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Das Vermögen der roten Kapitalisten

Chinas Machtelite hortet Geld auf Offshore-Konten

Von Simon Poelchau *

Die Machtelite im Reich der Mitte ist steinreich und parkt ihr Vermögen bevorzugt in Steueroasen. Das geht aus Veröffentlichungen der »Süddeutschen Zeitung« und des NDR im Rahmen von »Offshore-Leaks« hervor. Demnach helfen Großbanken wie die Deutsche Bank, Credite Suisse und UBS den Verwandten chinesischer Elitepolitiker, ihre Besitzverhältnisse zu verschleiern.

Seit Sommer 2013 recherchierte ein internationales Team von Journalisten über die Offshore-Firmen der chinesischen Geldelite. Möglich machte dies der unter »Offshor-Leaks« bekannt gewordene, 260 Gigabyte große Datensatz, der dem Internationalen Konsortium für investigative Journalisten (ICIJ) zugespielt wurde. Das Team hatte bei der Auswertung vor allem Sprachschwierigkeiten. Das Hochchinesisch besitzt nur etwas mehr als 400 Silben. Die Daten waren jedoch in englischer Sprache, was die Zuweisung der Dokumente zu bestimmten Personen erschwerte.

Von den rund 122 000 Briefkastenfirmen und Trusts, die in den »Offshore-Leaks«-Daten zu finden sind, gehören mehr als 21 000 Firmen Personen aus der Volksrepublik. Darunter lassen sich unter anderem der Name des Schwagers des amtierenden Staatschefs Xi Jinping und eines Schwiegersohns von Deng Xiaoping finden, der wesentlich zur wirtschaftlichen Liberalisierung Chinas beitrug.

Eine Familie sticht jedoch anscheinend besonders hervor: Die des Ex-Ministerpräsidenten Wen Jiabao. Sowohl sein Sohn Wen Yunsong als auch sein Schwiegersohn Liu Chunhang sind Geschäftsführer und Anteilseigner zweier Firmen auf den Britischen Jungferninseln. Dabei ist der enorme Reichtum der Wens schon seit längerem bekannt. Im Oktober 2012 berichtete die »New York Times«, dass der Clan des früheren Premiers ein Vermögen von 2,7 Milliarden Dollar (knapp zwei Milliarden Euro) angehäuft hat.

Wens Posten half offenbar auch direkt dabei: Sein Bruder erhielt zum Beispiel nach dem Ausbruch der SARS-Epedmie 30 Millionen Dollar, um mit seinen Firmen in einigen chinesischen Großstädten Abwasser und medizinische Abfälle zu entsorgen.

Die Verwandten der Spitzenpolitiker profitieren auch auf anderen Wegen von ihren Familienmitgliedern: So stellen westliche Firmen anscheinend diese besonders gern ein, um einen Fuß in die Tür des Marktes des Reichs der Mitte zu bekommen. Auch hier taucht der Name Wen wieder auf: Die Tochter des einstigen Premiers arbeitete eineinhalb Jahre lang für die Credit Suisse. Drei Jahre danach kam es zu einem Joint-Venture zwischen der chinesischen Staatsbank und dem Schweizer Bankhaus.

Ein Geschäftsmodell, auf das sich neben der Credit Suisse auch die UBS und die Deutsche Bank spezialisiert haben, ist, den neuen chinesischen Superreichen zu helfen, ihr Vermögen in Scheinfirmen in Steueroasen wie den Britischen Jungferninseln zu parken. Dies scheint lukrativ für die Banken zu sein. Schätzungen gehen davon aus, dass seit dem Jahr 2000 Vermögenswerte von bis zu vier Billionen US-Dollar (knapp drei Billionen Euro) aus der Volksrepublik geschafft wurden.

Bei der Deutschen Bank gibt man sich indes unschuldig: »Die Deutsche Bank bietet vermögenden Privatkunden weltweit Bankdienstleistungen an auf der Grundlage, dass die Kunden ihre Steuerangelegenheiten voll umfänglich regeln und dabei alle Steuergesetze und Meldeverpflichtungen befolgen«, teilte ein Sprecher des Frankfurter Finanzinstituts mit.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 23. Januar 2014


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