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Aufmarsch gegen China

USA reaktivieren Militärstützpunkte in Südostasien

Von Knut Mellenthin *

Die USA feiern den Jahrestag des Beginns des Koreakrieges vor 62 Jahren auf ihre eigene Art: Am Freitag veranstalteten sie mit ihren südkoreanischen Verbündeten weniger als 50 Kilometer von der Grenze zur Demokratischen Volksrepublik entfernt das größte Übungsschießen mit scharfer Artillerie- und Panzermunition seit jenem Krieg. Im Zielgebiet war eine weithin sichtbare große nordkoreanische Flagge postiert. Am Ende wurde die Fahne gegen die des »siegreichen« Südkorea ausgetauscht. Mehrere hundert Medienvertreter und über 4000 Zuschauer verfolgten das Schauspiel.

Das Übungsschießen war der Prolog zu einem dreitägigen Land-, See- und Luftmanöver, das am Sonnabend begann. Beteiligt waren daran nach Pentagon-Angaben 8000 Soldaten, mehr als hundert Kampfflugzeuge, ein US-Flugzeugträger und zehn südkoreanische Kriegsschiffe.

Die DVRK protestierte gegen die »Provokationen« und kündigte an, sie werde ihre »nukleare Abschreckung verstärken«. Die Drohgeste Washingtons richtet sich darüber hinaus aber auch gegen das nahegelegene China. Die USA arbeiten am Wiederaufbau ihrer in den letzten Jahrzehnten teils aufgegebenen, teils verlorengegangenen Stützpunkte in Südostasien. Reisen von Verteidigungsminister Leon Panetta und Generalstabschef Martin Dempsey in diesem Monat unterstrichen das strategische Ziel.

Panetta besuchte Anfang Juni Vietnam als höchstes Regierungsmitglied seit Ende des jahreslangen Krieges, den die USA dem Land aufgezwungen hatten. Ausgerechnet in Cam Ranh, einst der zentrale Militärhafen für den Nachschub der Aggressoren, äußerte der Pentagon-Chef den Wunsch nach mehr »Zugang« für amerikanische Kriegsschiffe. Diese konnten in den vergangenen Jahren zwar schon wiederholt in vietnamesischen Häfen anlegen, nicht aber in Cam Ranh. Dabei sind die USA an diesem Ort besonders interessiert, weil es sich um einen Tiefwasserhafen handelt.

Kurz darauf war Dempsey in Thailand, auf den Philippinen und in Singapur zu Gast. In dem Stadtstaat hat sich die US-Marine bereits gut positioniert: Aufgrund einer Anfang des Monats bekanntgegebenen Vereinbarung können die Vereinigten Staaten dort »auf Rotationsbasis« bis zu vier Kampfschiffe stationieren, die besonders auf den Einsatz in flachen Küstengewässern spezialisiert sind. Die Schiffe sollen ständig in der Region bleiben, nur die Mannschaften werden regelmäßig ausgetauscht.

In Thailand plant das Pentagon den Ausbau des Luftstützpunkts U-Tapao, der während des Vietnamkriegs angelegt wurde. Die USA können die dortige Landebahn – eine der längsten in Asien – bereits jetzt für Truppentransporte und als Manöverbasis nutzen.

Ihren letzten Marinestützpunkt auf den Philippinen, Subic Bay, mußten die Amerikaner 1992 unter politischem Druck räumen, nachdem sie 1991 schon die Clark Air Base aufgegeben hatten. Inzwischen hat das US-Militär längst begonnen, im Inselstaat wieder Fuß zu fassen. Das muß allerdings aufgrund der immer noch starken Opposition als »vorübergehender Aufenthalt« deklariert werden. Unter diesem weitgefaßten Begriff unterhalten die USA nun allerdings schon seit 2002 rund 600 Soldaten auf der Insel Mindanao, die als Berater und Ausbilder an der Aufstandsbekämpfung teilnehmen. Ähnlich »zeitweilig« möchte das Pentagon demnächst auch Militärstützpunkte nutzen können.

Bereits im November 2011 vereinbarte Washington mit Australien, daß dort bis zu 2500 Marines »rotierend« stationiert werden können. Die Gesamtstärke soll 2017 erreicht werden.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 26. Juni 2012


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