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Billig oder unverkäuflich

Teurer Reis treibt Afrikas Verbraucher zum Wechsel der Nahrungsgrundlage. Asiatische Produzenten wollen Preise erhöhen, um Bauerneinkommen zu stützen

Von Miriam Mannak, IPS *

Den großen Reis produzierenden Staaten Asiens droht ein ganzer Kontinent als wichtiger Exportmarkt verlorenzugehen, wenn die Preise wie geplant steigen. Afrikas Konsumenten sind zumeist nicht in der Lage, mehr Geld für das Getreide auszugeben. Thailand etwa exportierte 2009 insgesamt zehn Millionen Tonnen Reis, die Hälfte davon nach Afrika. Für die Produzenten ist es eine Gratwanderung: Einerseits brauchen die Bauern ein vernünftiges Einkommen. Andererseits muß Reis als Grundnahrungsmittel gerade in Entwicklungsländern bezahlbar bleiben.

»Verschiedene asiatische Staaten wollen die Preise anheben, vor allem zugunsten ihrer Bauern. In Thailand arbeiten 80 Prozent der Bevölkerung im landwirtschaftlichen Sektor, das ist ein Großteil der Wählerschaft«, sagte Miguel Limba, der als Manager im Reisgeschäft arbeitet. Der gebürtige Moçambikaner kennt den Markt seit 25 Jahren. Anfang des Jahres hatte der thailändische Bauernverband die Regierung aufgefordert, die Preise zu stützen, nachdem diese auf den Weltmärkten deutlich gefallen waren. Thailand ist nach China der zweitgrößte Reisexporteur der Welt.

Hohe Überschüsse

Weltweit hatten Einkäufer Aufträge zurückgehalten, weil sie mit weiteren Preissenkungen rechneten. Die afrikanischen Staaten kauften in den ersten fünf Monaten des Jahres insgesamt 1,4 Millionen Tonnen Thai-Reis. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es noch fast zwei Millionen Tonnen. Der daraus resultierende Angerbotsüberschuß führte zum Preisverfall. Reisexperte Limba wies darauf hin, daß die Preise fielen, nachdem sie 2007 steil in die Höhe gestiegen waren. Bei künstlichen Preisstützungen erweise es sich als problematisch, daß »die wichtigsten Käufer afrikanische Staaten sind, die generell nicht viel Geld haben. Natürlich sollten die Bauern ein ordentliches Auskommen haben, aber man darf es nicht zu weit treiben. Afrikanische Verbraucher werden keinen Reis kaufen, wenn er zu teuer wird. Sie weichen auf andere Grundnahrungsmittel aus, und der Markt wird einbrechen«, meinte Lima.

Nach Berechnungen der UN-Agrar- und Ernährungsorganisation FAO stieg der durchschnittliche Weltmarktpreis für Reis zwischen 2006 und 2008 um 217 Prozent. Im Mai 2008 erreichte er den Rekordstand von 1038 US-Dollar pro Tonne. Wie sich der Preis in naher Zukunft entwickeln wird, bleibt ungewiß. Erfahrungsgemäß kehrten Verbraucher nicht zu Reis als Grundnahrungsmittel zurück, wenn sie erst einmal auf andere Produkte umgestiegen seien, sagte Lima. Seiner Meinung nach sei dies vor allem eine Preisfrage: Hirse oder Maniok seien einfach billiger. Moses Adewuyi, Abteilungsleiter im nigerianischen Landwirtschaftsministerium, stimmte dem zu. »Sollten die Preise noch einmal so anziehen wie 2007 und 2008, werden die Verbraucher in Nigeria verstärkt Maniok, Mais, Hirse, Kochbananen, Bohnen oder Jamswurzeln kaufen. Nigeria hat, wie andere afrikanische Staaten auch, genug eigene Grundnahrungsmittel, die Reis problemlos ersetzen können, wenn er für den Endverbraucher zu teuer wird.«

Selbstversorgung

»Im vergangenen Jahr fielen die Preise in unserem Land«, sagte Adewuyi. »Jetzt kostet ein 50-Kilo-Sack Reis etwa 450 Dollar, 2007/2008 teilweise das Doppelte. Das darf sich nicht wiederholen.« Das Agrarministerium fördert daher den Reisanbau im eigenen Land. Derzeit importiert Nigeria zwei Millionen Tonnen pro Jahr, vor allem aus Thailand. Gleichzeitig ist der bevölkerungsreichste afrikanische Staat jetzt schon der größte Produzent auf dem schwarzen Kontinent, die Eigenproduktion übersteigt bereits die Importe. Adewuyi empfiehlt anderen Staaten, diesem Beispiel zu folgen.

Dies ist keine frohe Botschaft für Asiens Reisbauern. Duong Phuong Thao vom Import- und Exportministerium Vietnams hat aber Verständnis für die Forderung der Produzenten nach Preisstützungen. Vietnam produziert jährlich über 24 Millionen Tonnen Reis, ein Drittel für den Export nach Afrika. »Unsere Bauern verkaufen gegenwärtig ihren Reis unterhalb der Produktionskosten, das können sie nicht durchhalten.«

www.fao.org/



* Aus: junge Welt, 6. August 2010

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