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Etappensieg gegen Saatgutfabrik

Gericht in Córdoba stoppt vorerst Weiterbau *

Seit 118 Tagen halten die Bewohner des Widerstandscamps vor den Toren der von Monsanto geplanten Saatgutfabrik an der Landstraße A-88 bei Córdoba durch. Vor fünf Tagen erreichte sie eine frohe Botschaft, wiewohl keine endgültige: Eine Kammer des Arbeitsgerichtes der Provinz Córdoba gab den Klägern statt, die Verletzungen der Umweltgesetzgebung beim Bau der Saatgutfabrik monierten. Laut Gerichtsbeschluss müssen die Bauarbeiten unterbrochen werden, bis die Umweltverträglichkeitsprüfung abgeschlossen ist. Die argentinische Regionalzeitung »La Voz« geht davon aus, dass dies im Februar der Fall sein könnte. Die Kläger vermuten, dass Monsanto die Umweltverträglichkeitsprüfung bereits in der Tasche hat, da sowohl die Provinz Córdoba als auch die Zentralregierung in Buenos Aires die Monsanto-Investitionen begrüßen.

Monsanto ist seit den 50er Jahren in Argentinien. Schon 1956 begann der Multi laut seiner Website mit der Produktion und Vermarktung chemischer Produkte basierend auf Styrolderivaten. Seit 1996 dominiert Monsanto mit genmanipuliertem Saatgut den Markt in Argentinien. Heute ist der Konzern überall auf der Welt führend in der Herstellung und Verbreitung von genmanipuliertem Saatgut und Herbiziden, Insektiziden und anderen Agrarchemikalien.

In der Provinz Buenos Aires werden genmanipulierte Sonnenblumensamen, Mais und Soja produziert. Die jahrzehntelange Anpflanzung von Soja hat fast den gesamten Wald in Córdoba zerstört.

Bei den meisten Sprühaktionen wird das Unkrautvernichtungsmittel Round-up verwendet. Nach Angaben des »Universitären Netzwerks für Umwelt und Gesundheit – Ärzte in verätzten Städten« werden fast 22 Millionen Hektar Soja, Mais und andere transgene Agrarpflanzen in zwölf der 23 argentinischen Provinzen, in deren Dörfern zwölf Millionen Menschen leben, mit Glyphosat besprüht.

Der Biologe Raúl Montenegro von der Nationalen Universität von Córdoba, der 2004 den alternativen Nobelpreis erhielt, wirft den Behörden vor, die Untersuchung eines Zusammenhangs zwischen zunehmenden Gesundheitsproblemen und den Pestiziden unterlassen zu haben.

Ebenso wenig komme es zu einer angemessenen Untersuchung der Glyphosatwerte im menschlichen Blut und der Verseuchung der Wassertanks, erklärte Montenegro, der der Umweltstiftung FUNAM vorsitzt gegenüber der Agentur IPS. »Solche Versäumnisse machen Argentinien und Brasilien für Unternehmen wie Monsanto zu Paradiesen«, fügte er hinzu. »Die staatlichen Behörden fällten ihre Entscheidungen meist nur auf der Grundlage technischer Berichte und Angaben der Unternehmen selbst.«

2009 hatte die argentinische Präsidentin Cristina Fernández die Nationale Kommission zur Erforschung von Agrochemikalien geschaffen, die die Auswirkungen der Substanzen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt untersuchen, verhindern und behandeln sollten. Politische Konsequenzen hatte das bisher nicht. Mali

* Aus: neues deutschland, Montag, 13. Januar 2014


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