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Peking macht Weltbank Konkurrenz

Deutschland tritt der von China dominierten Asiatischen Infrastrukturbank bei

Von Hermannus Pfeiffer *

Die USA müssen eine Schlappe erleiden. John Kerrys Bemühungen, die neue Konkurrentin aus China zu hintertreiben, sind gescheitert. Selbst US-Partner Deutschland will künftig Gründungsmitglied der Asiatischen Infrastrukturbank (AIIB) in Peking werden. Die Förderbank soll Kredite in Entwicklungs- und Schwellenländer vergeben. Finanziert werden sollen damit Infrastrukturprojekte wie Straßen, Häfen und Telekommunikationsnetze. Der amerikanische Außenminister Kerry hatte laut Medienberichten lange versucht, befreundete Länder vom Beitritt zur AIIB abzuhalten. Vergeblich.

Die Vereinigten Staaten und auch die Regierung in Tokio sehen die neue Investitionsbank als Konkurrentin zur westlich dominierten Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF). So halten allein die USA vier Mal so viele Stimmrechte wie China an der Weltbank in Washington. Die Regierung in Peking scheint bereit, den neuen Finanzriesen mit 50 Milliarden Dollar Startkapital auszurüsten. Wie die Stimmrechte verteilt werden, ist offen.

Zusammen mit der Bundesregierung gaben auch Frankreich und Italien in der vergangenen Woche ihr Ja-Wort. Bereits Anfang März war der engste amerikanische Alliierte, Großbritannien, als erstes nicht-asiatisches Land der AIIB beigetreten. Auch die US-Verbündeten Südkorea, Neuseeland und Australien gelten als Kandidaten. Drei Dutzend überwiegend asiatische Länder dürften bis Ende März zusammengekommen sein, wenn in Peking der offizielle Startschuss für die »Asian Infrastructure Investment Bank« fallen wird.

Durch das AIIB-Debakel verlieren die USA im asiatisch-pazifischen Raum weiter an Einfluss. Dagegen setzt Berlin auf eigene wirtschaftliche Interessen. Die neue Investitionsbank »könnte eine wichtige Rolle spielen, um Kapital für die großen Bedürfnisse an Infrastruktur in Asien zur Verfügung zu stellen«, sagt ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Die AIIB werde so »zum Wachstum der Weltwirtschaft beitragen«. Nicht allein deutsche Firmen versprechen sich lukrative Aufträge.

Zeitgleich unterfütterte Finanzminister Wolfgang Schäuble den AIIB-Beitritt zusammen mit Chinas Vizepremier Ma Kai und einem 21-Punkte-Papier. Darin wird unter anderem der Handel mit der Währung Renminbi in Frankfurt und der Zugang deutscher Banken nach China geregelt. Peking wiederum will sich am 315 Milliarden Euro schweren europäischen Investitionsfonds EFSI beteiligen. Das Geld soll vor allem von privaten Anlegern und Staatsfonds kommen.

So deutet sich ein Wandel im Denken an. Bis zur Großen Rezession glaubten viele Regierungen noch, dass eine finanzpolitische Straffung mittelfristig positiv für die Wirtschaft sei. Dies ist jedoch in jüngeren Studien etwa des IWF kritisiert worden. Auch die Commerzbank kommt in einer Übersichtsstudie zu dem Schluss: »Eine wachstumsfördernde Politik ist mindestens ebenso wichtig wie eine Haushaltskonsolidierung.« Letztlich hängen selbst wirtschaftsliberale Konzepte am Tropf der Wachstumsraten.

Global folgt daraus eine Inflation der Förderinstitute. Europas EFSI-Fonds wird im April starten. Indiens frischer Ministerpräsident Modi liebäugelt mit der Gründung einer südostasiatischen Entwicklungsbank, zusammen mit Afghanistan, Pakistan und Sri Lanka. Weiter sind schon die fünf großen Schwellenländer, neben China Brasilien, Russland, Indien und Südafrika (BRICS). Sie bauen eine Entwicklungsbank auf. Kritiker befürchten, dass die neuen Akteure riskantere Kredite mit weniger Auflagen vergeben. Die 1966 gegründete japanisch-amerikanisch geführte Asiatische Entwicklungsbank wird versuchen, die kommende Konkurrenz im Zaume zu halten. Die neue Asiatische Infrastrukturbank soll ihre Geschäfte noch in diesem Jahr aufnehmen.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 25. März 2015


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