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Ecuador verklagt Spanien

Quito fordert vor Europäischem Gerichtshof Ende der Zwangsräumungen *

Ecuadors Regierung hat Spanien wegen der Zwangsräumungen von Wohnungen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagt. Wie die staatliche Nachrichtenagentur ANDES am Dienstag meldete, hat Ecuadors Volksanwalt (Ombudsmann) Ramiro Rivadeneira eine entsprechende Klageschrift in Strasbourg eingereicht.

Konkreter Anlaß für das Vorgehen Quitos ist der Fall des ecuadorianischen Staatsangehörigen L. A. Solórzano. Dieser hatte einen Kredit von rund 175000 Euro bei der Lloyds Bank in Madrid aufgenommen. Als er die Raten nicht mehr bezahlen konnte, beantragte er die Abtretung des Kredits, wodurch er zwar das für den Kredit belastete Haus verloren hätte, aber zumindest schuldenfrei gewesen wäre. Das wurde von dem Finanzinstitut abgelehnt. Wer in Spanien Hypotheken auf sein Haus aufnimmt, dann den Kredit aber nicht bezahlen kann, verliert zwar seine Unterkunft, bleibt aber trotzdem bis an sein Lebensende verschuldet.

Ecuadors Regierung sieht durch dieses Vorgehen die Menschenrechte Solórzanos verletzt. So habe dieser in der gesamten Zeit zwischen der Unterzeichnung des Kreditvertrags bis zur Zwangsräumung keine Möglichkeit gehabt, seine Rechte vor Gericht einzufordern. Gegenüber ANDES äußerte Rivadeneira die Hoffnung, das Urteil in Strasbourg werde einen neuen juristischen Rahmen zur Bewältigung der Krisenfolgen in Europa schaffen.

Seit dem Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise in Spanien wurden auf Antrag der Banken – von denen einige nur durch Steuergelder überleben konnten – mehr als 300000 Zwangsräumungen durchgeführt, in deren Folge Hunderttausende Menschen obdachlos wurden. Immigranten gehören zu den von der Krise besonders schwer getroffenen Bevölkerungsschichten, unter ihnen die rund 400000 in Spanien lebenden Menschen aus Ecuador. ANDES zufolge gehören bis zu 15000 von ihnen zu den direkten Opfern der Hypothekenkrise.

Bei einem zweitägigen Besuch in Barcelona lud Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño am Dienstag seine Landsleute ein, nach Hause zurückzukehren. Die Lage in dem süd­amerikanischen Land habe sich in den vergangenen Jahren verbessert, so daß Ecuador in der Lage sei, die Menschen aufzunehmen, die vor der Krise Zuflucht suchten. 300 Ecuadorianer werden in den kommenden drei Monaten mit Hilfe der Regierung in ihr Heimatland zurückkehren, kündigte Patiño an.

(ANDES/jW)

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 23. Januar 2013


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