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Freie Bahn für Correa

Ecuador: Stimmenauszählung nach Wahl fast beendet. Sieg der Regierungspartei stärkt "Bürgerrevolution" und linke Staatenbündnisse

Von Lena Kreymann *

Auch elf Tage nach der Präsidentschafts- und Parlamentswahl in Ecuador war die Stimmenauszählung am Donnerstag in zwei der 24 Provinzen des Landes noch nicht abgeschlossen. Das teilte der Nationale Wahlrat (CNE) in Quito mit. Am Sieg des Präsidenten Rafael Correa und an der absoluten Parlamentsmehrheit seines Bündnisses Alianza PAIS gab es allerdings schon unmittelbar nach Ende der Abstimmung keine Zweifel. Selbst der wichtigste Kandidat der Opposition, Guillermo Lasso, akzeptierte noch am Wahl­abend seine Niederlage und gratulierte Correa zum Sieg. Alianza PAIS gewann in 198 von 221 Wahlbezirken und wird nach Angaben des staatlichen Internetportals »El Ciudadano« mit 100 von 137 Abgeordneten im Parlament vertreten sein.

Die KP Ecuadors beglückwünschte Correa auf ihrer Homepage zur Wiederwahl und betonte, daß dies ein Erfolg für das gesamte ecuadorianische Volk sei. Das neue Mandat müsse dazu dienen, den demokratischen Veränderungsprozeß zu vertiefen und die Arbeiterrechte zu stärken.

Der deutliche Sieg Correas ist ein klares »Ja« der Ecuadorianer zur sogenannten Bürgerrevolution, dem politischen Projekt seiner Alianza PAIS, durch das Demokratisierung, Bildung und bessere Arbeits- und Lebensbedingungen für alle Ecuadorianer erreicht werden sollen. Im Rahmen dieses Prozesses hatte sich Ecuador 2008 eine neue Verfassung gegeben, die vom »Sozialismus des 21. Jahrhunderts« sowie dem indigenen Konzept des »Buen vivir«, des guten Lebens, inspiriert ist. Das Regierungsprogramm, in dem die Grundzüge der »Bürgerrevolution« dargelegt sind, wurde für die kommende Legislaturperiode erweitert und umfaßt jetzt auch Reformprojekte etwa im Kulturbereich und im öffentlichen Nahverkehr.

Mit ihrer Stärke im Parlament hat die Alianza PAIS nun auch die Möglichkeit, Gesetzesvorhaben durchzusetzen, für die eine absolute Mehrheit erforderlich ist. Bisher waren verschiedene Entwürfe in der Asamblea Nacional blockiert worden, da das regierende Bündnis nach Austritten zuletzt nicht einmal mehr über eine einfache Mehrheit verfügt hatte. Correa erklärte bereits, daß die Verabschiedung eines neuen Strafgesetzbuchs in der nächsten Legislaturperiode von höchster Priorität sei. Schon 2011 hatten sich die Ecuadorianer in einer Volksbefragung dafür ausgesprochen, Veränderungen am Strafgesetzbuch vorzunehmen und die »nicht gerechtfertigte private Bereicherung« als Delikt zu verankern. Die oppositionellen Abgeordneten verhinderten jedoch bislang eine Verabschiedung.

Der deutliche Wahlsieg stärkt gleichzeitig die verschiedenen linksgerichteten Regierungen Lateinamerikas. Ecuador pflegt enge Kontakte unter anderem zu Venezuela und Bolivien, trat 2009 der antiimperialistischen Allianz ALBA bei und prägte deren ökonomisches Profil. Auch sonst spielt das Land bei den Veränderungen in Lateinamerika keine Nebenrolle. So hat das Sekretariat der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) seinen Sitz in Quito.

Mit seinen Gegnern wird sich Correa jedoch trotz der klaren Mehrheit auch in den nächsten Jahren auseinandersetzen müssen. Deren stärkste Kraft, die neoliberale Partei CREO um den Banker und Unternehmer Lasso, kam bei der Präsidentschaftswahl auf 23 Prozent und wird mit zehn Sitzen im Parlament vertreten sein. Das linke Oppositionsbündnis aus der Indigenenpartei Pachakutik und der maoistischen MPD erreichte dagegen nur sieben Sitze. Für sie kandidiert hatte das ehemalige Alianza-PAIS-Mitglied Alberto Acosta. Dieser war Präsident der verfassunggebenden Versammlung gewesen, hatte sich dann aber von Correa abgewendet und diesem autoritäre Entwicklungen vorgeworfen. Die oppositionellen Indigenenbewegungen dagegen sehen sich von Correa nicht ausreichend in ihrem Kampf für den Umweltschutz unterstützt.

* Aus: junge Welt, Freitag, 1. März 2013


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