Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Dänemark drohen nasse Füße

Für die nächsten 100 Jahre wird ein Anstieg des Meeresspiegels von einem Meter erwartet

Von Andreas Knudsen, Kopenhagen *

Auch wenn sich die Klimaforscher einig sind, dass mit der globalen Erwärmung der Meeresspiegel ansteigt, schwanken die Prognosen bis zum Jahr 2100 zwischen 20 und 60 Zentimetern beim UN-Klimarat IPCC und Werten von 80 bis zu 200 Zentimetern in mehreren finnischen, britischen und US-Studien. Eine zu Jahresbeginn veröffentlichte Untersuchung legt sich nun auf 100 bis 150 Zentimeter fest.

»Anstatt Berechnungen darüber zu machen, was mit den schmelzenden Eiskappen vielleicht geschehen wird, haben wir den Zusammenhang zwischen globaler Temperatur und Meeresniveau in den letzten 2000 Jahren untersucht«, erläutert der dänische Glaziologe Aslak Grindsted vom Forschungszentrum Eis und Klima des Kopenhagener Niels-Bohr-Institutes das Vorgehen der Gruppe. Zu ihr gehören auch Kollegen vom Thule Institut der Universität Oulu sowie dem Arktiscenter der Lappland Universität und vom britischen Proudman Ozeanographischen Laboratorium. Die Forscher stützten sich auf Temperaturdaten aus Jahresringen von Bäumen und grönländischen Eisbohrkernen.

Dänische Forscher haben in den letzten Jahren ihre Beobachtungen des Grönlandeises intensiviert und mussten feststellen, dass dies weit schneller schmilzt, als noch im Jahr 2000 angenommen. Dazu kommen zuverlässige Beobachtungen des Meeresniveaus aus 300 Jahren - u. a. von den Nordseeanrainern, die im Zuge des Deichbaus gemacht wurden. Auf dem Höhepunkt der Erwärmung vor etwa 1000 Jahren lag der Meeresspiegel gut 20 Zentimeter höher als heute, während er zum Höhepunkt der kleinen Eiszeit vor knapp 300 Jahren um den gleichen Betrag tiefer lag. Dieser Unterschied ist im 20. Jahrhundert ausgeglichen worden, als das Wasser jährlich um durchschnittlich 1,8 Millimeter stieg. Seit 1993 hat sich dieser Prozess jedoch kräftig beschleunigt. Die jährliche Steigerungsrate liegt nun bei 3,1 Millimetern.

Ob der Meeresspiegel nun um 80 oder 200 Zentimeter steigt - so oder so wird sich das Meer in die tiefliegenden Gebiete Hollands, Norddeutschlands und Dänemarks weit hineinfressen können. Die niederländische Regierung hat bereits eine Erhöhung der Deiche beschlossen. In Dänemark arbeitet die Küstenverwaltung an Empfehlungen, welche Deiche erhöht werden sollen und wo es zu teuer wäre, das Land gegen das Wasser zu verteidigen. 80 Prozent der dänischen Bevölkerung wohnen in küstennahen städtischen Gebieten, so dass der Einsatz sich hier konzentrieren muss. Bei einer Küstenlinie von heute 7314 Kilometern - 927 davon sind mit Deichen versehen - wäre es zu kostspielig, alles beschützen zu wollen.

Der Klimaplan der dänischen Regierung weist den Kommunen die Verantwortung zu, künftige Kanalisationen um ein Drittel größer zu dimensionieren, um die erwarteten höheren Niederschlagsmengen abzuleiten. Überschwemmungsgebiete sollen eingerichtet bzw. kräftig vergrößert werden, um plötzliche Wassermassen aufnehmen zu können.

* Aus: Neues Deutschland, 19. Januar 2009


Zurück zur Dänemark-Seite

Zur Umwelt-Seite

Zurück zur Homepage