Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Trotz Toten steigen die Exporte

Zulieferer in Bangladesch fallen nicht unter Brandschutzabkommen

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Ein Brandschutzabkommen soll helfen, neue Katastrophen in Bangladeschs Textilindustrie zu verhindern. Doch Zulieferbetriebe sind davon ausgenommen. Dazu gehört auch die Fabrik, in der es diese Woche gebrannt hat. Die Branche freut sich derweil über steigende Exporte.

Bangladeschs Bekleidungsindustrie wird sein Image als Todesfalle nicht los. Der jüngste Brand in der Aswad Knitting and Dyeing Factory in Gazipur, nahe der Hauptstadt Dhaka, ist ein neues Beispiel dafür. Nur eine von zehn Textilfabriken im Land gilt als halbwegs sicher.

Kurz vor dem Ausbruch der neuerlichen Katastrophe hatte das Internetportal Bdnews24.com noch aus Dhaka berichtet, dass Bangladeschs Exporte zwischen Juli und September gegenüber dem Vorjahr um 21 Prozent gestiegen waren. Produkte der Bekleidungsindustrie machen 80 Prozent aller Exporte aus. Bei Strickwaren habe es im 1. Quartal einen Umsatz von 3,16 Milliarden Dollar (2,3 Milliarden Euro) gegeben, 14 Prozent mehr als geplant. Insgesamt erzielt dieser Industriezweig, in dem rund vier Millionen Menschen beschäftigt sind, durchschnittlich 20 Milliarden Dollar Gewinn im Jahr.

Der ehemalige Gouverneur der Zentralbank Bangladeschs, Mohammed Farashuddin, kommentierte: »Wir dürfen uns darauf nicht ausruhen. Wir müssen die Betriebe modernisieren. Exporte werden weiterhin steigen, wenn wir sicherstellen, dass nicht noch mehr Arbeiter durch Feuer oder das Einstürzen von Gebäuden getötet werden. Kein anderes Land kann unseren Preisen Paroli bieten - wegen der Billiglöhne hier.« Nur ein paar Stunden später starben wieder Arbeiter.

Atikul Islam, der Präsident der Assoziation der Bekleidungshersteller und Exporteure, sieht die jüngsten Zahlen kritischer. Seit der Tragödie von Rana-Plaza, bei der im April diesen Jahres 1127 Menschen getötet und 2438 verletzt wurden, seien die Bestellungen »drastisch zurückgegangen«.

Seit Juli ist ein Brandschutzabkommen für einige Bereiche der Textilbranche Bangladeschs in Kraft. Es wurde von 70 internationalen Konzernen, den Abnehmern der Produkte, und den USA - und Gewerkschaftsvertretern unterzeichnet. Das Abkommen sieht Inspektorengruppen vor, die vor Ort den Zustand der Fabriken überprüfen und bei katastrophalen Mängeln die Produktionsstätte auch schließen lassen. Bis Februar 2014 sollen 1200 Betriebe von insgesamt 4500 unter die Lupe genommen werden.

Das ist ein erster, aber nicht ausreichender Schritt. Überlegt werden muss auch eine Ergänzung des Abkommens. Das zeigt der Fall von Aswad deutlich. Dieser Betrieb, der Garne und Stoffe herstellt, also zuliefert, fällt nicht unter das Abkommen.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 11. Oktober 2013


Zurück zur Bangladesch-Seite

Zurück zur Homepage