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Aus Fehlern nichts gelernt

Eritrea weist wiederholte Einmischung der USA in der Region zurück

Von Knut Mellenthin *

Als »sehr enttäuschend« hat Eritrea am Wochenende die Drohungen der US-Regierung zurückgewiesen. Außenministerin Hillary Clinton hatte am Donnerstag (6. Aug.) erklärt, es sei für Eritrea »höchste Zeit«, ihre Hilfe für die somalischen Islamisten einzustellen, die die von den USA unterstützte Übergangsregierung bekämpfen. Clinton wörtlich: »Wir machen sehr deutlich, daß ihre Handlungen inakzeptabel sind. Wir werden zu Aktionen greifen, wenn sie damit nicht aufhören.«

Haß auf Washington

Die Außenministerin war zuvor am Rande ihres Besuchs in Kenia mit dem somalischen Übergangspräsidenten Sharif Sheikh Ahmed zusammengetroffen und versprach ihm Fortsetzung der Unterstützung. Die USA hatten im Juni der nicht aus Wahlen hervorgegangenen Übergangsregierung 40 Tonnen Waffen und Munition geliefert. Außerdem bilden US-Offiziere im französischen Stützpunkt Dschibuti am Roten Meer somalische Soldaten aus.

Zu Clintons Drohungen sagte der eritreische Informationsminister Ali Abdu nun, es seien die USA, die die Gewalt am Horn von Afrika durch Militärhilfe anheizten, und nicht sein Land. Durch die Einmischung früherer US-Regierungen hätte sich in Somalia in den vergangenen knapp zwei Jahrzehnten ein tiefer Haß gegen Wa­shington entwickelt. Dadurch werde eine Lösung der Probleme nicht nur in Somalia, sondern auch in der gesamten Region sehr erschwert. Eritrea sei überrascht und zutiefst besorgt, daß die neue Regierung unter Barack Obama offenbar aus den Fehlern ihrer Vorgänger nichts gelernt habe, sondern dabei sei, sich in einen neuen aussichtslosen Konflikt zu verstricken.

Von Dezember 1992 bis zum März 1995 waren in Somalia unter US-amerikanischer Führung »Friedenstruppen« der UNO im Einsatz, an denen auch die deutsche Bundeswehr beteiligt war. Nachdem sich Washington im Widerspruch zum Mandat der UN-Mission massiv und einseitig in den somalischen Bürgerkrieg eingemischt hatte, endete der gesamte Blauhelm­einsatz mit einem Fiasko, das zum hastigen Abbruch der Mission führte. Im Frühjahr 2006 unterstützte die US-Regierung mit Geld und CIA-Beratern eine Koalition somalischer Warlords, die eine Terrorherrschaft in der Hauptstadt Mogadischu errichtet hatten.

Drohung mit Sanktionen

Nachdem diese im Sommer desselben Jahres von den Milizen der Union der Islamischen Gerichtshöfe (UIC) vertrieben worden waren, schickte im Dezember 2006 der engste Verbündete der USA in der Region, das christlich regierte, mit Somalia traditionell verfeindete Äthiopien Truppen ins Nachbarland. Diese Intervention war zwar zunächst militärisch erfolgreich, erwies sich aber politisch als Katastrophe, weil die Islamisten dadurch massiven Zulauf bekamen. Im Januar 2009 zog Äthiopien seine Truppen ab. Zurück blieb aber die aus insgesamt etwa 5000 burundischen und ugandischen Soldaten bestehende afrikanische »Friedenstruppe« AMISOM, deren Mandat auf den Schutz des Hafens, des Flughafens und des Regierungsviertels von Mogadischu beschränkt ist. Auch AMISOM bekommt, ebenso wie die Übergangsregierung, Finanzhilfe aus den USA.

Die Obama-Administration ist seit ihrem Amtsantritt im Januar um eine diplomatische Annäherung an Eritrea bemüht, koppelt diese aber mit Sanktionsdrohungen für den Fall, daß das Land am Roten Meer sich nicht den US-Forderungen fügt. »Wir kümmern uns überhaupt nicht um die Drohungen der USA«, kommentierte jetzt Informationsminister Ali Abdu. »Wir kümmern uns nur darum, das Richtige zu tun.«

* Aus: junge Welt, 10. August 2009


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