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Parlament Ecuadors stimmt für Ölbohrungen in Yasuní

Umstrittenes Rohstoffprojekt in Amazonasregion darf starten *

In Ecuador hat das Parlament grünes Licht für die umstrittene Ölförderung in einem UN-Biosphärenreservat gegeben. Umweltschützer und Ureinwohner protestieren derweil weiter gegen die Pläne. Der Verzicht auf die Bohrungen war an der Weigerung der internationalen Gemeinschaft gescheitert, Kompensationszahlungen zu leisten.

Das Parlament in Ecuador hat mit klarer Mehrheit die umstrittenen Ölbohrungen im Yasuní-Naturpark im Amazonas-Gebiet genehmigt. 108 Abgeordnete stimmten am Donnerstag in der entscheidenden zweiten Lesung für eine entsprechende Vorlage der Regierung von Präsident Rafael Correa, 25 votierten dagegen. Die Ausbeutung der Ölreserven dürfte dem südamerikanischen Land viel Geld bringen, doch Umweltschützer und Ureinwohner warnen vor dramatischen Folgen.

»Heute ist ein historischer Tag«, sagte die Vizepräsidentin des Parlaments, Marcela Aguiñaga. »Wir sind dabei, unser Land zu verändern. Wie werden sicherstellen, dass die Ressourcen für die Verbesserung der Lebensqualität eingesetzt werden«, versicherte sie. Vor dem Parlamentsgebäude im Zentrum von Quito demon-strierten während der Debatte Gegner und Befürworter des Projekts friedlich.

Im Yasuní-Nationalpark im Nordosten Ecuadors an der Grenze zu Peru, in dem mehrere Stämme von Ureinwohnern leben, werden etwa 920 Millionen Barrel Öl und somit ein Fünftel der Rohölreserven des Landes vermutet. Ecuador könnte damit in den nächsten Jahren etwa 19 Milliarden Dollar einnehmen. Umweltschützer und Ureinwohner lehnen das Vorhaben jedoch ab und fordern eine Volksabstimmung. Sie befürchten, dass die Natur in der Gegend, einer der artenreichsten der Welt, schweren Schaden nehmen könnte. Zudem sorgen sie sich um die Zukunft der Ureinwohner im Yasuní, die bislang in selbst gewählter Isolation von der Außenwelt leben. Der Naturpark wurde 1989 von der UNO zum Biosphärenreservat erklärt.

Präsident Correa hatte Mitte August bekannt gegeben, in dem Naturpark nach Öl bohren zu lassen, nachdem eine Initiative zum Schutz des Gebietes gescheitert war. Der Plan aus dem Jahr 2007 sah vor, dass Ecuador das Vorkommen unberührt lässt, falls die internationale Gemeinschaft dem Land im Gegenzug 3,6 Milliarden Dollar zahlt. Laut Correa kam aber nur ein Bruchteil der Summe zusammen.

Die ecuadorianischen Gesetze verbieten es, natürliche Ressourcen in geschützten Gegenden auszubeuten. Sofern jedoch das Parlament auf Bitten der Regierung entscheidet, dass das fragliche Projekt im »nationalen Interesse« ist, gilt das Verbot nicht.

Die erwarteten Einnahmen aus der Ölförderung will Correa nach eigenen Worten in erster Linie für den »Kampf gegen die Armut« vor allem im Amazonas-Gebiet einsetzen. In Ecuador leben laut Zahlen der Weltbank von 2011 fast 30 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze.

Correas Entscheidung vom August hatte international Kritik ausgelöst. Auch der Sprecher des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der deutsche Vize-Botschafter in Quito zeigten sich enttäuscht. Aus Verärgerung über die Äußerungen der beiden Deutschen kündigte Correa kurze Zeit später eine Vereinbarung über Hilfszahlungen aus Berlin für Yasuní auf.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 5. Oktober 2013


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