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Freihandelszone von Kairo bis Kapstadt

Wirtschaftsbündnis COMESA will Aktionsplan für bessere Integration Afrikas beschließen

Von Thomas Nitz *

26 Staaten aus dem südlichen und östlichen Afrika wollen auf einem Gipfeltreffen in Simbabwe den Startschuss für einen gemeinsamen Binnenmarkt geben.

Die größte Schwäche Afrikas sei die politische und wirtschaftliche Uneinigkeit, meint Ugandas Präsident Yoweri Museveni. Dabei haben die meisten afrikanischen Staaten ganz ähnliche Probleme, etwa die Massenarmut. Ein Instrument zum Gegensteuern sieht Museveni in der Integration des Kontinents - weg von den begrenzten Binnenmärkten.

Die Schaffung eines großen afrikanischen Marktes hat sich das Wirtschaftsbündnis »Gemeinsamer Markt für das östliche und südliche Afrika« (COMESA) zur Aufgabe gemacht. Ein entsprechender Aktionsplan soll vom 25. November bis 8. Dezember im Touristenort Victoria Falls in Simbabwe auf den Weg gebracht werden. Der Plan sieht vor, die drei regionalen Wirtschaftsgemeinschaften -- COMESA, die »Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft« (SADC) und die »Ostafrikanische Gemeinschaft« (EAC) -- zu einer großen Freihandelszone von Kairo bis Kapstadt zusammenzufassen. Neben den Delegierten der drei Regionalbündnisse werden auch Vertreter der Afrikanischen Union, des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank, des Commonwealth, der EU und der UNO erwartet.

Die Delegierten haben sich viel vorgenommen. Denn einem gemeinsamen Markt steht eine Vielzahl von Hindernissen im Weg, von steuerlichen Barrieren über Exportbeschränkungen und Zollschranken bis hin zu bürokratischen Hürden bei der Grenzabfertigung von Waren. Das Ziel sind Regeln für einen freien Warenverkehr und Wettbewerb, für einheitliche technische Standards und die Aufteilung von Abgabeneinnahmen. Daneben muss eine ganze Reihe von verwaltungspolitischen Entscheidungen getroffen werden. Ein gemeinsamer Ausschuss der Mitgliedstaaten muss gebildet werden. Ferner sollen ein erstes gemeinsames Wirtschaftsforum und eine Außenministerkonferenz stattfinden. Zudem steht auch die dramatische Situation am Horn von Afrika auf der Tagesordnung.

Die COMESA wurde im Jahr 1994 als Nachfolgerin der seit 1982 existierenden Präferenzfreihandelszone (PTA) mit Sitz im sambischen Lusaka ins Leben gerufen. Im Vordergrund stand die Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten. Seither erfolgte die schrittweise Einrichtung einer Zollunion. Mit der Erweiterung der COMESA in diesem Jahr soll eine Freihandelszone entstehen, die insgesamt 26 Staaten mit 527 Millionen Einwohnern und einem geschätzten Bruttoinlandsprodukt von 624 Milliarden Dollar umfasst. Bis 2015 sollen nach dem Vorbild der EU zudem eine Währungsunion und bis 2025 eine politische Union folgen, die auch eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Sicherung von Frieden und Sicherheit innerhalb der Gemeinschaft in Abstimmung mit der Afrikanischen Union vorsieht.

Der Gipfel war ursprünglich für Mai geplant, wurde aber wegen der Unruhen in Simbabwe auf unbestimmte Zeit verschoben. Für das Land stellt die Gastgeberrolle eine Chance dar, das ruinierte Image auch im Hinblick auf die Fußball-WM 2010 im benachbarten Südafrika aufzupolieren und den völlig eingebrochenen Tourismus zu beleben.

* Aus: Neues Deutschland, 25. November 2008

Afrika: Viele Länder in der Rohstoff-Falle

Bodenschätze bilden enormes Konfliktpotenzial

Von Martin Sturmer **

Der aktuelle Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo macht erneut auf ein Phänomen aufmerksam: Wenn in Afrika Eskalationen auftreten, dann sind meist Rohstoffe im Spiel. In der derzeitigen Auseinandersetzung im Osten der DR Kongo sind die Bodenschätze der Haupttreiber des Konflikts. Es geht um den Zugang zu Gold, Diamanten, Kupfer, Kobalt und Coltan. Ähnliche Muster sind von den Bürgerkriegen in Angola, Liberia oder Sierra Leone noch in trauriger Erinnerung. Dort bildet das internationale Geschäft um Blutdiamanten den Hintergrund des Konflikts.

Der Zusammenhang zwischen schweren innerstaatlichen Auseinandersetzungen und dem Rohstoffreichtum eines Landes ist Konfliktforschern nicht neu. Bereits im Jahr 2000 hat der Oxforder Wirtschaftsprofessor Paul Collier herausgefunden, dass Bodenschätze das Auftreten von Bürgerkriegen stärker beeinflussen als andere Faktoren. Collier untersuchte 47 innerstaatliche Konflikte in den Jahren von 1965 und 1999 auf ihre Entstehungsgründe. Laut seiner Analyse begünstigen Rohstoffe die Entstehung von Rebellenbewegungen, da sie relativ einfach zu Geld gemacht werden können. Geld, das wiederum notwendig ist, um Soldaten zu rekrutieren. Fazit: Je höher der Anteil von Rohstoffexporten am Bruttoinlandsprodukt ist, desto größer die Gefahr von innerstaatlichen Konflikten. Collier hat erhoben, dass die Bürgerkriegsgefahr stark ansteigt, wenn die Rohstoffexporte eines Staates 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen. In Afrika gibt es nur wenige Länder, die unterhalb dieser Grenze bleiben. Kritiker bemängeln allerdings den rein ökonomischen Zugang von Collier, da dieser keinerlei historische, politische und gesellschaftliche Entwicklungen berücksichtigt. IPS

** Aus: Neues Deutschland, 25. November 2008




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