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USAID verläßt Ecuador. Auf eine neue Art der Zusammenarbeit wollte sich die sogenannte Entwicklungsagentur der Vereinigten Staaten nicht einlassen

Von Lena Kreymann *

Die US-amerikanische Entwicklungsagentur USAID verläßt am heutigen Dienstag Ecuador. Bereits seit Dezember vergangenen Jahres durfte die Organisation weder neue Initiativen starten noch die Förderung laufender Projekte verlängern. Hintergrund dafür ist die Weigerung der Vereinigten Staaten, die ursprünglich von 1942 datierenden Verträge mit Ecuador über die Zusammenarbeit zu erneuern. Im Mai bestätigte das Technische Sekretariat für Internationale Zusammenarbeit Ecuadors (SETECI), daß USAID das Land am 30. September verlassen werde. »Die Entscheidung ist getroffen«, zitierte dazu die Nachrichtenagentur AP Gabriela Rosero, Leiterin von SETECI, im Mai. Nach Angaben des linken Internetportals Aporrea enden heute offiziell die letzten drei Projekte der Organisation.

Im Interview mit der ecuadorianischen Nachrichtenagentur Andes erklärte Rosero, der Vertrag sei den aktuellen Bedingungen nicht mehr angepaßt, die letzte gemeinsame Ausgestaltung der Kooperation hätte 2007 stattgefunden. Seitdem hätten sie versucht, eine neue Übereinkunft zu erzielen, aber »mit anderen Spielregeln«. Seit 2007 regiert in dem lateinamerikanischen Land Präsident Rafael Correa, der eine neoliberale Phase mit ständigen Regierungswechseln beendete und bei der Bekämpfung von Armut und Ungleichheit bereits nachhaltige Erfolge erzielt hat.

Rosero kritisierte außerdem, daß die meisten Zahlungen an Nichtregierungsorganisationen (NGO) gerichtet gewesen seien, darunter viele, die »der Regierung offensichtlich nicht gerade nahestehen«. In eine Zusammenarbeit auf Regierungsebene, bei der es noch dazu darum ginge, »die Demokratie zu stärken«, dürften derartige Gruppen nicht einbezogen werden.

Die sogenannte Entwicklungsagentur ist bereits oft für ihre Einmischung in die inneren Angelegenheiten lateinamerikanischer Staaten kritisiert worden. Entsprechende Organisationen werden oft über verschlungene Wege gefördert. Laut Andes wurde im vergangenen Dezember publik, daß die oppositionsnahe Wahlbeobachtungsorganisation Participación Ciudadana (PC) 2003 zweieinhalb Millionen Dollar bekommen hat. Deren Förderung durch USAID war bereits länger bekannt, die Summe jedoch weit höher als in einem früheren Abkommen. Unter dem neuen Vertrag fand sich die Unterschrift des rechten Exabgeordneten César Montúfar und des Regionalverantwortlichen von USAID, James J. Dunlap, das Geld war über die peruanische Hauptstadt Lima weitergeleitet worden.

Im ecuadorianischen Regenwald förderte USAID das von einer US-amerikanischen NGO betreute »Programm zur integralen Verwaltung indigener Territorien«. Dieses konzentrierte sich auf die Provinzen mit hoher Biodiversität in der Amazonasregion und hatte nicht nur zu Indigenenorganisationen Verbindungen, sondern auch zu Großunternehmen wie dem Erdölkonzern Repsol. Wie die ecuadorianische Zeitung El Telégrafo im Juni berichtete, erregte dort die Zusammenarbeit von NGO und indigenen Völkern die Aufmerksamkeit der Behörden, nachdem Rechte zur Nutzung biologisch sehr vielfältiger Gebiete an lokale und ausländische Privatunternehmen abgegeben worden waren. Zu den Vorfällen in der Region konstatierte SETECI, »die Aktivitäten externer Organisationen in indigenen Territorien« hätten »wiederholt die biokulturelle Souveränität der Völker gefährdet«. Es habe »schwere Verletzungen der kollektiven Grundrechte durch die Nutzung natürlicher Ressourcen und kulturellen Wissens« gegeben.

Auch Correa hatte in der Vergangenheit das Auftreten von USAID scharf angegriffen und bereits im Dezember vergangenen Jahres gefordert, daß die Organisation das Land verlassen solle. Wie Andes berichtete, kritisierte Correa erst am Samstag die Pläne der US-Regierung, in Lateinamerika, Asien, dem Mittleren Osten und Afrika »Innovationszentren« zur Förderung von Führungspersönlichkeiten zu errichten. »Das heißt, daß USAID alle Gegner progressiver Regierungen finanziert«, erklärte er. In Bolivien hatte Evo Morales bereits im Mai vergangenen Jahres Konsequenzen aus derartigen Versuchen gezogen und USAID des Landes verwiesen.

* Aus: junge Welt, Dienstag 30. September 2014


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