Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Mittelamerika: Freibrief für Frauenmörder?

amnesty international dokumentiert allein für El Salvador 20 Mordfälle (von 360 in diesem Jahr) - Offener Brief an den Präsidenten Elías Antonio Saca - Erklärung von Kofi Annan

Im Folgenden dokumentieren wir eine Presseerklärung von amnesty international über die zunehmende Gewalt an Frauen in Mittelamerika sowie einen Offenen Brief der ai-Generalsekretärin Irene Khan an den Präsidenten von El Slvador. Anlass ist der für den 25. November 2005 von den Vereinten Nationen ausgerufenen "Internationalen Tag für die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen". Den entsprechenden Aufruf von Kofi Annan haben wir weiter unten auf dieser Seite dokumentiert (siehe: "Geschlechtsspezifische Gewalt schadet der ganzen Gesellschaft".



amnesty international Deutschland
PRESSEMITTEILUNGEN

25.11. - INTERNATIONALER TAG GEGEN GEWALT AN FRAUEN

Mittelamerika: Freibrief für Frauenmörder?

Berlin, 25. November 2005 - Viele Frauen in Guatemala, El Salvador und Mexiko führen ein Leben in ständiger Angst. Vor allem wenn sie jung und arm sind. Denn sie werden erschreckend oft Opfer männlicher Gewaltverbrecher. So wie es in Guatemala in diesem Jahr bisher mindestens 531 Frauen und Mädchen ergangen ist. Auch in El Salvador werden immer wieder Frauen gequält, vergewaltigt und ermordet. Die Vorfälle erinnern an die rätselhaften Morde in den mexikanischen Bundesstaat Chihuahua, wo in den letzten 12 Jahren 400 Frauen ermordet worden sind. Die Täter werden nur selten ermittelt geschweige denn strafrechtlich verfolgt. Auf dieses Phänomen in Mittelamerika macht amnesty international (ai) zum UN-Tag gegen Gewalt an Frauen aufmerksam: mit neuen Zahlen zu den Frauenmorden in Guatemala und mit einem offenen Brief an den Präsidenten von El Salvador.

In Guatemala ist die Zahl der Frauenmorde seit dem Jahr 2000 deutlich gestiegen. "Die Behörden neigen dazu, die Opfer zu diskriminieren", kritisiert Markus Kneissler, Guatemala-Experte von ai. "Sie bezeichnen die Frauen und Mädchen als Mitglied von Jugendbanden oder als Prostituierte und weisen ihnen eine Teilschuld zu." Nach Erkenntnissen von ai wurden in Guatemala in den vergangenen Jahren weniger als 10 Prozent der Frauenmorde untersucht, erst 2005 wurden Sondereinheiten bei Polizei und Staatsanwaltschaft eingerichtet.

Auch in El Salvador versage der Rechtsstaat, kritisiert ai in einem offenen Brief an Präsident Elías Antonio Saca. ai hat 20 Mordfälle ausführlich dokumentiert, Frauenorganisationen des Landes sprechen allein 2005 von mindestens 360 Ermordeten. "Die Morde an Frauen und Mädchen erinnern an die Morde, mit denen Todesschwadrone in den siebziger Jahren die Bevölkerung terrorisierten", so Christa Rahner-Göhring, El Salvador-Expertin von ai. "Dies und die fehlenden Untersuchungen führen zu einem Klima der Angst und des allgemeinen Misstrauens gegenüber der Justiz.?

ai fordert die Regierungen von Guatemala und El Salvador auf, die Morde an Frauen und Mädchen endlich zu untersuchen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Dringend notwendig seien außerdem konkrete Maßnahmen, um solche Verbrechen in Zukunft zu verhindern.

Vom 25.11. (UN-Tag gegen Gewalt an Frauen) bis zum 10.12.2005 (Int. Tag der Menschenrechte) beteiligen sich über 400 ai-Gruppen in Deutschland an der Aktion "16 Tage gegen Gewalt an Frauen". "Die Regionalen" (Großhändler für Naturkostläden) unterstützen amnesty in dieser Zeit mit der bundesweiten Brottüten-Aktion "Gewalt kommt nicht in die Tüte". Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt in diesem Jahr ist die Lage der Frauen in Pakistan:
www2.amnesty.de.

Weitere Informationen:
"No protection, no justice: killings of women in Guatemala"


11/25/2005
EL SALVADOR

Schluss mit der Straflosigkeit für Gewalt gegen Frauen!

Brief von amnesty international an den Präsidenten der Republik El Salvador

H E Elías Antonio Saca
Präsident der Republik El Salvador
Casa Presidencial
Alameda Dr Manuel Enrique Araujo 5500
Frente a Canal 6
San Salvador
EL SALVADOR

Sehr geehrter Herr Präsident,

mit diesem Brief möchte ich der Besorgnis von amnesty international darüber Ausdruck verleihen, wie der Staat El Salvador mit den zahlreichen Fällen brutaler Ermordungen von Mädchen und Frauen im Zeitraum zwischen Ende 2002 und Mitte 2004 umgeht. Während dieser Zeit wurden schätzungsweise mindestens 20 Frauen getötet, geköpft und ihre Körper verstümmelt. Einige Opfer wiesen Spuren von Vergewaltigungen vor ihrer Ermordung auf. Berichten zufolge wurden nur wenige Fälle korrekt untersucht und die Verantwortlichen vor Gericht gebracht. Die Untersuchungen zu den übrigen Fällen wurden offenbar nach anfänglichen Unzulänglichkeiten der Ermittlungen oder aufgrund fehlender Aktivität von offizieller Seite eingestellt.

Es ist amnesty international bekannt, dass eine Reihe nationaler ebenso wie internationaler Organisationen und Experten zu Frauenrechten Empfehlungen und Vorschläge zur Anwendung von Maßnahmen und Verfahrensweisen vorgebracht haben, die dazu beitragen könnten, solche Ermordungen in Zukunft zu verhindern und die Sicherheitslage für Frauen zu verbessern. Da diese Organisationen und Experten aber offensichtlich keine Resonanz von den Behörden erhalten haben, möchte amnesty international auf diesem Wege Sie, Herr Präsident, bitten, die Politik der Regierung bezüglich der Verbrechen an Frauen und dem Schutz der Frauenrechte öffentlich darzulegen.

Eine Serie von brutalen Ermordungen

Die genannten 20 Fälle zwischen 2002 und 2004 ermordeter Frauen und Mädchen sind für amnesty international beunruhigend insbesondere aufgrund der Brutalität der Taten und aufgrund der Tatsache, dass vor der Ermordung sexuelle Gewalt, auch Vergewaltigung, ausgeübt worden war. Nach Informationen, die amnesty international gesammelt hat, wurden in 12 der 20 Fälle die Leichen verunstaltet, zerstückelt und/oder enthauptet. Einige wiesen Verbrennungen auf. Zwei Leichen waren vollständig verbrannt. Der Körper einer 17-jährigen, die im Juni 2004 gefunden worden war, war von Dutzenden von Stichwunden bedeckt.

Der erste Fall, über den in den Medien berichtet wurde, war der von Marian Isabela Rivas Martínez, ein 17-jähriges Mädchen, deren Leiche am 4. Dezember 2002 in San Bartolo, Gemeinde Soyapango, Department San Salvador, gefunden wurde. Sie war vergewaltigt, getötet und zerstückelt worden. Am 10. Dezember 2002 wurde der Kopf einer Frau, zwischen 17 und 22 Jahren alt, in einem Rucksack im Park Libertad, San Salvador, gefunden. Weitere Teile ihrer enthaupteten und verstümmelten Leiche wurden über eine längere Zeit an verschiedenen Orten gefunden und Berichten zufolge war sie vergewaltigt worden. Sie konnte nicht identifiziert werden und wird seitdem als Rosa N bezeichnet.

Der verstümmelte und halbnackte Körper der 19-jährigen Claudia Liseth Díaz [Delgado] wurde am 31. Januar 2003 in Colonia Esperanza, Quezaltepeque, Department La Libertad, gefunden. Sie hatte Wunden an Gesicht und Kopf, die von einer Machete verursacht worden waren. Ihr linker Arm war abgetrennt und lag einige Meter von der Leiche entfernt. Damals haben Polizeibeamte ihren Tod gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen kriminellen Jugendbanden, den sogenannten Maras, zugeschrieben. Die Leiche eines anderen Opfers, Mabel Sánchez Arias, wurde im August 2004 in Canton La Palma, San Martin, östlich von San Salvador, gefunden. Berichten zufolge war sie vergewaltigt und erstickt worden. Ihr Bein wies zudem Verbrennungen auf.

Medienberichte über Frauenleichen, die in Flüssen trieben, haben zu einem wachsenden Klima der Unsicherheit unter Frauen beigetragen, die ein Wiederaufleben der Folterungen und Tötungen wie im Bürgerkrieg (1980 – 1992) befürchten.

Im Februar 2004 hat Yakin Ertürk, Sonderberichterstatterin zu Gewalt gegen Frauen bei den Vereinten Nationen, „als Reaktion auf Berichte über ein beginnendes Muster von Tötungen junger Frauen in Zentralamerika und systematischer Straflosigkeit gegenüber den Tätern” El Salvador besucht. In ihrem Bericht, der im Februar 2005 veröffentlicht wurde, weist sie darauf hin, dass ihr die Menschen, mit denen sie während ihres Besuches gesprochen hat, gesagt haben, dass „das Muster der Morde [an Frauen zwischen 2002 - 2004] an die Hinrichtungen durch Todesschwadronen erinnert, die in den 70er Jahren aktiv waren, als in den Straßen Leichen mit Folterspuren aufgefunden wurden, um die Bevölkerung zu terrorisieren”. (Report of the UN Special Rapporteur on Violence against Women to the Sixty-first session of the Commission on Human Rights, E/CN/4/2005/72/Add.2, para. 24.

Angemessene Sorgfalt und Straflosigkeit

Nationale und internationale staatliche und nicht-staatliche Menschenrechtsgruppen haben sich wiederholt, aber leider erfolglos, darum bemüht, Informationen über die Maßnahmen zu erhalten, die von den zuständigen Behörden ergriffen wurden, um gründliche und unparteiische Untersuchungen zu den Frauenmorden im Zeitraum zwischen 2002 und 2004 zu gewährleisten. amnesty international befürchtet, dass das Fehlen öffentlicher Stellungnahmen und das allgemeine Schweigen von Seiten der Behörden in El Salvador zu diesem Thema bedeuten könnte, dass nicht nur die anfänglichen Untersuchungen völlig unzureichend waren, sondern dass es in einigen Fällen überhaupt keine Untersuchungen gegeben haben könnte.

amnesty international erkennt an, dass es in drei der 20 Fälle, die die Organisation geprüft hat, vollständige Untersuchungen gegeben hat und die Verantwortlichen vor Gericht gebracht und verurteilt wurden. Der Mangel an verfügbaren Informationen zu den übrigen Fällen allerdings lässt befürchten, dass dort anfängliche Untersuchungen nicht weiter oder nur in Ansätzen verfolgt wurden. Einige Beispiele zeigen, dass Ermittlungen nicht in Gang gebracht wurden, weil die Sammlung von Beweisen zu Beginn und die Ermittlungsverfahren Mängel aufwiesen. In anderen Fällen sieht es so aus, dass die ermittelnden Behörden offensichtlich von bestimmten Annahmen ausgingen, was die Umstände der Morde angeht, und dass diese Annahmen einen nachteiligen Einfluss auf die Richtung, Qualität und Beharrlichkeit der Ermittlung hatten.

amnesty international ist ebenso wie nationale Menschenrechtsorganisationen insbesondere besorgt über den Einfluss, den die Kampagne gegen Bandenkriminalität (Maras) auf die Untersuchungen der Frauenmorde gehabt haben könnte. In einigen Fällen hat es den Anschein, als ob von der Annahme ausgegangen worden sei, dass der Mordfall in Verbindung mit den Maras zu sehen sei.

Der Fall von Rosa N belegt den negativen Einfluss, den diese Annahme auf die Untersuchung ihrer Ermordung gehabt hat. Im Januar 2003 wurde eine Gruppe von Mara-Mitgliedern festgenommen, die verdächtigt wurden, an der Ermordung von Rosa N einen Monat zuvor beteiligt gewesen zu sein. Es sieht jedoch so aus, dass die Anschuldigungen gegen die Bandenmitglieder auf der Basis geringer oder gar keiner Beweise erfolgten. Die Anklage brach im August 2004 zusammen, als die Beschuldigten aufgrund der Tatsache freigesprochen wurden, dass sie zum Zeitpunkt der Ermordung von Rosa N inhaftiert waren, und dass die ermittelnden Behörden keinerlei neue Beweise gegen sie vorbringen konnten. Einigen der betroffenen Bandenmitglieder war auch eine Beteiligung an dem Mordfall Marian Isabela Rivas (Dezember 2002) zur Last gelegt worden. Auch diese Beschuldigungen wurden im August 2004 wegen Mangels an Beweisen fallengelassen. In diesen beiden Mordfällen wurden offensichtlich keine weiteren Untersuchungen verfolgt; alle ursprünglich vorliegenden Beweismittel scheinen verlorengegangen oder zerstört worden zu sein und die Fälle wurden zu den Akten gelegt.

Im April 2003 hat das Büro der Menschenrechtsbeauftragten einen detaillierten Bericht herausgegeben, in dem Fälle von Gewalt gegen Frauen im Zeitraum zwischen Oktober 2002 und März 2003 Estudio sobre casos ante los hechos violentos que atentan contra la vida e integridad personal sufridos por las mujeres, en el periodo comprendido entre octubre de 2002 y marzo 2003, 7 de abril de 2003. geprüft wurden. Der Bericht enthält auch eine Studie über die Ermordung einiger Frauen. In ihrer Analyse kommt das Menschenrechtsbüro zu dem Schluss, dass der Staat seiner Verpflichtung nicht nachgekommen ist, gegen die Verantwortlichen für die Frauenmorde zu ermitteln und sie zu bestrafen, und fordert den Generalstaatsanwalt und den Direktor der Nationalen Zivilpolizei auf, Ermittlungen durchzuführen und in den besagten Mordfällen die Verantwortlichen festzustellen. Ibid, para. 69 (c) and (d) Von den Behörden ist keine offizielle Antwort bekannt.

Der Mangel an Bereitschaft bei den Behörden, gründliche vollständige Ermittlungen zu den Ermordungen von Frauen und Mädchen im Zeitraum zwischen 2002 und 2004 durchzuführen, wird außerdem deutlich durch die Art, wie einige Angehörige der Opfer durch einige Behörden behandelt worden sind. Die UN-Sonderberichterstatterin zu Gewalt gegen Frauen ist zu der Erkenntnis gekommen, dass die Verwandten von Opfern,

“…das Empfinden hatten, dass Polizei und Justizbehörden auf ihre Bitten um Ermittlungen mit vollständiger Gleichgültigkeit reagiert haben. In vielen Fällen hat die Polizei lediglich oberflächliche Untersuchungen durchgeführt - wenn überhaupt. Einige der betroffenen Familienmitglieder haben berichtet, sie seien von den Behörden mit Gleichgültigkeit behandelt worden, und einige weibliche Angehörige wurden sogar von Polizeibeamten sexuell belästigt. Außerdem haben Frauenorganisationen, die die Familien der Opfer unterstützten, berichtet, dass sie anonyme Todesdrohungen erhalten und die Polizei sich geweigert habe, ihnen Schutz zu gewähren.”
Report of the SR on VAW to the Sixty-first session of the Commission on Human Rights, E/CN/4/2005/72/Add.2, para. 68

Der Mangel an Beharrlichkeit, der die Ermittlungen in den Fällen der zwischen 2002 und 2004 ermordeten Frauen charakterisiert, entspricht der Behandlung anderer Fälle von Gewalt gegen Frauen, wie zum Beispiel Fälle häuslicher Gewalt oder sexueller Missbrauch. Untersuchungen zum Phänomen familiärer Gewalt in El Salvador belegen, dass es qualitative Unterschiede bei der Bearbeitung dieser Verbrechen durch die Behörden gibt. Opfer derartiger Gewalt klagen häufig darüber, dass die ermittelnden Behörden und die Vertreter der Gerichtsbarkeit die Rechtsprechung nicht korrekt oder gleichwertig anwenden, wenn Frauen Beschwerden und Klagen vorbringen. Sogar in Fällen, in denen Frauen oder Mädchen von einer ihnen bekannten Person ermordet wurden, entkommt der Täter der strafrechtlichen Verfolgung oft aufgrund von Unregelmäßigkeiten oder Mängeln im Ermittlungsverfahren und bei der Beweisaufnahme und aufgrund eines Mangels an Expertise bezüglich geschlechtsspezifischer Verbrechen.

In ihrem Bericht hat die UN-Sonderberichterstatterin zu Gewalt gegen Frauen anerkannt, dass bei der Reformierung und Stärkung der Gesetzgebung zur häuslichen Gewalt und bei deren Anpassung an internationale Instrumente zur Durchsetzung und zum Schutz von Frauenrechten Fortschritte erzielt wurden. Dennoch führt sie aus: “Trotz dieser Fortschritte hat das Versagen der Behörden, gegen die Verantwortlichen in Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt zu ermitteln, sie gerichtlich zu verfolgen und zu bestrafen, zu einem Klima von Straflosigkeit beigetragen, das zu einem sehr geringen Vertrauen gegenüber dem Justizsystem führte”. Report of the SR on VAW to the Sixty-first session of the Commission on Human Rights, E/CN/4/2005/72/Add.2, summary, page 2. Die Schlussfolgerungen der Vereinten Nationen basieren auf mehreren wichtigen Studien aus der Wissenschaft und von Menschenrechtsinstitutionen in El Salvador, die bestätigt haben, dass die Zahl der Anzeigen, die bei Behörden eingereicht werden, im Vergleich zu den Fällen, die in der Presse oder bei anderen Institutionen erwähnt werden, sehr niedrig ist. Die gleichen Studien bestätigen außerdem einen Mangel an Beharrlichkeit im Verlauf der Ermittlungen sowie ein unverhältnismäßig hohes Maß an Straflosigkeit in Fällen von Gewalt gegen Frauen.

Frauengruppen und Menschenrechtsorganisationen – sowohl in El Salvador wie auch auf internationaler Ebene – sind wichtige Quellen an Wissen und Expertise zu Frauenrechten. Trotzdem ist auf zahlreiche öffentliche Appelle, Empfehlungen und Vorschläge von ihrer Seite nie eine offizielle Stellungnahme der Behörden erfolgt. Im folgenden seien einige Beispiele genannt:
  • Empfehlungen der UN-Sonderberichterstatterin zu Gewalt gegen Frauen an die Regierung von El Salvador;
  • Öffentliche Aufrufe von Frauengruppen, darunter CEMUJER und Las Dignas, in denen die politischen Parteien aufgefordert wurden, Programme zur Etablierung und Gewährleistung der Sicherheit von Frauen zu unterstützen
  • Öffentlicher Appell der Frauenbewegung im November 2003, ein Budget und spezialisiertes Personal für die Ermittlungen bei Frauenmord bereitzustellen.
Schlussfolgerungen

El Salvador ist an internationale Verträge gebunden, die es ratifiziert hat, darunter der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (CEDAW), die Interamerikanische Menschenrechtskonvention und die Interamerikanische Konvention zur Prävention und Verhinderung von Gewalt gegen Frauen (1994), bekannt unter der Bezeichnung Belém do Pará-Konvention. In all diesen Fällen hat sich die Regierung dem internationalen Konsens angeschlossen, dass eine bessere Einhaltung der Menschenrechte, insbesondere der Frauenrechte, fundamentaler Bestandteil einer funktionierenden Demokratie ist, in der Recht und Gesetz dominieren.

Aus Sicht von amnesty international sind bei zahlreichen Frauenmorden, einschließlich brutaler sexueller Gewalt vor der Ermordung, keine gründlichen Ermittlungen erfolgt. El Salvador hat in seiner Pflicht versagt, angemessene Sorgfalt dabei walten zu lassen, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt zu verhindern, gerichtlich zu verfolgen und zu bestrafen, unabhängig davon, ob die Gewalt von einem Vertreter des Staates oder einer Privatperson ausgeübt wurde. Der Staat hat außerdem seine Pflicht nicht erfüllt, die Rechte der Opfer zu schützen und ihnen oder ihren Angehörigen angemessene und wirksame Wiedergutmachung zu gewähren.

Herr Präsident, amnesty international fordert Sie dringend auf, das Schweigen zu brechen, das bis heute das Verhalten des Staates gegenüber den genannten Fällen charakterisiert, und die Öffentlichkeit über die Schritte zu informieren, die getan werden, um zu den Frauenmorden zu ermitteln und die Angehörigen der Opfer zu unterstützen. amnesty international fordert Sie außerdem auf, die Politik der Regierung gegenüber der Gewalt gegen Frauen und die Maßnahmen für eine größere Beachtung von Frauenrechten zu erläutern. amnesty international fordert Sie zudem dazu auf, unmittelbare Maßnahmen zu ergreifen, damit die Empfehlungen der UN-Sonderberichterstatterin zur Gewalt gegen Frauen und der Menschenrechtsbeauftragten umgesetzt werden, und das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau zu ratifizieren.

Mit freundlichen Grüßen,
Irene Khan, Generalsekretärin


UNO-Generalsekretär Kofi Annan

"Geschlechtsspezifische Gewalt schadet der ganzen Gesellschaft"

Erklärung zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen, 25. November 2005

VEREINTE NATIONEN/NEW YORK, 23. November 2005 – Gewalt gegen Frauen ist nach wie vor ein weltweites Problem. Es ist die scheußlichste Erscheinungsform von systematischer Diskriminierung und Ungleichheit, der Frauen weiterhin durch Gesetze und im täglichen Leben überall auf der Welt ausgesetzt sind. Sie tritt in jeder Region, jedem Land und jeder Kultur unabhängig von Einkommen, Klasse, Rasse oder Volkszugehörigkeit auf.

Geschlechtsspezifische Gewalt schadet der ganzen Gesellschaft. Sie kann Mädchen am Schulbesuch hindern und Frauen daran, eine produktive Beschäftigung aufzunehmen. Sie macht Frauen verwundbarer gegenüber erzwungenem und ungeschütztem Geschlechtsverkehr, der eine Schlüsselrolle bei der Ausbreitung von HIV/AIDS spielt. Sie fordert einen schwer wiegenden und anhaltenden Tribut von der ganzen Familie, insbesondere von der nächsten Generation. Aus diesem Grund werden die diesjährigen 16 Aktionstage gegen geschlechsspezifische Gewalt, die heute beginnen, von den Regierungen, den Institutionen der Vereinten Nationen und den Aktivisten aus der Zivilgeselschaft dazu genutzt, das Hauptaugenmerk auf die schädlichen Auswirkungen von Gewalt gegen Frauen auf das Wohlergehen der Welt als Ganzes zu richten.

Auf dem Weltgipfel im September haben die Staats- und Regierungschefs sich dazu verpflichtet, ihre Anstrengungen zur Beseitigung aller Formen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu verdoppeln. Wir wissen, dass es notwendig ist, unsere Einstellung zu ändern, da immer noch weitverbreitet und tiefsitzend die Meinung vorherrscht, dass Gewalt gegen Frauen akzeptabel sei. Das bedeutet Führungsqualitäten zeigen, zum Beispiel, wenn es zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen kommt, gibt es keinen Grund für Toleranz und keine zulässigen Entschuldigungen. Lassen Sie uns an diesem Internationalen Tag für die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen dieser Aufgabe neu widmen.

Quelle: UNO-Website, www.runic-europe.org



Zurück zur El-Salvador-Seite

Zur Lateinamerika-Seite

Zur Seite "Menschenrechte"

Zurück zur Homepage