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Assoziierungsabkommen bietet Chancen für die Menschenrechte

Amnesty international zum Vertrag zwischen Algerien und der EU

Pressemitteilung

Abkommen enthält Menschenrechtsklausel / Unterzeichner müssen für Umsetzung sorgen / Unterzeichnung vor dem Hintergrund anhaltender Gewalt / Zehn unbewaffnete Demonstranten getötet / Mechanismus zur Überprüfung der Menschenrechtsklausel gefordert

Bonn, 19. April 2002 - Anlässlich der bevorstehenden Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens zwischen Algerien und der EU Anfang kommender Woche in Valencia fordert amnesty international die Vertragsparteien auf, die im Vertrag enthaltenen Bestimmungen zum Schutz der Menschenrechte umzusetzen. "Der Schutz der Menschenrechte darf sich nicht auf symbolischen Gesten beschränken", erklärte Ali Al-Nasani, Algerien-Experte der deutschen Sektion von amnesty international. "Gerade vor dem Hintergrund, dass in Algerien in jüngster Zeit wieder unbewaffnete Demonstranten erschossen wurden, müssen die Parteien energisch die Chancen ergreifen, die das Abkommen im Bereich des Menschenrechtsschutzes bietet", sagte Al-Nasani.

Anfang des Monats wurden in der Kabylai im Nordwesten Algeriens zehn unbewaffnete Demonstranten von Sicherheitskräften getötet. Ihr Protest richtete sich gegen die Verschlechterung der sozialen und wirtschaftlichen Situation sowie gegen die Festnahme mehrerer hundert Teilnehmer früherer Demonstrationen. Einige der Opfer wurden erschossen, andere wurden erstochen oder starben, nachdem sie von Gummigeschossen und Tränengasgranaten getroffen wurden.

"Wenn beide Seiten die Menschenrechtsklausel ernst nehmen, kann sie zu einem wirksamen Instrument für einen positiven Wandel werden", so der ai-Experte. In Algerien herrscht seit Jahren - weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit - eine Menschenrechtskrise, der jeden Monat eine erschreckend hohe Zahl von Menschen zum Opfer fällt. Zahlreiche Berichte dokumentieren Folterungen und Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte selbst an Frauen und Kindern. Dabei wird nur ein geringer Teil der Menschenrechtsverletzungen bekannt, weil ein Klima der Angst dazu führt, dass nur ein geringer Teil der Übergriffe angezeigt wird. Auch die Meinungsfreiheit ist in den vergangenen Monaten immer weiter eingeschränkt worden.

Seit 1992 haben es alle Regierungen des Landes versäumt, die zahlreichen schweren Menschenrechtsverletzungen gründlich, unabhängig und unparteiisch untersuchen zu lassen. Darüber hinaus haben sie auch alle Versuche internationaler Regierungs- und Nicht-Regierungsorganisationen abgewehrt, die Menschenrechtslage in Algerien zu beobachten. "Anti-Terrormaßnahmen" wurden in vielen Fällen zur Begründung für schwere Menschenrechtsverletzungen angeführt. "Die Missachtung der Menschenrechte durch die algerische Regierung fordert dringend wirksame Maßnahmen, die sicherstellen, dass die Menschenrechtsklausel des Assoziierungsabkommens umgesetzt wird", unterstrich Ali Al-Nasani.

amnesty international fordert die algerische Regierung und die EU deshalb auf, einen Mechanismus zu schaffen, der regelmäßig überprüft, ob die Menschenrechtsklausel eingehalten wird. Er sollte:
  • alle Entwicklungen im Bereich der Menschenrechte regelmäßig und unparteiisch überprüfen
  • und dabei besonderes Augenmerk auf die "Anti-Terrormaßnahmen" richten;
  • die algerischen Behörden dazu auffordern UNO-Menschenrechtsexperten Zugang zum Land zu gewähren;
  • messbare Ziele zur Verbesserung der Menschenrechtslage in Algerien aufstellen, die auf den Empfehlungen der UNO-Menschenrechtsorgane basieren.
Quelle: www.amnesty.de


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