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Neuanfang auf Fidschi

Erstmals Wahlen seit Militärputsch 2006. Chancengleichheit eingeschränkt

Von Thomas Berger *

Fidschi rüstet sich für die Rückkehr zur Demokratie. Fast acht Jahre nachdem Commodore Frank Bainimarama im Dezember 2006 per Militärputsch die Macht ergriff, dürfen die Einwohner des südpazifischen Inselstaats am heutigen Mittwoch bei Wahlen über die 50 Sitze im neuen Parlament abstimmen. Doch der angestrebte Neubeginn ist holprig, von Chancengleichheit unter den Kandidaten kann keine Rede sein.

14000 Helfer in so vielen Wahllokalen wie nie zuvor sollen absichern, daß die Wahl diesmal an einem einzigen Tag über die Bühne gehen kann. Neu ist dabei, daß es nur einen einzigen Wahlkreis gibt, was dazu geführt hat, daß jeder Kandidat mit viel Zeit- und Kostenaufwand im ganzen Land in den Wahlkampf gehen mußte. Der wurde zudem dadurch erschwert, daß die Parteisymbole nicht mehr auf dem Wahlzettel stehen. Die Kandidaten konnten so lediglich mit ihrer Nummer werben. »All das bevorzugt jene Partei, die die Medien kontrolliert und die Hoheit über das Steuergeld hat«, kritisierte die Präsidentin der Volksdemokratischen Partei (PDP), Lynda Tabuya, mit Blick auf die konkurrierende Fiji First Party (FFP). Diese war erst im Frühjahr vom zum Konteradmiral aufgestiegenen Putschführer und Interimspremier Bainimarama gegründet worden. Daß die FFP bereits Wahlkampf betrieb, bevor sie am 30. Mai ins Parteienregister eingetragen worden war, ist in den Augen ihrer Kritiker ein klarer Bruch der Regeln.

Auch Mahendra Chaudhry, einst erster indischstämmiger Regierungschef und Vorsitzender der sozialdemokratischen Fiji Labour Party (FLP), sieht in der Verbannung der Parteisymbole eine bewußte Verunsicherung älterer und weniger gebildeter Wähler. Chaudhry wurde die Kandidatur verwehrt, weil er wegen eines Auslandskontos verurteilt worden war. Dagegen hat der Expremier zwar Klage eingereicht, verhandelt wird der Fall aber erst nach der Wahl. Der Sozialdemokrat steht mit dem Problem nicht allein. So mancher Politiker mußte seine Ambitionen auf einen Sitz im neuen Parlament schon in ähnlicher Weise begraben.

Doch es gibt auch positive Entwicklungen in Fidschi. Der jahrelange Konflikt zwischen der Mehrheit der melanesischen Alt-Fidschianer und den Nachkommen der einstigen indischen Einwanderer, die knapp 40 Prozent der Bevölkerung ausmachen, wurde von Bainimarama gedeckelt und ist im aktuellen Wahlkampf weniger zu spüren. Obwohl der Staatschef wegen seiner hartnäckigen Weigerung, bereits bald nach seiner Machtübernahme Neuwahlen auszuschreiben, im Ausland kaum Freunde hat, genießt seine Regierung aufgrund der Einführung kostenloser Bildung, der Eindämmung steigender Lebenshaltungskosten und der Senkung der Kriminalitätsrate im Land durchaus Sympathien. Der einstige Putschist hat Leute mit Ansehen um sich geschart. Die ehemalige UN-Mitarbeiterin und Aktivistin im Kampf gegen AIDS, Jiko Luveni, ist beispielsweise Sozialministerin und Parteichefin der FFP.

Auch die enormen Investitionen in die Infrastruktur auch weit außerhalb der Hauptstadt Suva kommen gut an. Allerdings steigen die Staatsschulden rapide, und die zeitliche Nähe der Baumaßnahmen zur Wahl scheint zumindest bedenklich. »Es gibt keine gleichen Voraussetzungen für alle Parteien«, konstatierte Reverend Akuila Yabaki von der Bürgerrechtsvereinigung Citizens’ Constitutional Forum gegenüber dem australischen Sender ABC. Immerhin wird ein internationales Beobachterteam mit Mitgliedern aus Australien, Indien, Indonesien, Großbritannien, Rußland, Brasilien, Südafrika und anderen Staaten die Wahl überwachen. Bainimarama hat angekündigt, den Ausgang in jedem Fall zu akzeptieren. Durch Kontrolle des Staatsapparates und Knebelung unabhängiger Medien hat seine Partei aber ohnehin beste Aussichten, stärkste Kraft zu werden.

* Aus: junge Welt, Mittwoch 17. September 2014


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