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Correa über Deutschland verärgert

Ecuador kündigt Yasuní-Vereinbarung *

Der Streit über die Ölforderung im Yasuní-Nationalpark in Ecuador geht in eine neue Runde. Nun gibt es Verstimmungen mit der Bundesregierung.

Ecuadors Staatschef Rafael Correa hat eine Vereinbarung mit der Bundesregierung über Hilfszahlungen aufgekündigt. Ecuador werde seinen Weg auch »ohne die Überheblichkeit bestimmter Länder gehen, die sich schon immer als Herren der Welt betrachtet« hätten, sagte der sichtlich empörte Präsident in einem TV-Interview. Er schimpfte über »drittrangige Beamte«, welche die »Unverschämtheit« besäßen, der Regierung in Quito »Lektionen zu erteilen«. Hintergrund des Streits sind offenbar Stellungnahmen deutscher Regierungsvertreter zu der geplanten Ölförderung im Yasuní-Nationalpark.

Correa hatte vergangene Woche eine Initiative aus dem Jahr 2007 für gescheitert erklärt, laut der Ecuador das Ölfeld unberührt lässt, wenn die internationale Gemeinschaft dem Land im Gegenzug rund 2,7 Milliarden Euro zahle. Der linksgerichtete Präsident gab dem Ausbleiben von Zahlungen aus dem Ausland die Schuld an dem Scheitern. Das deutsche Entwicklungshilfeministerium (BMZ) kritisierte daraufhin: »Wir verwahren uns dagegen, dass die Verantwortung Richtung Weltgemeinschaft geschoben wird«.

Correa bezog seine aktuelle Kritik auf diese Aussage von BMZ-Sprecher Sebastian Lesch und auf den deutschen Vize-Botschafter in Quito, Ronald Münch. Dieser hatte erklärt, Deutschland bedaure den Beginn der Öl-Bohrung. Die Verantwortung für den Nationalpark Yasuní liege bei Ecuador.

Das BMZ hatte im Februar eine Vereinbarung mit Ecuador über die Förderung des Yasuní-Biosphärenreservats geschlossen. Dafür wollte Deutschland 34,5 Millionen Euro bereitstellen. Nun erklärte Correa, sein Land wolle »bis auf den letzten Centavo« alles Geld zurückgeben und die Vereinbarung »einseitig für beendet erklären«. BMZ-Sprecher Lesch sagte, das Ministerium bedaure die Ankündigung. »Wir setzen uns für den Schutz von Tropenwäldern ein«. Die Vereinbarung mit Ecuador habe gerade »in den Startlöchern« gestanden.

Bei der Bundestagsopposition stößt das Vorgehen beider Seiten auf Unverständnis: »Was für ein Elend. Die fahrlässigen Egotrips von Correa und Niebel gehen auf Kosten des Regenwaldes und seiner Bewohner«, twitterte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ute Koczy.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 23. August 2013


Konsequenter Correa

Von Martin Ling **

Belehrungen aus dem Norden: Nein, danke! Ecuadors Präsident Rafael Correa ist als Mann der klaren Worte bekannt und scheut im Ernstfall keinen Konflikt. Die Vorhaltungen aus dem deutschen Entwicklungsministerium (BMZ), das unter Minister Dirk Niebel gegen ein eindeutiges Votum des Bundestags seit 2009 das Modell Yasuní hintertrieb, sind dreist. Ecuadors Regierung hatte 2007 angeboten, gegen Entschädigung auf die Ölförderung im Yasuní-Nationalpark zu verzichten, um damit die immense Artenvielfalt und den Lebensraum zweier indigener Völker dort unangetastet zu lassen. Dieses Angebot steht mangels eines auch nur annähernd akzeptablen Kompensationsangebotes seitens der internationalen Gemeinschaft nun nicht mehr. Und ausgerechnet aus dem Niebel-Ministerium kommt via Sprecher der Vorwurf, Ecuadors Regierung hätte es mit ihrem Vorstoß ohnehin nie ernst gemeint! Stichhaltige Argumente: keine.

Correas Reaktion ist folgerichtig: Aufkündigung der Zusammenarbeit mit dem BMZ. Ecuador stellt damit nicht den Sinn des bereits vereinbarten Projektes zum Schutz des Yasuní-Tropenwaldes infrage, wohl aber eine Entwicklungspartnerschaft, die gleiche Augenhöhe vorgibt, ohne sie zu praktizieren. Konsistent bleibt Correas Vorgehen aber nur, wenn er den Tropenwaldschutz nun mit anderen Partnern angeht. Alles andere stünde dem Land, das 2008 als erster Staat der Natur in der Verfassung ein eigenes Recht eingeräumt hat, nicht gut zu Gesicht.

** Aus: neues deutschland, Freitag, 23. August 2013 (Kommentar)


Ecuadors Ureinwohner für Yasuní-Referendum

Präsident will in Naturschutzgebiet nach Öl bohren ***

In Ecuador wollen Ureinwohner und Umweltschützer die Bevölkerung in einem Referendum über die umstrittenen Ölbohrungen im Naturschutzgebiet Yasuní entscheiden lassen. Die Gegner des von Präsident Rafael Correa befürworteten Projekts hätten beim Verfassungsgericht einen entsprechenden Antrag eingereicht, erklärte ihr Anwalt Julio Cesar Trujillo am Donnerstag (Ortszeit). Wenn das Gericht die vorgelegte Fragestellung akzeptiert, müssen die Befürworter 600 000 Unterschriften zusammenbringen, damit das Referendum von der Wahlkommission angenommen wird.

Correa hatte am 15. August bekannt gegeben, dass in dem weltberühmten Nationalpark im Amazonasgebiet nun doch nach Öl gebohrt werden solle. Der linke Präsident hatte sich enttäuscht gezeigt, dass eine Initiative gescheitert sei, die im Gegenzug für internationale Finanzhilfen die Aufrechterhaltung der Bohrverbots in dem Gebiet vorsah. In Deutschland und anderen Ländern stieß die Entscheidung auf Kritik. Correa betonte, sein Land werde sich keine »Lektionen erteilen« lassen.



*** Aus: neues deutschland, Samstag, 24. August 2013


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