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Einigung in Potosí

Boliviens Bergarbeiter feiern Abkommen mit der Regierung

Von Benjamin Beutler *

Nach einer am Montag erzielten Einigung zwischen der bolivianischen Regierung und streikenden Bergarbeitern in Potosí hat Präsidentschaftsminister Óscar Coca den Konflikt für gelöst erklärt. »Die Verträge sind unterzeichnet, wir haben in Potosí Wort gehalten. Die Probleme sind aus dem Weg geräumt, weil an den sechs geforderten Verhandlungstischen Einigung erzielt wurde«, so der erleichterte Verhandlungsführer der Regierung auf einer Pressekonferenz in Sucre. Seit Freitag war an einem neutralen Ort verhandelt worden, allerdings ohne Präsident Evo Morales, dessen Beteiligung die Streikenden anfangs noch verlangt hatten. Nun sei das »Potosinische Bürgerkomitee« (COMCIPO) am Zug, erklärte Coca. Hungerstreiks, Straßenblockaden und andere Protestaktionen seien sofort zu beenden.

In Potosí empfingen Tausende Menschen den COMCIPO-Vorsitzenden Celestino Condori mit einer Jubelfeier in den Straßen der Stadt. Im Laufe des Montags hatte eine Generalversammlung der Streikenden dem Abkommen zugestimmt. Die Regierung verpflichtete sich darin nicht nur zum Bau zweier Zementwerke, sondern auch zur Beilegung eines Jahrhunderte alten Grenzkonflikts zwischen den Departamentos Potosí und Oruro. Eine Kommission aus Experten des Militärischen Instituts für Geografie (IGM) und Verantwortlichen beider Präfekturen, Kommunen und betroffenen Siedlungen werde dazu Ende des Monats die Arbeit aufnehmen. Der Bau eines internationalen Flughafens wurde zur »nationalen Priorität« erklärt, die stillgelegte Metallschmelze Karachipampa soll mit Staatsgeldern reaktiviert werden. Die Regierung akzeptierte auch die Forderung der Bergleute nach einer Absicherung des einsturzgefährdeten Cerro Rico. Beschleunigt werden sollen zudem die Planungen zur Konstruktion einer Verbindungsstraße zwischen der Hochlandstadt Potosí und der in den östlichen Tälern gelegenen Stadt Tarija, so das von beiden Seiten gefeierte Abkommen. »Die Freude der Potosínos zeigt die Einheit der Bevölkerung und der ganzen Region«, so Condori gegenüber dem Radiosender Erbol.

Vor allem im Bergbau verursachte der Streik Schaden in Millionenhöhe. Doch auch der Tourismus wurde in Mitleidenschaft gezogen, als ein Dutzend Reisender aus Europa am blockierten Flughafen festsaß. Für die Morales-Administration waren die Proteste ein Warnsignal für die Zukunft, denn in Potosí hat sich einmal mehr gezeigt, daß keine Regierung in Bolivien an den sozialen Bewegungen vorbei regieren kann.

* Aus: junge Welt, 18. August 2010


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