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Chance für den Frieden in Burundi

Durchbruch bei Gesprächen zwischen Regierung und Rebellengruppe FNL

Von Hanna Ndlovu, Kapstadt*

Nachdem Burundi seit August letzten Jahres in der Person Pierre Nkurunzizas einen neuen Präsidenten hat und sich unter einer neuen Regierung von den Folgen eines mehr als 12-jährigen Bürgerkriegs erholt, hat nun auch die letzte kämpfende Rebellengruppe ein Friedensangebot der Regierung angenommen.

Es waren schwierige Verhandlungen, die unter der Vermittlung Südafrikas mit den Nationalen Befreiungskräften (FNL) – auch Palipehutu genannt – geführt wurden. Am 29. Mai hatten die Gespräche nach mehrmaliger Verschiebung in der tansanischen Hauptstadt Daressalam begonnen. Überschattet wurden sie von Vorwürfen, die FNL habe auch nach Verhandlungsbeginn noch die burundische Hauptstadt Bujumbura beschossen. Noch am vergangenen Sonnabend schien es, als würde der Dialog scheitern. Doch dann flog Südafrikas Präsident Thabo Mbeki nach Daressalam, um zu retten, was zu retten ist.

Unterzeichnet wurde schließlich eine Vereinbarung über eine zweiwöchige Waffenruhe, die genutzt werden soll, um über einen endgültigen Waffenstillstand zu verhandeln. Neben dem burundischen Präsidenten Pierre Nkurunziza waren Thabo Mbeki und der tansanische Präsident Jakaya Kikwete als Garanten für die Einhaltung der Vereinbarung bei deren Unterzeichnung zugegen. »Dieses Abkommen gibt dem Frieden in Burundi eine Chance«, sagte Kikwete.

Die FNL war die einzige von sieben Hutu-Rebellengruppen, die sich einem Friedensvertrag im Jahre 2000 nicht angeschlossen hatte. Eine Waffenstillstandsvereinbarung im Mai vergangenen Jahres war schon nach einer Woche gebrochen worden. Die Gruppe unter dem christlichen Fundamentalisten Agathon Rwasa soll 1300 bis 1500 bewaffnete Kämpfer in ihren Reihen haben und von der ugandischen Lord's Resistance Army (Widerstandsarmee Gottes – LRA) unterstützt werden. Angesichts dessen stellte sie eine Gefahr für die ganze zentralafrikanische Region dar.

Dem angestrebten endgültigen Waffenstillstandsabkommen zufolge soll die FNL ihre Männer demobilisieren und in die neue burundische Nationalarmee eingliedern, deren Auflösung sie bis zuletzt gefordert hatte. Als politische Partei könnte sie auch an der Regierung teilnehmen. Allen Mitgliedern der FNL wird Amnestie gewährt und alle sind aufgefordert, nach Hause zurückzukehren.

So ist zu hoffen, dass auch die letzte der ehemaligen Kriegsparteien in Burundi endlich bereit ist, ein friedliches Zusammenleben von Tutsis (14 Prozent der Bevölkerung) und Hutus (85 Prozent) zu unterstützen. Die anderen sind bereits an der Regierung des ehemaligen Hutu-Rebellenführers Pierre Nkurunziza beteiligt.

Etwa 300.000 Menschen – überwiegend Tutsis – waren in dem Bürgerkrieg umgekommen, der 1993 nach der Ermordung des demokratisch gewählten ersten Hutu-Präsidenten Melchior Nda-daye ausbrach. Die Aufarbeitung des grausamen Geschehens ist eine langwierige Aufgabe, die sich nur mit Hilfe der afrikanischen Nachbarländer lösen lassen wird. Die Nachbarn dürfen Abtrünnige nicht mehr unterstützen und terroristische Gruppen nicht auf ihrem Territorium dulden. In Burundi beginnt sich das Leben indes zu normalisieren. Über 400 000 Flüchtlinge sind aus Lagern in Tansania wieder nach Hause zurückgekehrt. Von internationalen Hilfsorganisationen werden sie beim Aufbau ihrer zerstörten Behausungen und bei der Schaffung neuer Existenzgrundlagen unterstützt. Saatgut und landwirtschaftliches Gerät wird bereitgestellt, damit die Felder wieder bearbeitet werden können. Wirtschaftshilfe für die Regierung wird folgen, denn nur wenn es im Lande einen sichtbaren wirtschaftlichen Aufschwung gibt, wird Versöhnung und Vergebung zwischen den 8 Millionen Einwohnern des Landes zu erreichen sein.

An der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo gelegen, ist Burundi tief in den Kongo-Konflikt verwickelt. Es wurde zum Transitland für die Bodenschätze Kongos, vor allem Gold, Diamanten, Uran und Coltan – und für dunkle Geschäfte. Vor diesem Hintergrund bleibt der Friedensprozess mit Risiken behaftet.

* Aus: Neues Deutschland, 20. Juni 2006


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