Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Russland kehrt nach Afrika zurück

Medwedjew besuchte "alte Freunde"

Von Hans-Georg Schleicher *

Mit einem viertägigen Besuch seines Präsidenten meldete sich Russland in der vergangenen Woche zurück in Afrika. Dmitri Medwedjew unterstrich mit seiner Reise nach Ägypten, Nigeria, Namibia und Angola Moskaus Anspruch als Weltmacht.

Russlands Botschafter in Namibia hatte vor dem Besuch seines Präsidenten erklärt, man komme zurück zu alten Freunden in Afrika. In Angola dankte Präsident José Eduardo dos Santos, der einst selbst in der Sowjetunion studiert hatte, für die Hilfe im Befreiungs- und im Bürgerkrieg. Vor Jahrzehnten war Afrika für die Sowjetunion, die nationale Befreiungsbewegungen und nach Unabhängigkeit strebende Staaten unterstützte, eine wichtige Arena des Kräftemessens im Kalten Krieg. Um so mehr überraschte bereits vor dem Zerfall der UdSSR und erst recht danach das plötzliche Desinteresse der Moskauer Führung an Afrika. Als Nelson Mandela die westliche Welt bereiste, lud Russland 1992 ausgerechnet Südafrikas noch amtierenden Präsidenten Frederik Willem de Klerk zum Staatsbesuch ein. Es sah aus, als ob Russland das Erbe der sowjetischen Afrika-Politik ausschlagen wolle.

Das hat sich inzwischen geändert. 2006 demonstrierte Wladimir Putin mit Besuchen in Südafrika und Marokko neue Ambitionen in Afrika. Medwedjew schloss sich nun an. Wirtschaftsexperten dominierten in seiner 400-köpfigen Begleitung. Russland offerierte sein Exportpotenzial vor allem bei der Erschließung und Nutzung von Energieressourcen einschließlich der Nukleartechnologie. In Nigeria und Angola – Afrikas wichtigsten Erdölproduzenten – ging es vorrangig um Energiefragen.

Es kam Russlands globalen Ambitionen entgegen, dass Angolas Präsident dos Santos, derzeit Vorsitzender der OPEC, Interesse an Medwedjews Vorschlägen für neue Regeln auf dem Weltenergiemarkt bekundete, wo Moskau auch mit Nigeria zusammenarbeiten will. Russland vereinbarte Abkommen über langjährige Wirtschaftszusammenarbeit mit Ägypten und Angola sowie Kooperation im All mit Angola und Nigeria. Mit Ägypten soll die Zusammenarbeit in der Nukleartechnologie verstärkt werden. Russische Energieunternehmen verhandelten mit staatlichen Öl- und Energieunternehmen in Nigeria, Namibia und Angola über die Erschließung und Nutzung von Energiereserven, sagten Investitionen zu und vereinbarten konkrete Projekte. Gasprom vereinbarte in Nigeria ein Gemeinschaftsunternehmen für den Bau von Gaspipelines, aber auch zur Nutzung von Nuklearenergie. In Angola und Namibia ging es zudem um Diamanten.

Groß war die Palette der Diskussionsthemen in Namibia – neben Erdgas, Diamanten und Uran standen Bildung, Gesundheit, Tourismus, der Bau eines Kraftwerks, und Kooperation im Fischereisektor auf der Tagesordnung. Ein Investitionsschutzabkommen verbessert die Grundlagen der Zusammenarbeit.

Russische Wirtschaftsexperten machten keinen Hehl daraus, dass diese Afrikareise dem wachsenden Einfluss des Westens und Chinas auf den Märkten Afrikas entgegenwirken sollte. Noch ist der Nachholbedarf Russlands gegenüber westlichen und chinesischen Investoren gewaltig. Angola beispielsweise ist heute bereits Chinas größter Öllieferant. Das russische Interesse an neuen Projekten ist daher groß. Dazu gehört der Bau einer transsaharischen Pipeline für nigerianische Gaslieferungen nach Europa – ein lukratives und für Russland strategisch interessantes Projekt.

Medwedjew bereiste Afrika zu einer Zeit, da Russland kurz vor dem Besuch Barack Obamas seine globale strategische Rolle unterstreichen will. Auch wenn die russische Seite wirtschaftliche Aspekte der Reise in den Vordergrund stellte, war die politische Dimension unübersehbar Medwedjew spielte die politische Karte, als er auf das sowjetische Erbe in den Beziehungen zu Staaten wie Angola und Namibia zurückgriff und den Afrikanern politische Unterstützung auf internationaler Ebene zusagte.

Angesichts der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise wird auch in Afrika mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass dort dem Westen neben China ein neuer Konkurrent erwachsen ist – wie eine namibische Tageszeitung kommentierte: Jetzt ist Russland zurück in Afrika.

* Aus: Neues Deutschland, 1. Juli 2009

Weitere Meldungen

Russland und Angola bauen ihre Partnerschaft aus

LUANDA, 26. Juni (RIA Novosti). Die Präsidenten von Russland und Angola, Dmitri Medwedew und Jose Eduardo dos Santos, haben am Freitag in einem gemeinsamen Kommuniqué ihre Absicht bekräftigt, „die bilaterale Partnerschaft und die Koordinierung der Handlungen auf dem internationalen Schauplatz auszubauen“.

In dem Dokument wird unter anderem darauf verwiesen, dass Russland seine Investitionen in Großprojekte in Angola, bei der Gewinnung von Bodenschätzen, beim Bau von Wasserkraftwerken und im Bereich der Weltraumverbindung ausweiten will.

Medwedew lud dos Santos nach Russland ein. Der Besuchstermin soll zu einem späteren Zeitpunkt über diplomatische Kanäle festgelegt werden.


Medwedew von Afrika-Reise zurückgekehrt

SOTSCHI, 27. Juni (RIA Novosti). Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat nach seiner ersten Afrika-Tour nach Russland zurückgekehrt.

Während der fünftägigen Reise, bei der er Ägypten, Nigeria, Namibia und Angola besuchte, kündigte Medwedew eine Wiederbelebung der Beziehungen Russlands mit dem afrikanischen Kontinent an. „Wir werden eine freundliche und pragmatische Politik betreiben.“

Bei seinen Verhandlungen mit afrikanischen Politikern wurden Gemeinschaftsprojekte, angefangen bei der militärischen Kooperation bis hin zu gemeinsamen Satellitenstarts erörtert. Führende russische Unternehmen schlossen Verträge in Höhe von mehreren Milliarden US-Dollar ab. Afrika stehe derzeit im Mittelpunkt des Interesses, dort seien die wichtigsten internationalen Akteure tätig, konstatierte Medwedew. Nach seinen Worten leitet nun auch Russland, wenn auch etwas verspätet, eine Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten in die Wege.

Beide Meldungen: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, http://de.rian.ru




Zurück zur Afrika-Seite

Zur Russland-Seite

Zurück zur Homepage