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Die Erwärmung und ihr Preis

Abschmelzen des arktischen Eises hat globale ökonomische Folgen

Von Andreas Knudsen *

Die globale Durchschnittstemperatur steigt, und das Meereis der Arktis und viele Gletscher, nicht zuletzt auf Grönland und in der Antarktis, schmelzen. Noch ist unklar, wie schnell, doch Ökonomen und Klimaforscher erwarten beträchtliche Folgekosten.

Mancher erhofft sich vom schmelzenden Arktiseis Vorteile. So rechnen Reeder mit kürzeren Reiserouten, Öl- und Gasförderer hoffen auf neue Vorkommen unter dem dann offenen Polarmeer. Demgegenüber wird als Schaden meist nur der Verlust einiger arktischer Tier- und Pflanzenarten in Rechnung gestellt.

Chris Hope und Peter Wadham von der Universität Cambridge sowie Gail Whiteman von der Universität Rotterdam haben stattdessen versucht, die Gesamtheit der Auswirkungen abzuschätzen (»Nature«, Bd. 499, S. 401). Die bedeutendste unbekannte Größe ist das Methan aus den tauenden Permafrostböden. Allein in Sibirien könnten in den nächsten 50 Jahren 50 Gigatonnen des potenten Treibhausgases freigesetzt werden. Das würde die globale Durchschnittstemperatur um zwei Grad steigern.

Schon in diesem Szenarium rechnen die drei Wissenschaftler mit 60 Billionen Dollar Kosten, falls es gelingt, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern.

Ohne Reduzierungsmaßnahmen könnten die Kosten laut Hope, Wadham und Whiteman auf unfassbare 400 Billionen Dollar steigen. Zum Vergleich: 2012 betrug das globale Bruttosozialprodukt »nur« 70 Billionen Dollar. Die möglichen Kosten verteilen sich nach den Berechnungen der Wissenschaftler ungleichmäßig über die Welt. Entwicklungsländer werden generell härter betroffen sein, da ihre Gegensteuerungsmöglichkeiten geringer sind. So könnten bis zu 80 Prozent der Kosten in Asien, Afrika und Südamerika anfallen. Überflutungen weiter Küstenstriche führen zu Verlust an Siedlungs- und Ackerland, zur Umsiedlung von Millionen von Menschen und zu verringerten Ernteerträgen. Die Überflutung von Küstengebieten werde zwar auch Europa und Nordamerika betreffen, dort gebe es aber bessere wirtschaftliche Voraussetzungen für aufwendige Schutzmaßnahmen.

Dagegen würden die vermuteten Zusammenhänge zwischen arktischen Tauprozessen und verstärkten Jetwinden in der Atmosphäre eine Häufung und Intensivierung von Stürmen auf der Nordhalbkugel bewirken und gleichzeitig die Winter in Europa länger und kälter machen, während die Sommer trockener werden. Auch hier wären Ernteverluste und Schäden an der Infrastruktur die kostspieligen Folgen.

Die drei Forscher fordern deshalb die verantwortlichen Politiker der Welt auf, schnellstmöglich Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase einzuleiten, um die zu erwartenden Kosten wenigstens zu dämpfen.

* Aus: neues deutschland, Montag, 12. August 2013


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