. Alle großen Bergbauunternehmen sind mit unzähligen Minen in Afrika zu finden und kaum eine Woche vergeht, ohne dass ein neues Projekt bekannt wird.

Der Bergbau boomt in Afrika. Seit dem Ende der Apartheid operieren auch zahlreiche südafrikanische Bergbauunternehmen wie AngloAmerican oder Implat im Rest des Kontinents. Lange hatten sie keinen Zugang zum afrikanischen Markt. Damals galt Afrika als wenig attraktiver Wirtschaftsstandort. Auch waren die Preise für Rohstoffe in den 1980er Jahren stark gesunken. Seit 1994 expandieren die Unternehmen jedoch. Die südafrikanischen Investoren werden im restlichen Teil des Kontinents mit großem Wohlwollen empfangen - nicht zuletzt dank des Friedensnobelpreisträgers Nelson Mandela, der den südafrikanischen Unternehmen zu einem guten Image verhalf. »Südafrikas Bergbauriesen«, so Claude Kabemba, von der Nichtregierungsorganisation »Southern Africa Resource Watch«, »hatten damals ein ganz leichtes Spiel. Die Konkurrenz war gering und die afrikanischen Staaten waren nach den Strukturanpassungsprogrammen ausgehöhlt. Mangels einer funktionierenden Verwaltung wurden Verträge geschlossen, die zumeist die Investoren begünstigten.«

In Sierra Leone baut das Unternehmen Koidu-Holdings, dessen Muttergesellschaft in Johannisburg sitzt, Diamanten ab. Patrick Tongu und Mohammed Sheik Turay warten noch immer auf die neuen Straßen, Schulen und Krankenhäuser, die ihnen vom Staat für den Diamantenabbau versprochen wurden. »Wohlstand haben uns die Diamanten bislang nicht gebracht«, beklagt Tongu bei einem Treffen in Johannisburg. »Stattdessen verseucht der Tagebau große Teile unseres Wassers und droht unsere Häuser zu zerstören.« Angst haben die Anwohner vor den häufigen Sprengungen. Nicht selten fliegen Steinbrocken weit durch die Luft und landen in den umliegenden Dörfern und zerstören Häuser.

Aus Sicht von Claude Kabemba sind weniger die Unternehmen als vor allem die afrikanischen Regierungen verantwortlich für die negativen Auswirkungen des Bergbaus. »Die Unternehmen machen sich nur die Schwächen der afrikanischen Staaten zu Nutze, dafür kann man sie kaum anklagen, geht es ihnen naturgemäß vor allem um den eigenen Profit«, meint er.

Afrikas Regierungen setzen ihre Hoffnungen auf Direktinvestitionen. Bis heute wissen die ausländischen Bergbaumultis aber mehr über die Vorkommen als die heimischen Regierungen. Die Verträge sind daher fast immer von Vorteil für die Multis. Und den Ländern bleibt wenig Gewinn, da für die Projekte zumeist Steuerbefreiung auf Jahre hinaus gewährt wird. Läuft die Zeit der Steuererleichterungen ab, wird die Mine flugs verkauft.

In vielen Ländern existieren eigentlich gute Arbeits- und Umweltgesetze. Aber die Regierungen sind nicht in der Lage, sie durchzusetzen. Deals finden in Hinterzimmern zwischen Regierung und Bergbauunternehmen statt, nicht selten ist Korruption mit im Spiel. Die Öffentlichkeit wird selten informiert. »Nichtregierungsorganisationen müssen Druck auf die Regierungen und Unternehmen ausüben, denn mit Ausnahme von Südafrika sind Gewerkschaften in Afrika zu schwach«, betont Kabemba. Es sei aber auch zu fragen, ob Bergbau in allen Ländern Afrikas immer Sinn mache, denn die Kosten, auch für die Umwelt, seien hoch und die Beschäftigungseffekte gering. Nicht dem Bergbau gehöre die Zukunft, sondern Landwirtschaft und Industrie, glaubt Kabemba.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 20. Juli 2012


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