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Australien wieder "offen für neue Geschäfte"

Konservative besiegen Labor-Partei

Von Daniel Kestenholz *

Der bisherige australische Oppositionsführer Tony Abbott ist am Ziel: Mit einer relativ komfortablen Mehrheit von knapp 90 Sitzen im 150-köpfigen Parlament bringt Abbott seine konservativen Liberalen nach sechsjähriger Unterbrechung wieder an die Regierung.

Nach einem Wahlsonnabend ohne Überraschungen verkündete der 55-jährige Tony Abbott vier Jahre nach Übernahme des Parteivorsitzes den Sieg seiner konservativen Liberalen. »Ab heute ist unser Land unter neuem Management und offen für neue Geschäfte.« Der bisherige Regierungschef Kevin Rudd, Vorsitzender der sozialdemokratischen Labor-Partei, gestand seine Niederlage kurz nach Schließung der Wahllokale bitter enttäuscht ein. Wohl nie zuvor hatte eine australische Regierungspartei der Opposition den Sieg so leicht gemacht. Denn Abbott, der gar nicht sonderlich populär ist, profitierte vom desolaten Zustand der zerstrittenen Sozialdemokraten. Selbst in deren klassischen Hochburgen war die Wahlbeteiligung gering. Und das, obwohl in Australien Wahlpflicht herrscht. Wer den Urnen fernbleibt, zahlt ein Bußgeld von umgerechnet knapp 15 Euro.

Während Rudd eine langatmige, tränenreiche Abschiedsrede hielt, versprach ein strahlender, von Frau und Töchtern flankierter Abbott, in Australien »den Appetit auf Risiko und Investitionen neu zu wecken«. Der Konservative, der sich als »pragmatischer Nationalist« bezeichnet, will nicht nur wie sein Vorgänger einen härteren Kurs in der Asylpolitik fahren. Als gläubiger Katholik, der als eine Art »australischer George W. Bush« gilt, hält er im Gegensatz zu Rudd nichts von gleichgeschlechtlicher Ehe, und die unter Labor eingeführte, unpopuläre CO2- und Rohstoffsteuer will er wieder abschaffen. »Wir werden den Rohstoffboom wieder starten«, versicherte er. Die Entwicklungshilfe dagegen soll gekürzt werden. Kein Wunder, dass Australiens derart hofierter Unternehmerverband angesichts des Wahlergebnisses entzückt ist.

Mit einem letzten Seitenhieb gegen die künftige Opposition, die sich durch ihre internen Führungskämpfe die Gunst vieler Wähler verspielt hatte, versicherte Abbott populistisch, mehr auf die Stimme des Volkes zu hören. »Es sind die Menschen Australiens, die Regierung und Premierminister bestimmen, und ihr werdet jeden bestrafen, der das für selbstverständlich hält.«

Am Ende des Wahlkampfes hatten selbst Zeitungen, die traditionell hinter den Sozialdemokraten stehen, Abbott das Vertrauen ausgesprochen. Gerade noch »The Age« unterstützte den angeschlagenen Rudd, der jetzt die Konsequenzen zieht und auch vom Labor-Vorsitz zurücktritt. In der Partei mehren sich derweil Stimmen, er solle sich ganz aus der Politik zurückziehen.

Während sich Rudd noch lauthals für einen US-Militärschlag gegen Syriens Assad-Regierung stark machte, differenzierte Abbott immerhin: Syrien sei nicht einfach eine Frage von »Guten gegen Böse«, sondern von »Bösen gegen Böse«. Ungeachtet dessen wird Australien auch unter seiner Regierung ein treuer Verbündeter der USA bleiben.

* Aus: neues deutschland, Montag, 9. September 2013


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