Von wegen Südseeparadies!
Vierter Regierungssturz binnen 20 Jahren - Außenpolitische Isolation des Landes nimmt zu
Über die jüngste Entwicklung auf den Fidschi-Inseln informieren wir im Folgenden mit zwei Artikelen aus der Tagespresse.
Fidschis Putschist in neuem Amt
Gegner des Militärregimes werden nach wie vor verfolgt
Von Boris B. Behrsing, Wellington *
Einen Tag nach der Wiedereinsetzung des früheren Präsidenten Ratu Josefa Iloilo wurde Armeechef
Voreqe Bainimarama, der am 5. Dezember gegen die gewählte Regierung geputscht hatte, als
Übergangsministerpräsident der Fidschi-Inseln vereidigt.
Am Freitag (5. Jan.) war es genau einen Monat her, dass sich Fidschis Militär unblutig an die Macht
geputscht hatte. Es war der vierte Regierungssturz binnen 20 Jahren auf den paradiesischen Fidschi-
Inseln, die einst zum britischen Kolonialreich gehörten.
Einen Monat später also ließ sich Putschführer Voreque »Frank« Bainimarama als vorläufigen
Premierminister der südpazifischen Inselrepublik einsetzen. Möglich war das dadurch geworden,
dass das Militär den im Zuge des Staatsstreichs abgelösten Staatspräsidenten Ratu Josefa Iloilo
wieder in sein Amt einsetzte. Iloilo ist einer der wenigen Politiker, die den Militärputsch in den letzten
Tagen in öffentlichen Erklärungen für »richtig und notwendig« hatten. So machte er sich beim Militär
wieder beliebt. In der Öffentlichkeit allerdings wird er jetzt heftig angegriffen. »Schande!«, schimpfen
die einen, die anderen, vor allem kirchliche Kreise, kritisieren ihn als »Marionetten-Präsidenten«.
Der Armeechef, der sich zunächst selbst als Übergangspräsident eingesetzt hatte, brauchte Iloilo
nicht nur, um auf halbwegs legale Weise Premierminister zu werden. Er wollte vom höchsten
Amtsträger des Staates auch die Garantie dafür, dass die am Putsch beteiligten Soldaten straffrei
bleiben. Zu dieser Zusicherung war Iloilo bereit. Juristen auf Fidschi diskutieren jedoch bereits
darüber, ob diese Amnestie mit der Verfassung vereinbar ist.
In seiner Antrittsrede als Regierungschef gelobte Bainimarama, die Lebensbedingungen auf den
Inseln zu verbessern und die Nation von der Korruption zu befreien. Eine landesweite Untersuchung
von Missständen ist angelaufen. Auch die Wahlen im Mai 2006 werden unter die Lupe genommen.
Das Militär behauptet, es hätte Wahlmanipulationen gegeben, obwohl unabhängige Beobachter aus
aller Welt den Wahlvorgang als korrekt bezeichnet hatten. Der Verdacht, der gestürzte
Premierminister Laisenia Qarase habe große Geldmengen ins Ausland geschafft, hat sich bisher
nicht bestätigt. Bainimarama wirft Qarase überdies vor, Spannungen zwischen melanesischen und
indischstämmigen Bewohnern der Inseln geschürt zu haben. Ein neues Kabinett hat der
Übergangspremier, der auch Armeechef bleiben will, bisher noch nicht benannt. Die
»Durchleuchtung« der 31 in die engere Wahl gezogenen Kandidaten zieht sich offenbar hin. Die 31
gehörten zu jenen etwa 400 Fidschianern, die sich aufgrund von Zeitungsanzeigen beim Militär
beworben hatten. Eine der Eignungsbedingungen war, dass die Interessenten »politisch unerfahren«
sind. Dem Vernehmen nach hat sich aber auch ein früherer Minister der gestürzten Regierung
Qarase beworben.
Derweil dauert der häufig mit Gewalt geführte Kampf des Militärs gegen seine Kritiker unvermindert
an. Bainimarama hat sogar ein Versammlungsverbot gegen den politisch einflussreichen Hohen Rat
der Häuptlinge der großen Fidschi-Stämme erlassen und einigen politischen Aktivisten das
Verlassen des Landes untersagt. Nachdem die USA, die Europäische Union, Australien und
Neuseeland ihre finanzielle Unterstützung für Fidschi eingeschränkt haben, sieht sich die
Militärführung nach neuen Helfern um, unter anderem will sich das Militärregime an China wenden.
Die fidschianische Handelskammer bastelt bereits an einer neuen Staatsform. Kammerpräsident
Taito Waradi erklärte, das Land müsse vom britischen Modell ablassen. »Demokratie ist für Fidschi
möglicherweise ein illusorisches Konzept,« erklärte Waradi den fidschianischen Medien gegenüber.
* Aus: Neues Deutschland, 6. Januar 2007
Fidschi droht weitere Isolation
Putschführer Bainimarama ist neuer Interimspremier. Einmischung aus Australien und Neuseeland **
Einen Monat nach dem unblutigen Militärputsch vom 5. Dezember haben die Fidschi-Inseln einen neuen Regierungschef. Am Freitag ließ sich Armeechef Frank Bainimarama von Präsidenten Ratu Josefa Iloilo als Übergangspremier vereidigen. Sein militärisches Leitungsamt will der Putschführer aber nicht aufgeben. Bainimaramas Übergangsregierung will sich nach eigenem Bekunden dem Kampf gegen die Korruption widmen. Mehrere hohe Staatsbeamte haben unter diesem Vorwurf seit dem Putsch ihre Ämter eingebüßt. Zu Jahresbeginn wurde nun auch der Chef des Obersten Gerichtshofes und einige Kollegen in einen unbefristeten Zwangsurlaub geschickt.
Indem er sich an die Spitze der Übergangsregierung stellt, konsolidiert Bainimarama seine Macht. Das Militär unterdrückt zugleich jegliche Widerstandsaktionen. Rund um die Weihnachtsfeiertage waren mehrere Vertreter der Demokratiebewegung, darunter die Chefin der nationalen Frauenorganisation Fidschis, verhaftet und mißhandelt worden. Bainimarama hatte später lapidar darauf verwiesen, daß er vor Protesten mehrfach öffentlich gewarnt hatte. Wer sich gegen ihn stelle, müsse eben die Folgen tragen.
Unterdessen nimmt die außenpolitische Isolation des Landes zu. Entscheidend wird in dieser Hinsicht das Gipfeltreffen der Außenminister des Südpazifikforums am 28. Januar in Neuseeland sein. Gegenwärtig führt ausgerechnet Fidschi den Vorsitz des 16-Staaten-Bündnisses, zu dessen Gründungsmitgliedern es gehört. Nach dem Sturz von Laisenia Qarase hatte sein Amtskollege aus Papua-Neuguinea, Michael Somare, kommissarisch die Führung übernommen. Einen Militärmachthaber will man zwar nicht an der Spitze der Regionalorganisation sehen. Mit Kritik an Bainimarama halten sich die meisten Nachbarstaaten trotzdem zurück.
Nur Neuseeland und Australien, die beiden Großen im Forum, haben Sanktionen verhängt. Australiens Premier John Howard und sein Außenminister Alexander Downer sind die schärfsten Kritiker der Putschisten. Zudem hatte Howard in einem Interview angekündigt, den interventionistischen Kurs seiner Regierung beizubehalten. Von einer Einmischung in innere Angelegenheiten will er dennoch nicht wissen: Australien müsse seine regionalen Sicherheitsinteressen wahren.
** Aus: junge Welt, 6. Januar 2007
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