Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Dämpfer für Österreichs Rechte

Freiheitliche Partei verliert bei Regionalwahlen in Kärnten und Niederösterreich

Von Simon Loidl *

Von 44,9 Prozent auf 17,1 Prozent – einen so deutlichen Absturz, wie ihn die rechte Freiheitliche Partei Kärntens (FPK) bei den Landtagswahlen am Sonntag erlebt hat, gab es bisher noch nie bei einer Wahl in Österreich. Nach 13 Jahren an der Regierung müssen die Freiheitlichen den Posten des Landeshauptmanns (Ministerpräsident) in ihrer bisherigen südösterreichischen Hochburg an die Sozialdemokraten (SPÖ) abtreten. Diese konnten 8,4 Prozent zulegen und sind mit 37,1 Prozent nun die stärkste Partei in Kärnten.

Der Grund für die Verluste der Freiheitlichen ist im Zusammenbruch des »System Haider« zu suchen. Der im Oktober 2008 alkoholisiert verunfallte Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hatte sich mit einer Mischung aus Klientelpolitik, Korruption, Ausländerfeindlichkeit und neoliberaler Privatisierungspolitik Zustimmung erkauft und die traditionell starke Stellung der Freiheitlichen bzw. des 2005 nach Flügelkämpfen gegründeten »Bündnis Zukunft Österreich« (BZÖ) in Kärnten zementiert. Der Haider-Mythos konnte von dessen politischen Erben bei den Landtagswahlen 2009 noch einmal in einen politischen Erfolg umgemünzt werden. Danach wurde immer deutlicher, daß die auf den ersten Blick erfolgreiche Politik Haiders auf Korruption und dem Verkauf von Landeseigentum beruht hatte. Im Ergebnis ist Kärnten nun pleite, die Armut steigt, und die Arbeitslosenrate liegt über dem österreichischen Durchschnitt. Während der vergangenen Jahre ermittelte die Justiz zudem gegen mehrere freiheitliche Politker wegen Amtsmißbrauch, Bestechlichkeit und Untreue. Im Sommer 2012 beendete die ebenfalls in Korruptionsfälle verstrickte Kärntner Volkspartei (ÖVP) ihre Koalition mit der FPK.

Auch in Niederösterreich wurde am Sonntag gewählt. Im zweitgrößten österreichischen Bundesland konnte die konservative ÖVP ihre absolute Mehrheit trotz Verlusten halten und steht nun bei 50,8 Prozent. Wahlverlierer war die SPÖ, die ihr bis dahin schlechtestes Ergebnis von 2008 (25,5 Prozent) noch einmal unterbot und nurmehr 21,6 Prozent der Stimmen bekam. Wie in Kärnten konnten die niederösterreichischen Grünen zulegen und liegen mit acht Prozent nur knapp hinter der FPÖ, die 2,3 Prozent verlor.

Die KPÖ errang in Niederösterreich 0,78 Prozent der Stimmen und damit ein etwas schlechteres Ergebnis als 2008. In Kärnten unterstützten die Kommunisten die »Allianz Soziales Kärnten«, die lediglich 0,23 Prozent errang. 2009 kreuzten noch mehr als doppelt so viele Kärntner die KPÖ am Stimmzettel an.

Der große Gewinner bei beiden Abstimmungen war Frank Stronach. Der Milliardär und Gründer des Magna-Konzerns ist erst seit vergangenem Sommer politisch aktiv. Fünf Parlamentsabgeordnete von SPÖ und BZÖ wechselten im Herbst zum neu gegründeten »Team Stronach«, das seither ungewählt im Nationalrat vertreten ist. Am Sonntag stellte sich die Partei nun erstmals einer Abstimmung und erzielte 11,3 (Kärnten) bzw. 9,8 Prozent (Niederösterreich) der Stimmen. Wofür Stronach politisch steht, bleibt weiterhin im vagen. Programm hat die Partei noch keines, ihr Vorsitzender kämpft mit neoliberalen Schlagworten, garniert mit EU-Skepsis, um die Gunst der Wählerinnen und Wähler.

Die Abstimmungen am Sonntag waren der Auftakt zu einem österreichischen »Superwahljahr«. Im Frühjahr entscheiden die Salzburger und Tiroler über die Zusammensetzung ihrer Landesparlamente, im September finden Nationalratswahlen statt. Bei allen Urnengängen gibt es zwei große Unbekannte. Da ist zum einen die Frage, ob das »Team Stronach« weitere Erfolge einfahren kann. Zum anderen hängt viel von der Reaktion der Wähler auf weitere politische Skandale ab. So finden auch die Landtagswahlen in Salzburg außerplanmäßig statt. Im Herbst zerbrach dort die Koalition aus SPÖ und ÖVP nach einer Affäre um verspekulierte Steuergelder. Diese hatte vor allem die SPÖ zu verantworten, die sich seither um Schadensbegrenzung bemüht.

* Aus: junge Welt, Dienstag, 05. März 2013


Zurück zur Österreich-Seite

Zurück zur Homepage