Klima-Pilotprojekt nimmt Konturen an
Ecuador und UN einigen sich auf Treuhandfonds
Von Gerhard Dilger, Porto Alegre *
Ein in Ecuador geplantes Umweltschutzprojekt nimmt Konturen an. Es gilt
als international vorbildhaft, da es Entwicklung und Klimaschutz unter
einen Hut zu bringen versucht.
Ecuadors Vizepräsident Lenín Moreno und Rebeca Grynspan vom
UN-Entwicklungsprogramm unterzeichneten am Dienstag (3. Aug.) in Quito eine
Vereinbarung über den Treuhandfonds, der Entschädigungszahlungen für den
Verzicht auf die Ölförderung im Regenwald verwalten soll. Demnach soll
die »internationale Gemeinschaft« in den kommenden 13 Jahren rund 2,7
Milliarden Euro aufbringen, etwa die Hälfte der vermuteten Einnahmen aus
der Ölförderung in Ecuadors östlichem Amazonasgebiet. In den kommenden
18 Monaten sollen zunächst 100 Millionen Dollar eingeworben werden. Die
Zinsen aus dem Fonds fließen in Umwelt- und Sozialprojekte.
Ecuador leiste einen »innovativen, gewagten und bahnbrechenden Beitrag
für die Menschheit«, sagte UN-Funktionärin Grynspan. Nach jahrelangem
Werben für die »neue Logik« sei die Unterzeichnung der bislang
wichtigste Schritt der Regierungsinitiative, freute sich María Fernanda
Espinosa. Die Naturschutzministerin ist die derzeit engagierteste
Verfechterin der sogenannten Yasuní-ITT-Initiative in der Regierung.
Durch Verzicht auf die Förderung von 846 Millionen Barrel Öl, einem
Fünftel von Ecuadors Ölreserven, sollen die Artenvielfalt und der
Lebensraum zweier indigener Völker im
Ishpingo-Tambococha-Tiputini-Korridor (ITT) im Yasuní-Nationalpark
erhalten bleiben. Zudem würde der Ausstoß von 410 Millionen Tonnen CO2
vermieden. Präsident Rafael Correa hatte die von Umweltaktivisten um den
damaligen Energieminister Alberto Acosta entwickelte Initiative im Juni
2007 lanciert, aber nur halbherzig vorangetrieben.
Insbesondere in Europa stieß die Initiative auf Interesse. Im Juni 2009
stellte die Große Koalition Ecuador jährlich 50 Millionen Euro über 13
Jahre in Aussicht. Unter FDP-Regie steht das
Entwicklungshilfeministerium den Linksregierungen Südamerikas deutlich
kritischer gegenüber. Berlin betrachte die Idee aufgeschlossen, sagte am
Mittwoch ein Sprecher. Allerdings sei noch »eine Reihe von grundlegenden
Fragen offen«.
Staatspräsident Rafael Correa hatte die Einrichtung des Treuhandfonds
hinausgezögert und klar gemacht, dass sich seine Regierung die
Förderoption offenhalte. Erdöl ist eines der wichtigsten Exportgüter,
und die Öllobby hat auch innerhalb der Regierung starke Fürsprecher.
Umweltaktivisten feierten daher jetzt die Vereinbarung. Esperanza
Martínez von der »Acción Ecológica« forderte aber zugleich die Regierung
auf, ihren Konfrontationskurs mit der Indigenabewegung aufzugeben: »Ohne
diese Gemeinschaften wäre die Yasuní-Initiative überhaupt nicht entstanden.«
* Aus: Neues Deutschland, 5. August 2010
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