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Ecuadors "Revolution der Bürger"

Präsident Correa setzt sich bei Wahl der verfassunggebenden Versammlung durch. Parlamentsauflösung erwartet

Von Harald Neuber *

Die Partei des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa hat bei der Wahl der verfassunggebenden Versammlung am Sonntag (30. Sept.) offenbar die absolute Mehrheit erhalten. Laut Nachwahlumfragen kann die »Alianza País« mit rund 80 der insgesamt 130 Sitze rechnen. Der 44jährige Linksreformer Correa hat damit seine größte Bewährungsprobe seit Amtsantritt vor gut neun Monaten bestanden. Vor dem Urnengang hatte der Präsident noch seinen Rücktritt für den Fall angekündigt, daß seine Partei die absolute Mehrheit verpaßt.

Das Endergebnis wird aufgrund des komplizierten Wahlrechts erst in 20 bis 30 Tagen erwartet. An der Richtigkeit des vorläufigen Resultates zweifelten am Sonntag abend aber selbst Vertreter der rechtsgerichteten Opposition nicht mehr. Der Präsident des Kongresses, Jorge Cevallos, appellierte an den »Geist des Dialoges« der Regierung. Präsident Correa hatte angekündigt, im Fall eines Wahlsieges am Sonntag das von ihm als »korrupt« kritisierte Parlament aufzulösen, damit es mit den Beschlüssen des verfassungsrechtlich höhergestellten Konvents nicht in Konflikt kommt. Dieses Vorgehen geht mit den gesetzlichen Bestimmungen des südamerikanischen Landes konform. Correa hatte deswegen bei der Präsidentschafts- und Parlamentswahl vor einem Jahr keine Kandidaten für das Parlament nominiert, sondern auf einen Sieg bei der Wahl zur verfassunggebenden Versammlung gesetzt. Dieses Kalkül scheint nun aufgegangen zu sein.

So appelierte Correa am Sonntag abend (30. Sept.) an die »Einheit des Landes« und kritisierte eine »kleine Minderheit rechtsgerichteter Oppositioneller«. Doch ungeachtet dieser Minderheit ist der Weg für einen »Sozialismus des 21. Jahrhunderts« nun auch in Ecuador frei. Correa erklärte, der Konvent spiele eine Schlüsselrolle bei der bevorstehenden »Revolution der Bürger«.

Die verfassunggebende Versammlung wird am 31. Oktober ihre Arbeit aufnehmen.

* Aus: junge Welt, 2. Oktober 2007


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