In den Händen eines "Unschuldigen"
Über die vorteilhaften Geschäfte des transnationalen Energiekonzerns Enron in Bolivien
Von J. Osvaldo Calle Quińónez
Antonio Araníbar, einer der Minister der den Vertrag unterzeichnete, der der Enron in Bolivien Tuer und
Tor oeffnete, ist wieder in die Politik zurueckgekehrt, und zwar in keiner geringeren Funktion als der
des Ministers fuer Bergbau und Kohlenwasserstoffe im Kabinett Mesa. Vorsichtshalber erzaehlte er dem
Praesidenten bei seiner Amtsuebernahme, dass er frueher fuer die Petroindustrie gearbeitet hatte. Hat er
ihm dabei wohl auch erzaehlt, dass es einen Vertrag unterzeichnete, der die Enron in den Besitz von 130
Million Dollar brachte, ohne dafuer auch nur einen Dollar einzusetzen? Ein Mann, der bestätigt, "guten
Glaubens" einen Vertrag unterzeichnet zu haben, traegt nun die Verantwortung dafuer, die Interessen
Boliviens in Verhandlungen mit den maechtigsten Unternehmern der Welt, naemlich den
Erdoelkonzernen, zu vertreten.
Die Unruhen im Oktober waren ein beunruhigendes Signal für die transnationalen Firmen, die in Bolivien
operieren. Die Vorstellung von einem Referendum ueber den Export von Gas sowie ein neues Gesetze
der Kohlenwasserstoffe, bereitete ihnen Sorgen. Jetzt jedoch, mit Antonio Araníbar als zustaendigem
Minister, koennen die Industriellen der Petroindustrie beruhigt sein. Der Mann, der den Vertrag mit der
Enron unterzeichnete; der Mann, der fuehrend im Ministerkabinett der Kapitalisation war; der Mann, der
das Kohlenwasserstoff-Gesetz verabschiedete; und der Mann, der zwei Tage vor seinem Ausscheiden
das Dekret 24806 verordnete und der danach als Berater der Petroindustrie taetig war, ist nun niemand
geringeres als Minister fuer Bergbau und Kohlenwasserstoffe.
Araníbar fuehrte in den 70er Jahren im Inneren der Partei MIR den Fluegel an, der die "Keimzelle der
revolutionären Proletarier" bilden wollte. Er scheiterte als Praesidentschaftskandidat der "Vereinigten
Volksfront", eines Bündnisses, zwischen der Kommunistischen Partei Boliviens (PCB), der Bewegung
zum Sozialismus (MAS), der Revolutionären Partei der Nationalen Linken (PRIN) und Stroemungen
der MIR. Das waren die Zeiten, als Araníbar "links" war. Aber später aenderte er die politische
Richtung und endete als Kanzler der Regierung, die als bestes Beispiel fuer den Neoliberalismus in
Bolivien gilt: die Regierung von Gonzalo Sanchez de Lozada.
Araníbar, Gründer und Ex- Präsident der im Niedergang begriffenen "Bewegung fuer die Befreiung
Boliviens" (MBL), einer Partei, die in beiden Regierungenperioden von Sanchez de Lozada
Koalitionspartner der MNR, war, tritt die Nachfolge von Alvaro Rios an. Alvaro Rios seinerseits ist ein
nicht ungeschickter aber unerfahrener Politiker, legte das Amt als Minister fuer Bergbau und
Kohlenwasserstoffe nieder, einen Tag nachdem er vor der Abgeordnetenkammer eine Erklärung zum
Stand des Gesetzesentwurfes fuer das Kohlenwasserstoffgesetz und seiner Verbindung zu Prosertec
abgab, der Firma, die von Rios Bruder geleitet wird, und mit der er einen Vertrag ueber 20 Millionen
Dollar abschloss.
Die Enron in Bolivien
Vor fast 10 Jahren, war Araníbar einer der Unterzeichner des Vertrages, der der verschuldeten Enron
den Einzug in Bolivien ermoeglichte, des Oelkonzerns der nun das weltweite Musterbeispiel dafuer ist,
welches Ausmass die Korruption der Transnationalen erreicht.
Der Vertrag "Aktiengemeinschaft mit Aktionärspakt", der in Miami von Gonzalo Sanchez de Lozada,
Antonio Araníbar und Mauricio Gonzáles unterzeichnet wurde, war von A bis Z rechtswidrig. Die wenigen vorhandenen Dokumente und Belege beweisen dies. Damit angefangen, dass nichts ueber
die Angebote der anderen Unternehmen, die an der Ausschreibung teilnahmen, aus der die Enron als
Gewinner hervorging, bekannt ist. Allerdings existiert ein Bericht der Sonderpruefungskommission, den
der ehemalige Präsident der staatlichen Ölkonzerne Arturo Castańos an Jaime Villalobos uebergab, und
der von Rigoberto Mollinedo, dem Vorsitzenden der Generalpruefungsdirektion der YPFB unterzeichnet
wurde. Aus diesem Bericht geht hervor, dass in den Registern der staatlichen Oelkonzerne keine Briefe
an BTB, Novacorp, Transcanadá und Totál, und die anderen Firmen, existieren, die laut Ministerium der
Kapitalisation an dem Ausschreibung teilgenommen haben sollen, aus der die Enron schliesslich
ausgewaehlt wurde.
Crown Agents, das Unternehmen, das empfahl, mit besagter amerikanischer Firma den Vetrag
abzuschliessen, reichte den einfuehrenden Bericht des Beraters W. G. Hügel Wilson am 15. Juli 1994
ein, obgleich die Vereinbarung zwischen YPFB und Enron am 13. Juli 1994 unterzeichnet wurde.
Der Prüfungsbericht kommt zur Ergebnis, dass der Vertrag mit der Enron "direkt" abgeschlossen
wurde. In anderen Worten bedeutet das, das die Enron von jemandem protegiert wurde und, was die
Sache noch schlimmer macht, das dieser jemand alle Dokumente an sich nahm. Diese Schlussfolgerung
ergibt sich aus erwähnten Pruefungsbericht, gemaess dessen Castańos versicherte, dass "die Archive
der betreffenden Organisation (YPFB, Anmerkung des Verfassers), minutioes ueberprueft wurden;
folglich die Unterlagen nicht eingereicht oder, falls doch, nachtraeglich entfernt wurden".
Zwei Jahre nach Abschluss der Vereinbarung, als das Dokument im Land bekannt wurde, war die
Niederlassung der Enron in Bolivien nirgendwo vermerkt. Nach Auffassung der bolivianischen Gesetze,
war die Enron eine Scheinfirma.
Der Zeuge
Aber nicht nur das Auswahlverfahren war rechtswidrig, sondern auch der Vertrag, der von eben jenem
neuen Minister unterzeichnete wurde. Araníbar, seinerzeit Kanzler und als solcher per Definition dafuer verantwortlich, Bolivien in den
internationalen Foren zu vertreten, war bereit, einen Vertrag zu unterschreiben, der den Gesetzen des
Staates New York unterliegt, ein Aspekt, der der Verfassung Boliviens widerspricht. Aus diesem Grund
wurden Sanchez de Lozada und sein Kabinett auch beschuldigt, das Vaterland zu verkaufen und man
rief ihnen auf der Strasse "Vaterlandsverraeter" nach. Die Verordnung, haette ein Eingreifen der Staatsanwaltschaft zur Folge haben muesen, da sie der
Zustimmung des Notariat fuer Gruben und Erdöl der Stadt von La Paz unterlegen hatte. Dem wurde
aus dem Weg gegangen, indem das Dokument in den Vereinigten Staaten unterzeichnet wurde.
Araníbar, Vorsitzender des Ministerrats von Sanchez de Lozada, hielt sich also nicht einmal an die
Verordnungen, die von seiner eigenen Regierung verabschiedet wurden. In dieser Angelegenheit hat Araníbar auch keinerlei Entschuldigung, da Artikel 106 der Verfassung
besagt, dass "keine mündliche oder schriftliche Anordnung des Präsidenten der Republik die Minister
von ihrer Verantwortung befreit".
Der Nutzen für die Enron
Dieser Vertrag wurde so aufgesetzt, dass er der Enron 18 Prozent Gewinnanteil garantierte. Kritiker aus
dem Volk setzten durch, dass sich das Niveau auf 15% reduzierte, obwohl es spaeter wieder auf 17
Prozent angehoben wurde. (Zu einem spaeteren Zeitpunkt, besserete Jorge Quiroga das garantierte
Niveau der Gewinnanteile zu Gunsten der Enron auf 17,5 Prozent nach. Der Minister im Energiebereich
war damals Carlos Kempff, der sowohl vor, als auch nach seiner Regierungstaetigkeit Direktor von
Transredes war. Quiroga war damit vielleicht der Präsident, der den Oelkonzernen in Bolivien die
meisten Vorteile einraeumte.)
Araníbar ist ein Minister ohne Gewissensbisse. Die Enron macht ihm kein schlechtes Gewissen, er
verteidigt sie sogar. Und als ob dies noch nicht genug waere, geniesst er auch noch das Vertrauen des
beliebten Präsidenten Carlos Mesa. "Es ist schwierig (...) eine Persoenlichkeit zu finden, die alle Eigenschaften auf sich vereint, die man
fuer diese verantwortliche Aufgabe benötigt, ganz abgesehen von der Wertschaetzung, die ich ihm
persoenlich als Freund entgegenbringe. Ich glaube, dass wir auf ihn als Minister bauen koennen, auf
jemanden, der seine Aufgaben in erster Linie im Dienst fuer die Oeffentlichkeit sieht. Auf die
Herausforderungen, die wir erwaehnt haben, und die zweifelsohne immens sind, wird er in adaequater
Weise reagieren koennen, da bin ich mir sicher." Sagte Mesa ueber Araníbar am Tag seiner
Amtseinsetzung.
Vorsichtshalber, bestätigte Araníbar noch am selben Tag, daß er selbst den Präsidenten darueber
informierte, dass er als Berater der Ölkonzerne gearbeitet hatte.
Hat der Minister dem Präsident wohl auch erzaehlt, dass die Enron nicht einen einzigen Dollar
einzusetzten brauchte, um in den Besitz von 17 Prozent der Aktien der GTB zu kommen - der Firma,
die die Gasleitung zwischen Bolivien und Brasilien auf bolivianischer Seite betreibt - und in den Besitz
von 4 Prozent der TBG-Aktien, dem Betreiber der Gasleitung auf brasilianischer Seite?
Was tat die Enron dazu, um in den Genuss dieser Teilhabe zu gelangen, die nach Ansicht des
Präsidentendelegierten für die Revision und Verbesserung der Kapitalisation, Juan Carlos Virreira, auf
mindestens 130 Million Dollar geschaetzt werden kann? Der Vertrag hatte zum Gegenstand, "den Projektabschnitts der Konstruktion der Erdgasleitung von
Bolivien nach Brasilien zu entwickeln, zu finanzieren, zu bauen und zu betreiben". (Ausserdem
beinhaltete der Vertrag die "Mitarbeit an der Entwicklung, der Finanzierung, der Konstruktion und dem
Betrieb des Abschnittes der Erdgasleitung auf brasilianischem Boden". Dieser Aspekt haette ein ernstes
diplomatisches Problem nach sich ziehen koennen, weil der Präsident und der Kanzler Boliviens mit der
Enron ein Vertrag abschlossen, der brasilianische Interessen gefährdete.)
Warum kam die Enron eigentlich? Der Vertrag ueber den Kauf und Verkauf von Gas wurde im Februar
1993 unterzeichnet, aber es fehlte die Finanzierung, die von der Enron uebernommen werden sollte. Mit diesem Argument rechtfertigte Sanchez de Lozada den Vertrag mit den Transnationalen jedes Mal,
wenn Rebeca Mark in den Regierungspalast kam.
Aber die Enron liess diese Absicht scheiten. Die Gasleitung wurde zwar gebaut, aber mit Geld von
Petrobras. Dies ist eine Tatsache, die von der MNR-Regierung versucht wurde zu bestreiten, was darin
gipfelte, dass das Ministerium der Sozialkommunikation am 16. Mai 1996 eine amtliche Nachricht
ausstrahlte, die bestätigte, dass "Petrobras nicht anbot, die Gasleitung mit 1.639 Millionen Dollar zu
investieren". Die Geschichte zeigte, dass die Regierung von Sanchez de Lozada und seinen Ministern
dem bolivianischen Volk Informationen verheimlichte.
Hielt sich die Enron an die Vereinbarungen?
Aber haben nun jene recht, die nach wie vor die Enron verteidigen, unter ihnen Minister Araníbar, der in
einem Fernsehinterview sagte, dass die Transnationalen den Vertrag erfüllten? Gemaess dem Dokument hatte die Enron die Verpflichtung, die Joint Venture zu unterstuetzen, die
Nachfrage nach Gases zu analysieren, die YPFB zu unterstuetzen, sich mit der YPFB abzustimmen und
die Versorgung mit Gas sowie ausreichende Reserven sicherzustellen, um den Auflagen der YPFB
gerecht zu werden.
Was jedoch die Finanzierung angeht, bestand der grundlegende Aspekt des Vertrages darin, das sich die
Enron nur dazu verpflichtete "die bestmoeglichen Bemühungen anzustellen, den Joint Venture Vertrag
darin zu unterstuetzen, Anschubfinanzierung zu bekommen und dauerhafte Mittel fuer das Projekt zu
gewaehrleisten". So gesehen, hat die Enron in der Tat den Vertrag erfüllt. Wer könnte beweisen, dass
die Enron nicht die groestmoeglichen Bemuehungen fuer das Projekt anstellte, wenn die Ergebnisse
dabei keine Rolle spielen? In diesem Zusammenhang aeusserte sich die Enron sinngemaess "wir taten
alles, was wir konnten, aber wir haben die Zielsetzung nicht erreicht; aber jetzt gebt mir meinen Anteil
von 40 Prozent". Und die Regierung von Sanchez de Lozada gab die 40 Prozent. Bessere Bedingungen haette eine Firma nicht haben können. Fast die Hälfte aus dem Handel zu erhalten
und im Gegenzug dafuer nichts tun zu muessen.
Im Durchschnitt 260 Millionen Dollar
Der Vertrag gab der Enron das Recht auf 34 Prozent des Geschaefts aus der Gasleitung auf
bolivianischer und auf 8 Prozent auf brasilianischer Seite. Aber die Enron wollte mehr, sie wollte die Gasleitung kontrollieren. Aus diesem Grund erschien sie im
Prozess der Kapitalisation der Einheit fuer Transport, der YPFB, heute Transredes. Dies loeste
Misstrauen bei den anderen Interessenten aus, die ihrerseits die Regierung unter Druck setzten, die
Enron dazu zu verpflichten, die Haelfte des Geschäfts an eine andere Firma abzugeben. Durch diese Verpflichtung trat Enron die Hälfte der "Verdienste" aus dem Vertrag an Shell ab, einer
Firma, deren Niederlassung in Bolivien unter der Beteiligung von Gabriel Alfonso Revollo Thenier, dem
Bruder des Ministers fuer Kapitalisation, aufgebaut wurde.
Wieviel Geld forderte die Enron, fuer den Verzicht auf die Anteile? Und verzichtete sie wirklich darauf? Diese Fragen sind bis jetzt nicht aufgeklärt, auch nicht in den Untersuchungen von Virreira.
Was sich bestaetigen konnte, ist, dass die in den Vereinigten Staaten unter Anklage stehenden
Transnationale, ohne auch nur einen Dollar zu investieren, geschaetzte Anteile von 260 Millionen Dollar
auf beiden Seiten der Gasleitung erreichte, von denen die Enron noch 130 Millionen kontrolliert.
Das Kohlenwasserstoffgesetz und die Verordnung 24806
Aber der Schatten von Araníbar beschraenkt sich nicht auf die Unterschrift unter dem Vertrag mit der
Enron. Als Minister war er an der Verabschiedung des Kohlenwasserstoffgesetzes beteiligt, dem
Gesetz, das dem Export von bolivianischem Gas nach Chile die Türen öffnete und die genauen
Koordinaten von Ausgangs- und Endpunkt festlegte, die den Bau einer Leitung erlaubten, um das
tranandine Nachbarland mit Gas beliefern zu koennen, dessen Wirtschaftsmacht durch die Energie Krise
bedroht war.
Wenn sich nicht der Widerstand des Militärs angekuendigt haette, waere Araníbar auf der Liste der
Minister, die den Bau einer Gasleitung zwischen Tarija und Tocopilla genehmigten, über die der
Ex-Präsident der YPFB, Mauricio Gonzáles Sfeir mit der Nationalen Oelgesellschaft Chiles (ENAP) und
mit der transnationaler Firma BHP verhandelte. Auf Druck der MBL, deren Parteivorsitz Araníbar
innehatte, wurde das Kohlenwasserstoff-Gesetz in dem Moment genehmigt, in dem Bolivien, wie Víctor
Paz es nannte "die Mutter aller Schlachten" schlug; als sich das bolivianische Volk gegen den Verkauf
der Erdvorkommen auflehnte. Araníbar und Miguel Urioste zwangen die David Coulthard gefuehrte
Arbeitergewerkschaft der Petroindustrie (FSTPB), ihren Hungerstreik und die gesellschaftlichen
Mobilisierungen abzubrechen und boten ihnen hierfuer im Gegenzug Aktien der Petroindustrie zu
Dumpingpreisen an. Später unterzeichnete Araníbar alle im Kohlenwasserstoff-Gesetz vorgeschriebenen Verordnungen, die
die transnationalen Firmen von der Steuer befreiten und dem Land alle Entscheidungsgewalt zum
Thema Gas abnahmen.
Unter diesen Verordnungen ist auch die zu trauriger Beruehmtheit gelangte Verordnung 24806 vom 4.
August 1997, unterzeichnet zwei Tage vor Ablauf der Legislaturperiode des Ex-Präsidenten und seines
Kapitalisierungskabinetts. Die Verordnung 24806 billigte ein Vertragsmodell, das die Uebereignung der
Kohlenwasserstoffe an die transnationalen Firmen gestattete.
Diese Verordnung lieferte wesentlich Zuendstoff fuer den Aufstand im Oktober, den die Regierung
niederzuhalten versuchte - mit einer Bilanz von nahezu 60 Toten. Dies endete in der Flucht von Sanchez
de Lozada und der Amtsuebernahme von Mesa, dem Mann, der zugab, gefragt worden zu sein, ob er
den Mut haette zu toeten. Mesa setzte die Verordnung 24806 ausser Kraft, aber dies machte die
Entscheidungen, die bereits unter dem Schutz dieser Verordnung getroffen worden waren, nicht
rueckgaengig.
Ein Kanzler, der das Meer vergaß
In den vier Jahren, in denen Araníbar Kanzler der Republik war, vergass Bolivien seine Forderung nach
einem Zugang zum Meer. Araníbar war Kanzler einer pro-chilenischen Regierung, der es nichts
ausmachte, den Firmen dieses Landes strategisch wichtige Materialien zu uebergeben.
Später stellte Araníbar sein Buch mit dem Titel "Bolivien, Chile und Peru: Der Weg zu einer
gemeinsamen Zukunft" vor, in welchem er sich für die Möglichkeit einer gemeinsamen trinationalen
Entwicklung im Gebiet zwischen dem peruanischen Süden, dem chilenischen Norden und dem
bolivianischen Westen aussprach. Wie kompatibel ist dieser neue Minister wohl in einer Regierung, die
nach Kraeften darauf beharrt, dass die schwebende Themen - sprich: das Meer- mit Chile zuerst gelöst
werden muessen, bevor man an Projekte denkt, die eine weitere Integration forsieren? Hat er seinen
Standpunkt ein zweites Mal geaendert?
Waere nicht ist ein anderer Minister besser?
"Gaebe es eine objektive ernsthafte Beweise darueber, gegen welche Gesetze dieser Vertrag verstossen
hat und welcher Schaden dem Land dadurch entstanden ist, waere es selbstverstaendlich, dass ich dem
Praesidenten der Republik meinen Ruecktritt erklaerte, um zu ermoeglichen, dass die geeignete Person
gefunden werden kann, um diese Dinge voranzutreiben", sagte Araníbar bei seiner Rueckkehr in die
Politik.
Und das ist klar. Legte man offen, dass Araníbar den Vertrag mit der Enron als Teil eines korrupten
Machtplans unterzeichnete, bliebe ihm nichts anderes uebrig, sein Amt niederzulegen, sich einem
Gerichtsverfahren der Verantwortlichkeiten zu unterziehen und den Schaden, den er dem Land
verursacht hat, wiedergutzumachen.
Aber das laesst auch die Interpretationsmöglichkeit zu, dass der Minister fuer Hydrocarburos die
Verordnung, so wie er selbst sagt, "guten Glaubens" unterzeichnet hat.
Dieser letzte Fall ist noch beunruhigender. Wenn er naemlich zutrifft, hat Bolivien einen unschuldigen
(oder naiven) Minister, der Vertraege unterzeichnet, ohne das Kleingedruckte zu lesen, und der nun die
verantwortungsvolle Aufgabe hat, mit den maechtigsten Konzernen der Welt zu verhandeln.
Ist denn in diesem Land keine Person ohne fragwuerdige politische Vergangenheit zu finden, die nicht
korrupt ist, dafuer aber patriotisch und ausreichend intelligent, sich darueber bewusst zu sein, was sie
unterschreibt? Ist es zuviel verlangt, einen Minister fuer den Bereich Hydrocarburos zu fordern, der
diese Eigenschaften vereint?
Uebersetzung: Claudia Knoellinger
* Osvaldo Calle hat in einem frueheren Buch ueber die Kapitalisation staatlicher Firmen in Bolivien und Korruption geschrieben. Momentan schreibt er an einem Buch ueber die Enron in Bolivien.
Die spanische Originalfassung befindet sich auf der Seite: www.bolpress.com
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