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Unruhige Verhältnisse im Südkaukasus

Schwere Zusammenstöße an der Waffenstillstandslinie um Berg-Karabach

Von André Widmer *

Im Schatten der Krise um die Ukraine hat sich der fast vergessene Konflikt um Berg-Karabach in der vergangenen Woche intensiviert – wie auch die jüngsten Gefechte vom Wochenende zeigen.

In der Nacht vom vergangenen Donnerstag auf Freitag sind an der Waffenstillstandslinie um Berg-Karabach nahe dem Dorf Gapanli im Bezirk Terter acht aserbaidshanische Soldaten ums Leben gekommen. Das berichtete die halbprivate Nachrichtenagentur apa. Vier weitere Militärangehörige seien verletzt worden. Das Verteidigungsministerium Aserbaidshans machte für den Vorfall »armenische Erkundungs- und Sabotagegruppen« verantwortlich.

Schon zuvor war der Tod zweier Aserbaidschaner gemeldet worden. Zudem meldete auch die Armee der armenischen Separatisten, dass zwei ihrer Soldaten nach einem »Einfall von aserbaidshanischen Kräften« getötet worden seien.

Stunden zuvor hatten Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) auf beiden Seiten der Waffenstillstandslinie eine ihrer regelmäßigen Beobachtungsmissionen unternommen, wobei es keine besonderen Vorkommnisse gegeben haben soll. Das ist jedoch wenig verwunderlich, werden doch beide Konfliktparteien über diese Besuche im Voraus informiert. In der gleichen Woche hatte zudem der armenische Verteidigungsminister Seyrhan Ohanyan die karabach-armenischen Paramilitärs besucht.

Der Zwischenfall ist das schwerste Vorkommnis an der Waffenstillstandslinie zwischen den armenisch besetzten Territorien um Berg-Karabach und Aserbaidshan seit dem Jahre 2010, als es tödliche Scharmützel bei Martakert/Agdere gab. Vor drei Wochen wurden nach armenischen Angaben in der Region Kelbadschar, die außerhalb Berg-Karabachs liegt, aber auch von Armeniern besetzt gehalten wird, zwei Aserbaidshaner festgenommen. Immer wieder bezichtigen die beiden Konfliktparteien einander, Verstöße gegen das Waffenstillstandsabkommen aus dem Jahre 1994 zu begehen. Meist werden dabei unterschiedliche Opferzahlen angegeben.

Der Konflikt war noch in Zeiten des Zerfalls der UdSSR ausgebrochen. In einem blutigen Krieg zu Beginn der 90er Jahre besetzten Armenier das ohnehin mehrheitlich armenisch besiedelte, aber als Autonomes Gebiet zur früheren Aserbaidshanischen Sowjetrepublik gehörende Berg-Karabach und sieben weitere Bezirke Aserbaidshans. Die Okkupation wurde in vier UNO-Resolutionen verurteilt. Etwa 30 000 Menschen starben, Hunderttausende flüchteten und konnten bisher nicht in ihre angestammte Heimat zurückkehren. Alle Vermittlungsversuche der OSZE zur Beilegung des Konflikts endeten bisher erfolglos.

* Aus: neues deutschland, Montag 4. August 2014


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