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Oligarchie zur Rechenschaft ziehen

Ecuador stimmt am 7. Mai über eine Justizreform ab. Kampagne hat begonnen *

In Ecuador hat am Sonntag (27. März) offiziell der 40 Tage dauernde Wahlkampf für eine von Staatspräsident Rafael Correa initiierte Volksabstimmung begonnen, durch die mit einer Reihe von Verfassungsänderungen das Justizsystem des südamerikanischen Landes reformiert werden soll.

Bei einer Großveranstaltung in Quito, zu der Correas Regierungspartei Alianza PAIS aufgerufen hatte, forderte der Staatschef »Ja und tausendfach ja zu einem Land, das mit Arbeit und Liebe zur Heimat aufgebaut wird, nicht mit Haß und Groll.« An die Opposition gewandt erklärte Correa: »Was für einen Fehler begeht ihr, wenn ihr Tausende Menschen herausfordert, die bereit sind, sich allen Mächten entgegenzustellen, um diese Revolution zu verteidigen.« Es komme jetzt darauf an, die Bevölkerung zu informieren und sie davon zu überzeugen, am 7. Mai für die Justizreform zu stimmen. Die Oligarchie zittere bereits vor den neuen Strafvorschriften, die für unrechtmäßige Bereicherung eingeführt werden sollen: »Die Ausbeuter des Landes werden vor der Justiz Rechenschaft ablegen müssen!«

Die insgesamt zehn Punkte decken ein weites Spektrum ab, die Correa teils als »grundlegend«, teils als »notwendig« und teils als »wünschenswert« definierte. Sie reichen von einem möglichen Verbot, »Tiere bei Showveranstaltungen zu töten« – was ein Ende des Stierkampfes bedeuten würde – bis hin zur Untersagung von Glücksspiel. Auch eine Freilassung von Tatverdächtigen nach Überschreiten der Höchstdauer der Untersuchungshaft soll künftig ausgeschlossen werden, »wenn der Verdächtige durch sein Verhalten selbst für die Verzögerung verantwortlich ist«. Zudem sollen »Ersatzmaßnahmen« für eine Inhaftierung wie etwa Hausarrest nur noch bei minderschweren Delikten angeordnet werden dürfen. Das Justizsystem müsse von der Korruption der Richter befreit werden, die einen Verbrecher in kürzerer Zeit wieder auf freien Fuß setzten, als die Polizei zu dessen Festnahme brauche, so Correa.

Die Opposition, die von der extremen Rechten bis hin zu linken, früher mit Correa verbündeten Kräften reicht, wirft der Regierung vor, durch das Referendum eine Machtkonzentration erreichen zu wollen und die Unabhängigkeit der Justiz zu gefährden. Die Kampagne für das »Nein«, die von den privaten Massenmedien eifrig unterstützt wird, wird vor allem von der Partei Patriotische Gesellschaft des früheren Staatschefs Lucio Gutiérrez getragen.

Der Nationale Wahlrat, die für die Durchführung der Abstimmung zuständige Behörde, hat für beide Seiten eine Obergrenze von jeweils fünf Millionen US-Dollar festgelegt, die diese für ihre Werbung ausgeben dürfen. Der Zeitraum für die Kampagne endet am 4. Mai, drei Tage vor dem Termin der Abstimmung. (PL/jW)

* Aus: junge Welt, 28. März 2011


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