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Weniger Wachstum

Volkskongress: China reduziert Wirtschaftsziele *

China rechnet in diesem Jahr mit einem geringeren Wachstum als noch 2011, wurde auf dem Volkskongress in Peking verkündet.

Chinas Regierungschef Wen Jiabao sagte am Montag bei der Eröffnung des Volkskongresses in Peking, die Regierung strebe ein Wirtschaftswachstum von 7,5 Prozent und eine Inflationsrate von 4,0 Prozent an. Wen versprach zudem, die Rechte der Bauern an ihrem Land sowie die Rechte der religiösen Minderheit zu achten und zu schützen.

China hatte im vergangenen Jahr mit einem Wachstum von 9,2 Prozent das von der Regierung ausgegebene Ziel von acht Prozent wie üblich übertroffen. Experten gehen davon aus, dass das Wirtschaftswachstum auch dieses Jahr mit 8,0 oder 8,5 Prozent die Zielmarke übertrifft - allerdings hinter 2011 zurückbleibt. Die exportorientierte chinesische Wirtschaft leidet derzeit unter der lahmenden Nachfrage in der EU und den USA.

Wen sagte in seiner Rede zur Eröffnung der zehntägigen Sitzungsperiode des Volkskongresses, das Wachstum befinde sich bei hohen Preisen in einem Abwärtstrend. In diesem Jahr wolle sich die Regierung vor allem auf eine Ankurbelung der Binnennachfrage konzentrieren, kündigte er an. Ziel sei es, »eine Entwicklung auf höherem Niveau mit höherer Qualität über längere Zeit« zu erreichen, erklärte Wen.

Demnach strebt die Regierung wie bereits im vergangenen Jahr eine Inflationsrate von vier Prozent an. Tatsächlich hatten sich die Verbraucherpreise 2011 um 5,4 Prozent erhöht. Dank einer restriktiven Geldpolitik war es der Regierung jedoch gelungen, die Inflation im Laufe des zweiten Halbjahrs um mehrere Prozentpunkte zu senken.

In seiner Rede sprach sich Wen auch für eine Stärkung der Streitkräfte aus, um im Informationszeitalter »regionale Kriege« gewinnen zu können. Am Sonntag hatte der Sprecher des Volkskongresses angekündigt, dass die Militärausgaben 2012 um 11,2 Prozent steigen sollen.

Wen sagte in seiner Ansprache, das Recht der Bauern an ihrem Land dürfe nicht verletzt werden. Die illegale Enteignung von Ackerland und Bauflächen durch örtliche Beamte ist die größte Quelle von Protesten und Unruhen in China. In dem südchinesischen Fischerort Wukan kam es infolge derartiger Enteignungen kürzlich zu schweren Unruhen.

Mit Blick auf Uiguren und Tibeter versprach Wen, die »gesetzlichen Rechte und Interessen der religiösen Gruppen« zu achten. Nur wenn alle ethnischen Gruppen vereint für die Entwicklung des Landes arbeiteten, werde China zu Wohlstand gelangen, betonte der Regierungschef. Die buddhistischen Tibeter und die muslimischen Uiguren in der westlichen Provinz Xinjiang klagen seit langem über soziale, kulturelle und wirtschaftliche Diskriminierung.

Der Volkskongress tritt einmal im Jahr in der Großen Halle des Volkes in Peking zusammen. Die rund 3000 Abgeordneten haben nur begrenzte Entscheidungsbefugnisse. Vielfach werden die Beschlüsse bereits vor der Tagung in der Hauptstadt getroffen.

* Aus: neues deutschland, 6. März 2012


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